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die Panzerung antwortete die Geschütztechnik mit gezogenen Stahlgeschützen, mit Spreng- und Hartgufsgranaten. Die Panzer mufsten dicker gemacht werden. Das kostete erschreckend viel Gewicht, zumal die Erfindung der Dampfmaschine auch Eingang an Bord gefunden hatte. In irgend einer Weise mufste ein Ausgleich gefunden werden. Dies konnte zunächst nur dadurch geschehen, dafs man an Stelle des Holzes Eisen für den Schiffs körper verwendete. Ein Holzrumpf war unter damaligen Verhält nissen nicht unter 55 bis 60 % des Totalgewichtes des ganzen Schiffs einchl. Ausrüstung zu machen. Es blieben sonach nur 40 bis 45 % an Gewicht übrig für Panzer, Artillerie, Maschine, Kessel, Ausrüstung an Kohlen, Proviant, Munition, und das war zu wenig. Mit der Verwendung des Eisens brauchte man dagegen nur 35 bis 40 % für den Schiffs körper, es blieben sonach 65 bis 60 % für den Panzer u. s. w. übrig und besafs man aufserdem den Vortheil, dafs der in Eisen hergestellte Schiffs körper von gröfserer Dauerhaftigkeit, namentlich auch gegen die erschütternden Wirkungen der Maschinen und Schrauben, war als ein hölzerner. So standen die Verhältnisse in England und Frankreich schon Anfang der sechsziger Jahre. — Wie standen sie bei uns? Auch in Deutschland hatte es von Anfang dieses Jahrhunderts an nicht an Stimmen gefehlt, die für eine Flotte eintraten, unter ihnen bald nach den Freiheitskriegen kein Geringerer als der Schlachtendenker Gneisenau; indessen die Mittel waren nicht danach. Nach dem schmählichen Ende der deutschen Flotte, die unter Reichsrath Hannibal Fischer bereits nach kurzer Frist unter den Auctions- hammer kam und die aus alten hölzernen Segel schiffen oder Raddampfern bestand — übernahm Preufsen für sich allein die Führung auf eigene Rechnung. In Danzig wurde eine kleine königl. preufsische Werft eingerichtet für den Holzschiffbau. Freilich sind aus ihr eine Reihe schöner Kreuzercorvetten in Holzbau hervorgegangen, die für handels politische Zwecke, Anknüpfung der Handelsverträge Preufsens mit China und Japan ihre Aufgaben erfüllten. Aber wo blieb mit Rücksicht auf die vorher geschilderten Fortschritte Englands und Frankreichs das eigentliche Schlachtschiff? Die Zeit, wo die alten Schiffskoronaden ihre Vollkugeln gegen hölzerne Schiffswände krachend schleuderten, war einer anderen Zeit gewichen, in welcher die Spreng-und Hartgufsgranaten an erzenen Schiffs panzern zerschellten, und es war bei uns damals noch nichts geschehen, uns diesen Neuerungen anzuschliefsen. M. H.! Dieser Umschwung war ein so radi- caler, dafs ich ihm einige Worte widmen mufs. Dazu ist es nöthig, dafs ich Ihnen das frühere Leben auf einer Holzwerft schildere. M. H.l Eine solche Holzwerft bildete im gewerblichen Leben ein patriarchalisches Reich für sich allein. Grofse Holzlager, deren Bestände regelmäfsig aus den Forsten Schwedens, Polens, Galiziens und Amerikas ergänzt wurden, bildeten sozusagen das Einzige, was beschafft werden mufste und wodurch der Schiffbauer in Fühlung mit der Geschäftswelt trat. Alles Uebrige machte er sich beim Bau der Holz schiffe allein. Was brauchte er auch sonst noch viel? Die Verbindungsbolzen, die Nägel, die Be schlagtheile für die Takelage wurden in der Schiffsschmiede abgeschmiedet, ja gröfsere Werften schmiedeten sich sogar ihre Anker und Ketten, selbst Tauwerk und Segel wurden hergestellt. Die Arbeiter solcher Werft blieben vom Vater zum Sohne ganze Geschlechter hindurch bei einer Firma. Sie lernten drei Jahre das Handwerk, gingen drei weitere Jahre zur See und kamen danach in der Regel als seebefahrene zünftige Schiffszimmer leute zu ihren Lehrmeistern zurück. Die Arbeitsmethoden des Baues selber waren auch einfach. Nach ganz bestimmten, oft durch Erfahrung und Tradition geheiligten Schiffsplänen wurde gebaut. Die Holzrippen wurden nur roh behauen und aufgestellt. Sowohl an ihnen als an den Aufsenhautplanken liefs man so viel Material im Ueberflufs stehen, um das Ueberflüssige abhauen zu können, damit das Ganze einen guten, dem Auge wohlgefälligen Verlauf nahm. Solch eine Holzwerft hatte eigentlich nicht viel mehr als grofse offene Plätze zum Bearbeiten des Holzes, eine Schmiede-, Tischler-, Takler- und Segel macher-Werkstatt. Statt dessen mufsten für den Eisenschiffbau grofse Werkstätten mit den besten Arbeitsmaschinen, Maschinenbauwerkstätten, Giefsereien, Kessel schmieden , Dampfhammerwerke, Zinkereien, Schmiede- und Schlosserwerkstätten errichtet wer den und, was die Hauptsache war, es mufste der Schiffszimmermann, der nur mit der Holzaxl zu arbeiten gewöhnt war, zu einem Metallarbeiter angelernt werden. Das waren so gewaltige Aufgaben, die nicht über Nacht und mit einfacher Geldbewilligung gelöst werden konnten und um so weniger, als auch unsere deutsche . Eisenhüttenindustrie, nach welcher sich jetzt aus Werftkreisen alle Blicke richteten, auch noch nicht so weit ent wickelt war, um Hand in Hand mit den Schiffbau firmen arbeiten zu können. Es mufste hüben und drüben vielmehr erst gelernt werden. Preufsen that daher gut, die ersten Panzer schiffbauten: Kronprinz, Friedrich Karl, König Wilhelm nach England und Frankreich zu vergeben; denn die zur Baubeaufsichtigung commandirten Marinetechniker, Werkmeister u. s. w. mufsten ihre Zeit im Auslande benutzen, auf den dor-