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Die Herren Amerikaner sind um derartige, den Thatsachen nicht entsprechende Consulatsherichte, die man wohl als „rüde and poor“ bezeichnen kann, nicht zu beneiden, denn wenn wirklich in Deutsch land selbst kein gutes Werkzeug fabricirt würde, so wäre dadurch doch noch lange nicht bedingt, dafs nur „rauhe und geringe“, das heilst, sowohl im An sehen wie Güte minderwerthige Handwerkszeuge in Deutschland gebraucht würden. Es ist leider Thatsache, dafs die englischen und französischen Fabricanten von guten Werkzeugen schon seit Jahrzehnten in Deutschland einen ihrer Hauptmärkte haben, wenngleich die fortgesetzten Be mühungen, das betheiligte Publikum über die heutige Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie in Bezug auf gute Werkzeuge aufzuklären und derselben dadurch den ihr gebührenden Vorrang auf dem heimischen Markt vor den fremden Fabricaten zu verschaffen, den Absatz der Engländer und Franzosen gegen früher wohl etwas eingeschränkt haben. Ich habe schon früher nachgewiesen, dafs in England und Amerika ebensowohl billige und schlechte Sachen gemacht werden, wie in Deutschland, und wer etwas Gutes haben will, der mufs überall auch einen entsprechenden Preis dafür bezahlen, und der Con- sulatsbericht würde deshalb vielleicht von gröfserem Nutzen für die amerikanischen Interessenten sein, wenn er mit mehr Sachkenntnifs und weniger Arroganz ge schrieben wäre! Derjenige amerikanische Artikel z. B. in Sägen, der am meisten Eingang in Deutschland und Europa gefunden hat, ist übrigens die bekannte billige „Eagle“ (Marke „Adler“) Handsäge, die mehr wegen des billigen Preises als wegen der vorzüglichen Qualität gekauft wird, und, wie wir aus bester Quelle wissen, z. B. in Australien die früher viel mehr ge förderten feinsten Qualitäten amerikanischer Sägen stark verdrängt hat. Wie verträgt sich mit den Behauptungen des Herrn Generalconsuls der Vermerk in den Preisbüchern erster amerikanischer Sägenfabricanten: „Parties de siring special handsaws, cheaperthan appears on list, can have them made to Order,“ dafs heifst: „Noch billigere Handsägen, als in dem Preiscourant angegeben, werden auf Bestellung ebenfalls gemacht“. Aus meiner Praxis möchte ich noch einige Fälle zur Gewinnung eines sachlichen Urtheils erwähnen: Kürzlich sandte uns eine alte Kundschaft in Basel einige fehlerhafte Schrottsägen zur Ersatzlieferung. Bei näherem Zusehen entpuppten sich selbe als ameri kanische Sägen, und bedankten wir uns natürlich für Ersatzlieferung dafür! Ein deutscher Sägewerksbesitzer in Chile schrieb an meine Firma anfangs dieses Jahres wörtlich an- läfslich einer Bestellung: Die Sägen, welche ich bis jetzt benutzte (Gatter- „sägen) sind amerikanische (folgt Name einer ersten „amerikanischen Firma). Erstens sind die Blätter sehr „weich, halten kaum 6 Stunden Schnitt, in hartem „Holze hakert die Säge, als wenn sie auf den Stofs „gefeilt wäre, und beim Anschnitt der Zähne weicht „die Säge seitwärts und die Bretter werden nicht „gerade. Die Sägen mufste ich kaufen, weil es hier „keine andern giebt u. s. w.“ Vor einigen Jahren, als die hohen amerikanischen Einfuhrzollsätze der Mac Kinleybill durch die nie drigeren Einfuhrtaxen des Wilsontarifs ersetzt wurden, besuchte uns unter anderen der Chef eines grofsen amerikanischen Eisenwaaren-Importhauses, dem es darum ging, zu erfahren, ob ein Import deutscher Sägen nach den Vereinigten Staaten möglich sei (wie er, nebenbei bemerkt, früher bestanden hat). Ich habe darnach diesem mit dem Sägen- und Werkzeugfach durch jahrelange Praxis gut vertrauten Sachverständigen nebeneinander la. Qualität Original amerikanische Disstonsägen und Sägen unseres eigenen Fabricats vorgelegt, und von ihm das für uns aufser- ordentlich werthvolle Zugeständnifs erhalten, dafs unsere Waare nicht blofs der Disstonschen gleich kommt, sondern sie sogar noch übertrifft, was mir übrigens auch von competenten sachverständigen gröfseren Gebrauchern von Sägen, welche die Qualität der betreffenden Fabricate in ihrer Praxis selbst durch- probirt haben, nicht blofs bezüglich der Qualität unserer Fabricate gegenüber den amerikanischen, sondern auch gegenüber den englischen, französischen, schwedischen und sonstigen Herkünften bestätigt worden ist, und zwar sogar manchmal ohne jede Frage oder sonstige Veranlassung meinerseits. Ich bin mit Vergnügen jeden Tag bereit, auch anderen Interessenten die entsprechenden Muster neben einander vorzulegen, um sie ebenfalls zu überzeugen. Allerdings mufs gesagt werden, dafs die Einführung amerikanischer Werkzeuge in Deutschland gerade da durch von einiger Bedeutung geworden ist, dafs eine Anzahl Eisenhändler sich besonders dafür interessiren, obgleich sie im Inland, wenn sie sich nur an die rechte Stelle wenden wollten, ebenso gute Waare zu billigerem Preise erhalten könnten. Es geht aber augen scheinlich vielen derselben in der Hauptsache darum, das Geschäft dadurch, dafs sie nur ausländische Waare führen und empfehlen, möglichst allein in der Hand zu behalten, obgleich es deutsche leistungsfähige Firmen genug giebt, die prima Häusern bei entsprechenden Vereinbarungen gern den Alleinverkauf für ihre Stadt oder Gegend geben, oder ihnen in sonstiger Weise entgegen kommen, und sie ebenso günstig, wenn nicht noch vortheilhafter bedienen würden, wie die Ausländer. Von selbst kommt allerdings kein Fabricant dazu, eine den besten Marken ebenbürtige Qualität zu fa- briciren. — Es hat meiner Firma jahrelange, unaus gesetzte Thätigkeit gekostet, vollständige und gute Information über die qualitative Leistungsfähigkeit genannter ausländischer Fabricanten durch Studium der Originalmuster, Preisbücher, Markt- und Fabrications- Verhältnisse zu erhalten und dann die nöthigen Fa- bricationseinrichtungen und sonstigen Arrangements zu schaffen, um in rationeller Herstellung ein in jeder Beziehung ebenbürtiges Fabricat zu erzeugen. Ohne vorzügliches Material, tüchtige Arbeitskräfte und vor allen Dingen ohne einen regelmäfsigen gröfseren Be trieb ist dies einfach undenkbar, denn für einen kleinen Betrieb sind die Specialmaschinen u. s. w. zukostspielig und verhindern die Goncurrenzfähigkeit im Preise. Wie in allen Zweigen der deutschen Industrie, so sind übrigens in den letzten Jahren auch auf diesem Sondergebiete sehr bedeutende Fortschritte gemacht worden. Dreierlei sollte meines Erachtens jeder Käufer nicht blofs bei Sägen und Werkzeugen, sondern über haupt stets bedenken, bevor er sich zum Kauf aus ländischer Fabricate bei solchen Artikeln entschliefst, die er ebensogut und preiswürdig im Inlande kaufen kann und zwar: 1. dafs die Engländer, Amerikaner, Franzosen u. s. w. ihrerseits gegen die deutsche Industrie und den deutschen Handel in jeder Weise vorgehen, und zwar in oft gehässiger Weise. „Der Zweck heiligt das Mittel“ denken sie dabei; 2. dafs ohnehin der deutsche Import um viele Millionen Mark jährlich grölser ist, als der Export, und dafs wir also nicht wohl daran thun (um unser Volksvermögen zu vermehren und es nicht unnütz zu schädigen), dafs wir auch für solche Waaren das Geld ins Ausland senden, für die wir das Ausland absolut nicht nöthig haben. „America to the Americans“ ist das Princip, dem die Amerikaner huldigen, und wer die kolossalen Einfuhrzölle der Amerikaner kennt und weifs, mit welchen Waffen die Engländer und Amerikaner uns unausgesetzt bekämpfen, sowie dafs die Franzosen noch immer 1870 nichtvergessen können, der wird’s