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1. Juli 1898. Das Eisenhüttenwesen in Südrnl'sland. Stahl und Eisen. 611 Vergleicht man die einzelnen Ziffern, so findet man nicht unerhebliche Abweichungen. In dem Walzsinter des weichen Flufseisens ist der Eisenoxydgehalt durchweg geringer, der Oxydul- gehalt gröfser als in dem des weichen Schweifs eisens. Die Erklärung dafür kann in dem Umstande gefunden werden, dafs letzteres auf höhere Tem peratur und auch wohl in stärker oxydirender Flamme erhitzt zu werden pflegt, als ersteres. Um so auffälliger ist es, dafs bei dem Stahl das entgegengesetzte Verhältnifs obwaltet; der Hammer schlag des Tiegelstahls ist unter allen untersuchten Proben am reichsten an Eisenoxyd. Es ist kaum zu bezweifeln, dafs hier ein nicht mehr nachweis barer Zufall die Veranlassung war. Es ergiebt sich aus der gefundenen Zusammen setzung ferner, dafs beim Glühen des Eisens keineswegs eine gleichmäfsig zusammengesetzte Sauerstoffverbindung entsteht, sondern dafs ihr Sauerstoffgehalt von den besonderen Verhältnissen abhängt, unter welchen das Glühen stattfand. Es ist bekannt, dafs man bei lange (Monate oder Jahre) fortgesetztem Glühen in oxydirender Flamme ein Eisenstück ziemlich vollständig in Eisenoxyd FegOs umwandeln kann. Will man das Verhältnifs des Sauerstoffs zum Eisen durch chemische Formeln ausdrücken, so findet man, dafs sich die Zusammen setzung annähernd zwischen Fe7Os (Probe 6) und Fe« Os (Probe 8) bewegt; als Mittel aus allen acht Proben ergiebt sich die Zusammensetzung Fez016. Weniger grofs sind die Unterschiede in dem Gesammteisen gehalt, welcher im Mittel 73,74 v. H. beträgt. Obgleich beim Zerreiben der Proben die etwa eingemengten Eisenkörnchen mit thunlichster Sorg falt ausgesondert wurden, liefs sich doch beim Auflösen einiger Proben eine schwache Wasser stoffentwicklung wahrnehmen, darauf deutend, dafs hier noch metallisches Eisen zugegen war. In diesen Fällen erhielt man demnach für den Eisen- oxydulgehalt etwas zu hohe Ergebnisse. Vermuth- lich entstammen die etwas zu reichlich gefundenen Beträge der Summe aller Bestandtheile bei Probe 5 und 6 diesem Umstande. Obschon die Zusammensetzung der Eisensorten, bei deren Bearbeitung die Proben entstanden waren, nur in einzelnen Fällen bestimmt wurde, liefs sich doch erkennen, dafs Mangan, Kupfer, Phosphor und Silicium annähernd in dem gleichen Verhält nisse , wie sie im Metalle zugegen sind, auch in den Walzsinter und Hammerschlag übergehen. Ein genauer Vergleich ist jedoch nicht immer möglich. Beim Walzen oder Schmieden von Schweifseisen geht ein Theil der eingeschlossenen Schlacke mit in den Walzsinter ein; Flufseisenblöcke enthalten an den Aufsenflächen Aussaigerungen, welche anders als das Muttereisen zusammengesetzt sind und vom Walzsinter aufgenommen werden. Nicht selten aber wird es geschehen, dafs Theilchen der Herdsohle des Wärm- oder Schweifs ofens an dem eingesetzten Arbeitsstücke haften bleiben und in dem Hammerschlag oder Walz sinter sich wiederfinden. Der hohe Kieselsäure gehalt der Proben 4 und 8 entstammt wenigstens zum Theil dieser Quelle; hierauf deutet auch der gefundene geringe Thonerdegehalt beider Proben (in den Fufsanmerkungen erwähnt). Bei Probe 8 war daneben ein reichlicher Theil Kieselsäure aus dem Stahl in den Hammerschlag geführt; bei den Proben 1 bis 4 hatte die eingeschlossene Schlacke ihren Antheil dazu geliefert. Dafs ein hoher Kohlenstoffgehalt des Eisens ohne Einflufs auf die Zusammensetzung des entstehenden Glühspans ist, lassen die Proben 4 und 8 erkennen. Auffällig war mir die schon erwähnte gänzliche Abwesenheit von Schwefel. Man durfte vermuthen, dafs leicht saigernde Schwefelverbindungen, zumal im Flufseisen, bei der Bearbeitung austreten und in den Glühspan eingehen würden; dieser würde alsdann schwefelreicher als das Muttereisen sich erwiesen haben. Da die Untersuchung das ent gegengesetzte Ergebnifs lieferte, mufs man an nehmen, dafs aller Schwefel zu schwefliger Säure verbrannte und als solche entwich. Das Eisenhüttenwesen in Südrufsland. Ueber den gegenwärtigen Stand der Technik auf den südrussischen Berg- und Hüttenwerken hat kürzlich J. Thieme, ordentlicher Professor des Berginstitutes der Kaiserin Katharina II. in St. Petersburg, ein umfangreiches, mit zahlreichen Abbildungen versehenes Werk herausgegeben, das einen werthvollen Beitrag zur Kenntnifs der in mächtigem Aufstreben begriffenen südrussischen Eisenindustrie liefert. Dasselbe ist in zwei Theile gegliedert, deren erster sich mit den Einrichtungen der Steinkohlen gruben beschäftigt, während der zweite Theil dem Eisenhüttenwesen eine ausführliche Beschreibung widmet. Da das Werk in russischer Sprache ge schrieben ist und somit nur den wenigsten unserer Leser bekannt sein dürfte, so glauben wir den Inhalt, soweit derselbe das Eisenhüttenwesen be- *