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1. August 1898. Die Fortschritte in der Anwendung u. s. w. Stahl und Eisen. 697 selbe entsteht entweder durch die Verwendung von in der Saftzeit gefälltem oder zu nassem Holze, auch dadurch, dafs die Hölzer mit Feuchtig keit im Bau in Berührung kommen und wegen mangelnden Luftzutritts nachher nicht austrocknen können. Eingemauerte Balkenköpfe sind fast stets von der Trockenfäule mehr oder minder ergriffen, ebenso der Holzbestand älterer Bauwerke. Vor einigen Jahren ist die Beobachtung ge macht worden, dafs anscheinend ganz gesundes Bauholz, welches nicht eingemauert war, sondern allseitig frei lag, plötzlich eine braune Färbung annahm und in sich zerfiel; die Ursache dieser eigenthümlichen Erscheinung wurde mit der Ver wendung von Hölzern aus von der Nonnenraupe befallenen Waldungen in Verbindung gebracht. Diese bei Anwendung von Holz einem Bau werk drohenden Zerstörungsgefahren, welche, wenn einmal eingetreten, sowohl dem Bauherrn als dem Erbauer grofse Unannehmlichkeiten bereiten und häufig zu langen unliebsamen und unerquicklichen Processen führen, werden bei der Anwendung des Eisens zur Herstellung der Haupttrageconstructionen vermieden. Das Eisen ist zwar der Zerstörung durch Rost ausgesetzt, jedoch lassen sich die sichtbar bleibenden Eisentheile durch von Zeit zu Zeit zu erneuernde Anstriche rostfrei erhalten; die im Bau unsichtbar werdenden Eisen lassen sich eben falls durch Anstriche schützen, aber diese Anstriche können als dauernd rostverhindernd nicht an gesehen werden. Das beste Rostschutzmittel für eingebautes Eisen ist nach vielen Erfahrungen und Versuchen der Gement. Man hat durch Freilegung von Eisentheilen, welche längere Zeit in Gementmörtel eingebettet lagen, den Nachweis geführt, dafs der Rost dem vollständig in Gementmörtel eingebetteten Eisen nichts anhaben kann. Bedingung ist, dafs derselbe das Eisen allseitig umschliefst und keine Hohlräume zwischen Gement und Eisen gebildet werden, da an den Fehlstellen leicht Rostbildung eintreten kann. Beton wirkt ebenso wie Gement, vorausgesetzt, dafs zu demselben kein Material verwendet wird, welches Säuren enthält oder bildet, z. B. Ofenschlacke. Nun ist es keine schwierige Aufgabe, im Bau unsichtbar werdendes Eisen durch geeignete Cementumhüllungen dauernd vor Rost zu schützen, so dafs dasselbe in dieser Hinsicht eine bedeutend gröfsere Sicherheit gegen Zerstörung als das Holz bietet. Die Festigkeit des Holzes läfst die Verwendung desselben zur Bildung grofser Räume nur in verhältnifsmäfsig engen Grenzen zu. Durch die Anwendung des Eisens im Hochbau ist es erst möglich geworden, die Gröfsenverhältnisse der durch den Aufschwung des Verkehrs sich als Bedürfnifs herausstellenden grofsen und freien Räume zu befriedigen. Durch Anwendung der Eisenconstructionen ist man jetzt ebenfalls in der Lage, Bauten von früher ungekannten Höhenverhältnissen herzustellen und dabei den tragenden Stützen und Pfeilern sehr geringe Querschnitte zu geben, so dafs die Grund fläche solcher Bauten gut ausgenützt werden kann; Beispiele dieser Art sind die nach dem „Stahl- rahmensystem“ auf theurem Grund und Boden errichteten grofsen amerikanischen Geschäftshäuser, nach deren Vorbild hinsichtlich der Anwendung des Eisens auch neuerdings in Deutschland ähn liche Ausführungen gemacht werden. Ein fernerer Vorzug der Verwendung des Eisens im Vergleich zu der des Holzes ist die gröfsere Sicherheit gegen Entstehung und Ver breitung eines Schadenfeuers. Ein Gebäude, bei welchem die inneren Trageconstructionen (Decken, Stützen u. s. w.) ausschliefslich aus Holz bestehen, brennt bei Entstehung eines Schadenfeuers leicht ganz aus, der ganze Holzinhalt wird vom Feuer verzehrt, höchstens die Mauern bleiben stehen. Schützt man das Holzwerk durch soliden Verputz, Bekleidung mit feuerfesten Thonplatten, legt man ferner alle Feuerstätten massiv und entfernt vom Holzwerk an, so ist die Gefahr der Entstehung eines Feuers nicht so grofs. In Amerika nennt man nach diesem Princip errichtete Gebäude „slow burning buildings“ oder „ slow combustion buildings“, welche von den Feuerversicherungs- Gesellschaften zu ermäfsigten Prämiensätzen ver sichert werden. In der That besitzen solche Bauten eine gewisse Sicherheit, da der Feuer schutz des Holzes die leichtere Weiterverbreitung des Feuers hindert. Als feuersicher können jedoch solche Bauten nicht angesehen werden, da bei heftigem Schadenfeuer trotz des angewandten Feuerschutzes eine Entzündung des Holzes statt- findet; dies haben mehrere Brände solcher Ge bäude in St. Louis (Schaden 1 500 000 8), Pitts burgh und Boston bewiesen, welche gänzlich aus brannten. Ersetzt man diese Trageconstructionen aus Holz durch solche aus Eisen, so ist denselben die Möglichkeit der Entstehung eines Feuers in der Gonstruction selbst und einer Verzehrung durch das Feuer genommen. Die Erwartungen, welche man in die Anwendung des Eisens in feuersicherer Beziehung gesetzt hat, haben sich jedoch bis jetzt nur zum Theil erfüllt. In der ersten Zeit glaubte man, durch ausschliefsliche Verwendung des Eisens in Verbindung mit sonstigen unverbrennlichen Materialien die Aufgabe wirklicher feuersicherer und feuerfester Bauten im wahrsten Sinne des Wortes gelöst zu haben. Es zeigte sich jedoch sehr bald bei verschiedenen gröfseren Bränden von Lagerhäusern, welche unter haupt sächlichster Verwendung von Eisen und Stein er richtet waren, zuerst in Berlin, dann in Hamburg, dafs diese Bauten einen Anspruch auf Feuer sicherheit nicht machen können ; dieselben stürzten oft ganz kurze Zeit nach dem Ausbruch des Feuers plötzlich in sich zusammen, ohne dafs