Volltext Seite (XML)
506 Stahl und Eisen. 1. Juni 1898. Beiträge zur Lösungstheorie von Eisen und Stahl. für den Vortragenden an und bedauerte, keine Kennt nifs von dem Thwaiteschen Patent vom Mai 1894 gehabt zu haben. Als sie in Seraing die ersten Versuche in der Anwendung der Hoch ofengase in Gasmaschinen begonnen, hätten sie keine Ahnung von dem Vorhandensein dieses Pa tentes gehabt, und er höre hier zum erstenmal von demselben; er glaube daran einige Worte über die Geschichte des Gasmotors in Seraing knüpfen zu müssen. Sie hätten seit Jahren die aufserordentliche Entwicklung der Gasmaschinen beobachtet; ebenso hätten sie in ihrer Eigenschaft als Maschinenbauer die Verbesserungen der Dampf maschinen verfolgt. Die Frage war, welche dieser beiden Arten Maschinen habe die gröfsten Aus sichten für die Zukunft. Um diese Frage zu ent scheiden, habe man 1895 eine Instructionsreise nach Frankreich und Deutschland unternommen, und sei dann zu dem Schlufs gekommen, dafs der Gasmaschine die Zukunft gehöre, und die Dampfmaschine den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht habe. Darauf habe sich „Seraing“ mit den Fabricanten der „Simplex“-Gasmaschinen, Messrs. Delamare, Debouteville & Malandin, in Ver bindung gesetzt, deren Maschinen ihnen als die besten erschienen seien. Zu derselben Zeit sei Mr. Bailly, sein Mitarbeiter, bei diesen Studien über Maschinen, welche mit Generatorgas betrieben wurden, auf den Gedanken gekommen, dafs der Hochofen ein vorhandener Generator* und des halb dessen Gas zur Verwendung in Gasmaschinen geeignet sei. Diese Erkenntnifs habe sie dann zu ihrem Vorgehen veranlafst. Man habe in Seraing keinerlei Kenntnifs von dem Thwaiteschen Patent gehabt, was natürlich dessen Werth in keiner Weise vermindere; es sei nur zu bedauern, dafs sie nicht miteinander in Verbindung getreten seien, dann würde die Entwicklung der Angelegen heit raschere Fortschritte gemacht haben. Nun aber seien Mr. Thwaite und die Soc. Cockerill auch nicht die einzigen Arbeiter auf diesem Ge biet, welches auch von dem Hörder Werk durch eine grofse, im Betriebe befindliche Anlage, und durch Andere aufgenommen sei. Er meine, dies sei wieder einmal einer der vielen Fälle, in welchen eine wichtige Frage von einer Anzahl Leute in Deutschland, England und Belgien gleichzeitig und unabhängig voneinander gelöst werde, von denen jeder derselben die Ergebnisse seiner Arbeit für sich behielt. Osnabrück, im Mai 1898. Lürmann. * Lür mann hat schon 1870 im „Dingler“ Band CXCV S.25 einen Aufsatz über „die Mög lichkeit eines Gas-Hochofens“ veröffent licht, welcher in „Stahl und Eisen“ 1888 S. 831 und 1892 S. 477 besprochen ist. lief. Beiträge zur Lösungstheorie von Eisen und Stahl. Von Hanns Baron v. Jüptner. (Der Frühjahrs-Versammlung des „Iron and Steel Institute“ vorgelegt am 5. Mai 1898.) Immer mehr bricht sich die Auffassung Bahn, dafs Eisen und Stahl ebenso wie andere Metall- legirungen bei gewöhnlicher Temperatur feste Lösungen darstellen, und es dürfte somit der Versuch gerechtfertigt erscheinen, die Lösungs- gesetze bei denselben zur Anwendung zu bringen. Allerdings fehlen uns hierzu gar oft die erforder lichen Beobachtungsdaten, und wir sind häufig in die Nothwendigkeit versetzt, uns mit annähernden Schätzungen zu begnügen, statt genaue Werthe in Rechnung setzen zu können. Immerhin aber können selbst derartige unvollkommene Versuche manche neuen Aufschlüsse geben, und wenn sie auch nur Anregungen bieten, um weitere For schungen in der angedeuteten Richtung auszu führen, so haben sie ihren Zweck erfüllt. I. Löslichkeitsverhältnisse. Ueber die Löslichkeit des Kohlenstoffes in reinem Eisen liegen folgende Angaben vor: Bei 3500° 40 % G (Moissan) „ 1030° 1,5 „ „ (Royston) „ 700° 0,9, „ (Arnold) Dafs diese Löslichkeit durch Gegenwart anderer Elemente theils vergröfsert (Mangan u. s. w.), ! theils verringert wird (Silicium u. s. w.), ist bekannt. In welchem Grade dies beim Schmelz punkte der Fall ist, hat Verfasser* zu ermitteln versucht. Nach Percys Versuchen betrug der Maximal kohlenstoffgehalt von an Begleitstoffen freiem ge- ! kohltem Eisen 4,63 %, was etwa der Formel | Fei,4 G entsprechen würde, also keineswegs auf I eine chemische Verbindung hindeutet. Im ge schmolzenen Zustande kann dasselbe allerdings noch mehr Kohlenstoff aufnehmen, doch wird der Ueberschufs noch vor dem völligen Erstarren als Garschaum (Graphit, der wegen seines geringen specifischen Gewichtes an die Metall oberfläche steigt) abgeschieden. Das Sättigungs- , vermögen des Eisens für Kohlenstoff wird erhöht I durch Gegenwart von Mangan und Chrom, und * „Oesterr. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen“ 1896, Seite 447.