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Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. 676 Stahl und Eisen. 15. Juli 1898. werbe zugesagt. Eine Entscheidung des Herrn Ministers steht noch aus. Nach den eingezogenen Erkundigungen ist dieselbe in entgegenkommendem Sinne demnächst zu erwarten. Ebenso können wir hoffen, dafs die Be träge, welche die Staatsregierung für die Schule ge währen will, schon in dem nächsten Etatsentwurf eingestellt werden. Die vor einigen Jahren durch den Verein ver- anlafste Prüfung der Bleche verschiedener Erzeugungs art ist noch nicht über das Stadium der Vorbereitung hinaus gekommen. Das Material für die Versuche ist unsererseits beschafft worden. Es handelt sich im ganzen um 6412 Proben. Dieselben erfordern eine Arbeit, deren Umfang sehr bedeutend ist und in dieser Höhe nicht vorauszusehen war. Durch den starken Rück gang der Feinblecherzeugung in Schweifseisen werden die Versuche wahrscheinlich wenig Einflufs auf diese Erzeugungsart selbst mehr haben. Desto wichtiger sind sie aber für die Feststellung des Verhaltens der Feinbleche ausThomasflufseisen einerseits und Siemens- Martin-Flufseisen andererseits. Ueber das Eisenbahnwesen äul'sert sich Hr. M a c c o u. a. wie folgt: Im Jahre 1890 besafs Preufsen an Hauptbahnen 184-57,94 km, oder 74,4% sämmtlicher Bahnen mit Normalspur waren Hauptbahnen. Im Jahre 1896/97 war diese Zahl auf 18957,54 km, also in 7 Jahren um 499 km gestiegen. Der Procent satz der Hauptbahnen an den gesammten Normal bahnen war 1896/97 auf 68,53 % gefallen. Die während der gleichen Zeit bestehenden Neben bahnen waren von 6309,4 km oder 25,54 % auf 8705,8 km oder 31,47 % des Ganzen gestiegen. Von den mit Normalgeleise ausgeführten preufsi- schen Staatsbahnen des Jahres 1896/97 waren nur 10854 km oder 39,2% zweigeleisig. Nach Abzug der durch Kauf zugekommenen Haupt bahnen sind in den 7 Jahren im ganzen an Voll bahnen 280,5 km oder 40 km im Jahr gebaut worden. Die Zahlen zeigen, dafs in den abgelaufenen 7 Jahren der Bau der Hauptbahnen im wesentlichen als abgeschlossen betrachtet worden ist, sie zeigen aufserdem, dafs die Ausrüstung preufsischer Staats bahnen mit zwei Geleisen eine verhältnifsmäfsig un vollständige geblieben ist. Gegenüber dieser ganz minimalen Steigerung des Netzes vollständig ausgerüsteter Bahnen stieg in dem selben Zeitraum: Der Gütertransport von 119 Millionen Tonnen auf 179 Millionen Tonnen, die Gütertonnenkilometer von 14 Milliarden auf 20 Milliarden, die Zahl der be förderten Personen von 275 Mill, auf 437 Mill., die Personenkilometer von 71/2 Milliarden auf 101/3 Mil liarden, und die Gesammteinnahme von 881 Millionen auf 1099 Millionen Mark auf den preufsischen Staats bahnen. Berücksichtigt man nun, dafs die auf den Neben bahnen beförderten Güter, mit Ausnahme eines ver schwindend kleinen Procentsatzes, entweder den Haupt bahnen zugeführt werden, oder von denselben auf die Nebenbahnen gehen, so mufs bei einer Beurtheilung der baulichen Entwicklung unseres Eisenbahnnetzes die Vermehrung des allgemeinen Verkehrs in directen Vergleich mit dem Ausbau des Vollhahnnetzes ge zogen werden. Wenn man demgegenüber heute häufig sogar von Eisenbahnfachleuten den Ausspruch hört, dafs die Eisenbahnen auf die Dauer nicht mehr imstande seien, den sich immer mehr steigernden Güterverkehr zu bewältigen, so mag dieser Ausspruch richtig sein in Bezug auf den Stand des preufsischen Eisenbahn wesens. Es ist aber' allgemein nicht richtig und hätte auch bei uns keine Richtigkeit, wenn man, anstatt sich hartnäckig nur an den Bau von Nebenbahnen zu halten, das Hauptbahnnetz in zweckmäfsiger Weise vervollständigt, die nothwendigen Abkürzungsstrecken gebaut und ein gröfseres Netz zweigeleisiger Voll bahnen angelegt hätte. Die rein fiscalische Leitung unserer Eisenbahnen hat es vorgezogen, nur weniger leistungsfähige Neben bahnen zu bauen, um Anlagekapital zu ersparen und einen Theil der Kosten auf andere Schultern abzu wälzen. Keineswegs soll damit dem Bau von Neben bahnen die Bedeutung an sich abgesprochen werden, es mufs aber hervorgehoben werden, dafs die Ein seitigkeit des Grundsatzes im Bau der Bahnen von den bedenklichsten Folgen für die Entwicklung von Gewerbe und Industrie ist. Eine Folge dieses Systems ist auch die unnatür liche Tarifbildung, die sich hieraus entwickelt hat. Während anfangs die Nebenbahnen, welche mit beiden Endpunkten Vollbahnen berührten, aus der directen Tarifbildung ausgeschlossen blieben, hat man dem Drängen der Interessenten nicht widerstehen können und bildet heute die Tarife über die kurzen Verbindungen mit Nebenbahnen, ohne dafs die Güter selbst auf diesen Strecken befördert werden können. Hierin liegt doch ein Widerspruch, der nur durch das unnatürliche System verursacht ist. Der Bau von Abkürzungsstrecken und neuen Voll bahnen ist keineswegs eine Tariffrage, wie häufig als Begründung abschlägiger Antworten bemerkt wird. Die Erfahrungen des letzten Jahres sollten uns eines ganz anderen belehren. Es ist eine Frage der besseren Vertheilung des Güter- und Personenverkehrs auf gröfsere Flächen unseres Vaterlandes, es ist eine Frage der gröfseren Sicherheit des Verkehrs, es ist eine Frage der gröfseren Leistungsfähigkeit, des rascheren Wagen- und Waarenumschlages und nicht zuletzt eine sociale Frage ersten Ranges, die auf die Zu sammenhäufung der Bevölkerungsmassen von aller- gröfstem Einflufs ist. Aus diesen ganz allgemeinen Gründen, verbunden mit denen der Wahrung der Interessen unseres Be zirks, können wir mit Recht die baldigste Ausführung der wichtigen Abkürzungslinie Weidenau-Haiger ver langen. Wir werden und müssen die Bewegung zum Bau dieser Linie wachhalten, bis das Ziel erreicht ist. Es scheint allerdings, dafs ein vollständiger Bruch mit dem heute herrschenden System Vorbeigehen mufs. Aber auch das wird im Interesse des Ganzen unver meidlich sein. Das Vertrauen auf einen sicheren Personenverkehr auf den preufsischen Staatsbahnen ist im abgelaufenen Jahre schwer erschüttert worden. Die sich häufenden grofsen Unglücksfälle, die nicht blofs Personenzüge, sondern auch Güterzüge be trafen, können unzweifelhaft nicht sämmtlich auf Rechnung des bestehenden Systems gesetzt werden. Diese Unglücksfälle werden nie ganz zu vermeiden sein. Die eisenbahnseitig über diese Unfälle und die Mittel zur Vermeidung derselben gemachten Vorschläge zeigen aber, dafs einschneidende Aenderungen mög lich sind, welche die Sicherheit und die Pünktlichkeit im Verkehr erhöhen können. Dafs man erst durch Unglücksfälle zu solchen Aenderungen kommen mufs, kann seine Erklärung nur durch die übertriebene Fiscalität finden. Ist doch unsererseits bereits vor acht Jahren eine der jetzt vorgeschlagenen Mafsregeln, die Theilung, Verringerung der Achsenzahl und damit die Vermehrung der Personenzüge vorgeschlagen wor den, um, wie damals ausdrücklich erwähnt wurde, die Sicherheit zu erhöhen, die pünktlichen Anschlüsse zu gewährleisten, und einer gröfseren Zahl von Stationen den Vortheil der Schnellzüge zukommen zu lassen. Die hierüber in Frankfurt a. M. stattgefundenen Be sprechungen hatten keine Folge, da die Ausführung dieser Anregungen aussichtslos war. Einen wesent lichen Erfolg würde die Staatsbahn aber mit einer besseren Vertheilung des Schnellzugsverkehrs auf eine