Volltext Seite (XML)
nur um das Interesse der Actionäre handle, und dafs eine darauf zu nehmende Rücksicht nicht zu verantworten sei. Der im Interesse einer Erhaltung des socialen Friedens seitens der städtischen Gollegien von Osnabrück unternommene Versuch, durch eine Deputation, bestehend aus dem Bürger meister, dem ältesten bürgerlichen Senator und einem katholischen Bürgervorsteher, den Bischof wenigstens zur Geltendmachung seines Einflusses für die von ihm angeordnete Einrich tung des Frühgottesdienstes zu bestimmen, war ebenfalls erfolglos geblieben. Der Bischof hielt auch diesen Vorstellungen gegenüber seinen einmal gewährten Dispens aufrecht, lehnte aber jedes weitere Eingreifen ab. Mittlerweile hatte der katholische Bergmann Brust als Vorsitzender des Gewerkvereins christlicher Berg arbeiter auf Veranlassung der Geistlichkeit bereits in die Entwicklung der Dinge eingegriffen. In dem nörd lich des Piesberges belegenen Dorfe Wallenhorst fand am 20. Februar eine Versammlung statt, in welcher er die Ziele seines Gewerkvereins darlegte und unter Berührung der Feiertagsfrage die Pies- berger Bergleute zum Eintritt in den Gewerk verein aufforderte, um dadurch ihre Stellung gegen die Werksverwaltung zu stärken. Dieses Vorgehen hatte die Folge, dafs gleich nach der Versammlung und in der folgenden Zeit bis Mitte März bereits 500 Arbeiter sich als Mitglieder anmeldeten. Damit nahm die Sache eine neue Wendung; Brust beanspruchte nunmehr das Recht, nameng des Gewerk Vereins unmittelbare Forde rungen an den Vorstand des Georgs-Marien-Vereins zu stellen. Er that dieses schriftlich, während er zugleich eine Unterredung mit dem General director Commerzienrath Haarmann nachsuchte, welche ihm am 19. März auch gewährt wurde. In dem schriftlichen Antrag des Gewerkvereins- Vorstandes waren gegen die Feiertagsarbeit genau dieselben Gründe angeführt, welche auch in der dem Georgs-Marien-Verein überreichten Petition vom 24. Januar zum Ausdruck gelangten. Ueberall wurden das religiöse Bedürfnifs der Leute und die ihnen obliegenden kirchlichen Pflichten in den Vordergrund gestellt. Der Bischöfliche Dispens wird mit keiner Silbe gewürdigt, und noch viel weniger wird dem Umstande Beachtung geschenkt, dafs nicht blofs katholische Arbeiter am Piesberge thätig sind, dafs aber in allen Osnabrücker Betrieben, wo Arbeiter der beiden christlichen Bekenntnisse gemeinsam Beschäftigung finden, an keinem der gedachten Feiertage die Arbeit ruht, und dafs solches insbesondere auch auf die Be triebe katholischer Industrieller zutrifft. Selbstverständlich mufste seitens des Vorstan des dem Bergmiann Brust bedeutet werden, dafs er als ein Vertreter der Piesberger Belegschaft nicht angesehen werden könne, da die Arbeits ordnung genau vorsieht, in welcher Art und Form die Wünsche der Arbeiter bei der Werksleitung und beim Vorstande anzubringen sind. Dennoch liefs Commerzienrath Haarmann sich auf eine Widerlegung der von Brust hervorgehobenen Vor wände herbei und mufste ihm schliefslich bedeuten, dafs bezüglich des bevorstehenden nächsten Feier tages (des 25. März) „Mariä Verkündigung“ der Vorstand nach nochmaliger ernster Erwägung aller Umstände und unter vollster Berücksichtigung der kirchlicherseits in letzter Stunde gegebenen Er klärungen sich veranlafst gesehen habe, wegen der Feiertagsarbeit die nachfolgende am 18. März der Belegschaft des Piesberges bekannt gegebene Verfügung zu erlassen: Bekanntmachung. In Gemäfsheit unserer Verfügung vom 1. Februar d. J. wird hiermit nochmals zur Kenntnifs der Beleg schaft gebracht, dafs von nun ab an den 7 während des Jahres in die Woche fallenden katholischen Feier tagen: Hl. 3 Könige (6. Januar), Mariä Lichtmefs (2. Februar), Mariä Verkündigung (25. März), Peter und Paul (29. Juni), Mariä Geburt (8. September), Allerheiligen (1. November), Mariä Empfängnils (8. December) in den zum Bergbau gehörigen Betrieben unserer Abtheilung Zeche Piesberg wie von jeher in den sonstigen Betrieben unserer übrigen Abtheilungen in werktäglicher Weise gearbeitet, wird. Es wurde bereits mitgetheilt, dafs diese Mas- nähme infolge der mit den Wasserdurchbrüchen im Bergbaubetriebe des Piesberges eingetretenen Schwierig keiten nothwendig geworden ist, und der hochwürdigste Herr Bischof von Osnabrück hat die dieserhalb seitens des Vorstandes an ihn gerichteten Vorstellungen wiederholt dahin beschieden, dafs er unter An erkennung der ihm vorgetragenen Begründung sämmt- liehen im Bergbaubetriebe des Piesberges beschäftigten katholischen Arbeitern gestatte, an den gedachten Feiertagen die von ihnen geforderten körperlichen Arbeiten zu verrichten, nachdem sie zuvor, dem Gebote der Kirche entsprechend, eine heilige Messe gehört haben. Zu solchem Zwecke sollte auf Anordnung des hochwürdigsten Herrn Bischofs in der Kirche zu Wallenhorst und in der Kapelle zu Eversburg ein Frühgottesdienst eingerichtet werden. Nachdem in dessen die dieserhalb mit den zuständigen Herren Geistlichen gepflogenen Verhandlungen ergeben haben, dafs die Einrichtung solcher Frühgottesdienste grofsen Schwierigkeiten begegnet, ist, um unseren katholischen Arbeitern den Besuch des gewöhnlichen Früh gottesdienstes zu ermöglichen, der Beginn der ersten Schicht an den vorgenannten 7 Feiertagen auf 9 Uhr Morgens angesetzt worden. Da nach den neuesten Erklärungen des hoch würdigsten Herrn Bischofs sein Dispens nur für die Arbeit in den zum Bergbau gehörigen Betrieben Gültigkeit hat, so soll die Feiertagsarbeit für den Steinbruchsbetrieb nicht vorgeschrieben werden. Darnach ist die Schichtdauer, an diesen Tagen nur eine siebenstündige und zwar von 9 Uhr Morgens bis 4 Uhr Nachmittags, von 4 Uhr Nachmittags bis 11 Uhr Nachts und von 11 Uhr Nachts bis 6 Uhr Morgens. Am Piesberge ist die Durchführung eines möglichst regelmäfsigen Bergbau-Betriebes unter thun- lichster Vermeidung von Ueberschichten sowohl wegen der durch die vorliegenden Verhältnisse ge fährdeten Sicherheit der Arbeit, als auch mit Rück sicht auf die Erhaltung des Bergwerks im allgemeinen, und somit nicht am wenigsten im Interesse der be theiligten Arbeiterschaft unerläfslich. Wir können