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besteht dann aus parallelen Schneiden. Für härteres Material würden solche langen Schneiden zu sehr packen und werden daher durch den Oberhieb in Spitzen zertheilt. Für den Einzelhieb, der allein bestehen bleiben soll, wird ein einseitig geschliffener Meifsel, wie in der Fig. 9c dargestellt, verwendet. Das Hauen beginnt an der Spitze. Die Feile liegt entweder flach auf dem Ambofs auf einer Unterlage von Zinkblech, in der Regel mit etwas Sand, oder in einem Gesenk, das in den Ambofs- sattel eingeschoben und meist aus Blei hergestellt ist. Die Spitze und Angel werden, soweit sie vor stehen (Fig. 10), unter einen Riemen gesteckt, den der Arbeiter mit dem Fufse gespannt erhält und so die Feile fest auf die Unterlage drückt. Der durch einen sicheren Schlag eingetriebene schräg aufgesetzte Meifsel dringt in den Stahl ein und wirft dabei einen Grat auf, gegen welchen der Meifsel (Fig. 11) für den folgenden Hieb gesetzt wird. Der Feilenhauer arbeitet also lediglich nach dem Gefühl, das ihn vor jedem Schlag leiten mufs. Die Uebung aber macht dies Gefühl so fein, dafs Fig. 6. Feilenhauerambofs. Fig. 7. Feilen hauerhammer, deutsch. Fig. 8. Feilen hauerhammer, englisch. eine geradezu mathematisch genau erscheinende Gleichmäfsigkeit des Hiebes erreicht wird, die es oft schwer macht, die von Hand gehauene Feile von der automatisch von der Maschine gehauenen zu unterscheiden. Hierin und in der feinen An passung des Hiebes an das Material und an den Zweck der Feile liegt der Schwerpunkt der Hand hauerei. Dazu kommt noch, dafs der Schlag in seiner Stärke sich nach der Breite der Feile richten mufs; er ist an der Spitze zu mäfsigen und mufs bei Spitzfeilen in der Mitte der Feile, wo sie ihre gröfste Breite hat, am kräftigsten sein. Endlich mufs sich derselbe ebenso der auch örtlich ver schiedenen Härte des Materials anpassen, was freilich heut bei der vorzüglichen Gleichförmigkeit des Stoffes mit der Handhauerei zurücktritt. Die Handhauerei ist nun auch in Deutschland vielfach durch die Maschine ersetzt worden, nach dem England und namentlich Amerika den modernen Weg gezeigt; an sich ist die Feilenhaumaschine schon recht alt. Im germanischen Museum zu Nürnberg befindet sich ein Apparat dieser Art bereits aus dem Mittelalter, und die feinen Uhr macherfeilen werden schon längst mit der Maschine gehauen. Die Feilenhaumaschinen wurden der Rem scheider Fabrication im Jahre 1873 durch einen Streik der Feilenhauer aufgezwungen, der von Mitte Januar bis etwa Ende Juni währte. Aus diesem Anlafs traten etwa 12 Remscheider Fabri canten zusammen und gründeten unter der Firma ,Feilenindustrie - Gesellschaft“ eine mechanische Hauerei. Es wurden 10 Feilenhaumaschinen, System Dodge, aus Manchester beschafft, denen die Gründer stets genügend Feilen zum Hauen zuzuführen verpflichtet waren. Indessen hatten die hier gehauenen Feilen nicht die Güte, welche die Handarbeit zu erreichen vermochte. Daher unter- liefs, nachdem der Streik beendet war, einer nach dem andern, der Fabrik Feilen einzusenden; das Geschäft schlief ein und wurde liquidirt. Bei dieser Gelegenheit kaufte die Firma A. Mannesmann fünf Maschinen, Kotthaus & Busch 2, und die übrigen gingen nach Belgien. Diese 7 Maschinen bilden den Grundstock zu der heutigen grofsartig ausgebildeten mechanischen Feilenhauerei in Remscheid. Fig. 9, a b c. Feilenhauermeifsel. Man verbesserte bald die Maschinen, baute neue und hatte dabei zuerst sehr viel mit dem Vorurtheil des Publikums zu kämpfen, so dafs einstweilen die Handhauerei noch ganz wesentlich den Vorrang behielt. Erst der 1890er Streik gab den letzten nöthigen Anstofs, der Maschine wieder Aufnahme zu verschaffen, die nun inzwischen soweit vervollkommnet worden ist, dafs auch das Auge befriedigt wird. Man lernte die zum Theil ganz unnöthigen Eigenschaften des Handhiebes auf den Maschinenhieb zu übertragen und so auch den jenigen Anforderungen zu genügen, welche ledig lich Mode und Gewohnheit zugeschrieben werden müssen. — Der ursprüngliche Widerstand berief sich auf die mangelnde Anpassungsfähigkeit der Maschine an den Stahl, dessen Ungleichmäfsigkeit, wie oben angedeutet, die Maschine nicht folgen könne. Auch könne die Maschine die Meifselstellung nicht ge nügend anpassen. Das alles hat sich nun gegeben. Unsere Hütten liefern längst den Stahl in der er forderlichen Gleichmäfsigkeit, und die Aenderung der Meifselstellung hat sich als überflüssig erwiesen. Dagegen hat der deutsche Maschinenbau wesent liche Besserungen in die Feilenhaumaschine hinein getragen und man ist nunmehr imstande, allen