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dischen Schiffbaumeister Raul e, schlecht berathen — nicht genügend sorgen konnte, so dafs, als die Eifersucht Hollands rege wurde, er nicht in der Lage war, mit bewaffneter Macht seine afrikanischen Handelsbesitzungen erfolgreich zu schützen. Lange nachher noch, als man in Berlin bereits den Vertrag unterzeichnet hatte, nach welchem die brandenburgische Feste Grofs - Friedrichsburg an der ostafrikanischen Küste an eine fremde Besatzung übergeben werden sollte, Niemand mehr von den Brandenburgern in der Feste vorhanden oder kampffähig war, konnte der der Festung botmäfsige Negerfürst Kuny nicht an die Gesetz- mäfsigkeit solcher, selbst ihm zu schwächlich er scheinenden, Uebergabe glauben. Er vertheidigte die stolze Feste gegen die Anstürmenden so lange, bis sic in Brand geschossen wurde und auf dem Thurm der brandenburgische Aar in Flammen aufging. Durch eine verborgen gehaltene Ausfall pforte rettete sich der treue Fürst und ward nie wiedergesehen. Jahrhunderte sollten vergehen, bis wieder und abermals ein Hohenzoller an der Küste Afrikas zwar nicht das brandenburgische, wohl aber das mächtige deutsche Reichsbanner hissen sollte — heute aber mit dem gereiften Verständnifs, dafs man nur erwerben darf, was man zu be schützen vermag. — Ich habe dies hier nur deshalb angeführt, weil wir wiederholt bei den Erörterungen über unsere jetzige Flottenvorlage in verschiedenen Zeitungen die Ansichten haben vertreten sehen, dafs die Kriegsschiffs - Flottenvorlage mit unserem Handel nichts zu thun habe. Ueber solche An sichten ist nicht weiter zu discutiren. So lange wir auf der ganzen Welt nicht ein einziges Volk, unter einem Scepter stehend, bilden, so lange es verschiedene Nationen mit verschiedenen nationalen Charakteren, Gesetzen und Bestrebungen giebt, so lange wird mit Recht auf unseren Geschützen „ultima ratio regis“ stehen, so lange wird Eifersucht und Mifsgunst gegeneinander herrschen, so lange wird Handel und Gewerbe im Auslande, fern vom Schutz der heimathlichen Gesetze, nur unter jener ultima ratio, d. h. unter dem Schutze unserer Kanonen, dauernd und gesichert erblühen können. M. H.! Es giebt einen Ausspruch eines viel bekannten englischen Admirals, der Englands Welthandels-Machtstellung in den blutigsten See schlachten, die die Weltgeschichte kennt, erst besiegeln mufste. Dieser Ausspruch lautet: „Wer den Ocean beherrscht, beherrscht die Goldstrafsen der Welt“. Das Kriegsschiff ist somit nicht wie eine Land truppe anzusehen, die nur bei allgemeiner Kriegs erklärung in Action tritt und sonst dem Handel und seiner Politik fernsteht, — das Kriegsschiff mit gehifster Nationalflagge repräsentirt auf dem Ocean vielmehr Gesetz und Recht, es ist, ob Krieg oder Frieden, der Dreizack, unter dessen Schutz erst Mercur sein Wirken entfalten kann. Kehren wir hiernach zurück zu unserer tech nischen Betrachtung. Das vorige Jahrhundert war für unsere schiffbauliche Industrie die niedrigste Epoche. Jenes Jahrhundert, in welchem Frank reich, England und Holland in Seeschlachten um die Welthandelsstellung rangen, sah Deutsch land still jenem Treiben zu, da hier erst Kämpfe anderer Art — der siebenjährige Krieg — aus gefochten wurden, die ein starkes Preufsen, den Grundpfeiler des einstigen Deutschen Reiches, schaffen sollten. Kein Wunder, dafs infolge jener Seekriege namentlich England und Frankreich schon in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts Erfahrungen und Fortschritte im Schiffbau machten, die an unseren Küsten zunächst noch spurlos vorüber gingen. Man kämpfte im vorigen Jahrhundert und bis zur Mitte dieses Jahrhunderts mit Linienschiffen. Sie waren aus Holz gebaut, stolze, imposante Fahrzeuge mit vollen, gigantischen Segeltakelagen und drei übereinanderliegenden Decken, deren Seiten mit 60 bis 120 und mehr kurzen Kanonen besetzt waren. Man feuerte damals nicht wie heute geschützweise, sondern in ganzen Breitseiten. Die Schiffswände waren so stark gemacht, dafs die Vollkugeln sich in den starken Holzplanken verfingen. Es war deshalb der sogenannte „Brander“ üblich, glühende Kugeln, mit denen man das feindliche Schiff in Brand zu schiefsen trachtete. Beim Sturm auf Sewastopol im Krimkriege war es, wo der blockirenden Flotte die Aufgabe wurde, von der Seeseite Bastionen zum Schweigen zu bringen. Dieser Versuch mifslang gänzlich. Die Linienschiffe wurden in Brand geschossen, die Flotte mufste den Rückzug antreten. Da verfiel ein französischer Ingenieur auf den Gedanken, eine „schwimmende Batterie“ zu erbauen, d. h. er nahm ein prahmartiges hölzernes Schiff, belegte dessen Bordwände und das oberste Deck mit starken Eisenblechen, schnitt Stückpforten in diesen Panzer und setzte dahinter schwere Kanonen auf. Diese schwimmenden Batterien wurden bis auf Schufsweite vor die Bastionen der Festung ge schleppt. Sie verankerten hier und begannen ihre Geschützthätigkeit mit bestem Erfolge gegen die feindlichen Landbatterien. Das war der Anfang des Panzerschiff baues! Infolge jener Sewastopoler Katastrophe begann der rastlose Kampf zwischen der Hütten industrie und den Artilleriewerkstätten, der mit gegenseitig wechselndem Erfolge bis zur Stunde nicht geruht hat und menschlicher Berechnung nach nie ruhen wird. Frankreich und England fingen an, ihre im Bau befindlichen hölzernen Linienschiffe um ein oder zwei Decke zu rasiren und den übrig bleiben den Rumpftheil über Wasser zu panzern. Auf