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Vereins-Nachrichten. Verein deutscher Eisenhüttenleute. Konrad Gamper f. den Verkehr mit Beschäftigung im Auslande und Höherstehenden erkannte er sei nen zukünftigen Beruf, aber auch den Mangel einer höheren Bil dung. — Durch seine eigenen Ersparnisse ermöglichte ‘er es, das Technikum Mittweida zu be ziehen und nach dessen Absol- virung auch noch in Zürich zu studiren. So praktisch und theo retisch gut ausgebildet, scharf blickend, von rascher Auffassung, aufserordentlicher Gründlichkeit, grofsem Fleifs und mit einem hochgespannten Ehrgefühl be gabt, trat er als Ingenieur in den Dienst der v. RufferschenMaschi- nenbauanstalt in Breslau. Nach dem sich Gamper bei der Er bauung mehrerer grofsen Brücken hervorgethan, übergab ihm von Ruffer im Jahre 1876 die tech nische Leitung seines Werkes Pielahütte in Oberschlesien, wel- Am 29. September d. J. verschied in Kramators kaja (Südrufsland) der in weitesten Kreisen des In- und Auslandes bekannte Industrielle, Generaldirector Konrad Gamper. Geb. am 30. April 1846, hat er also nur ein Alter von 53 Jahren erreicht; ein Hirnschlag setzte diesem thatenreichen Technikerleben ein Ziel. Im Canton Thurgau (Schweiz) geboren, in ein fachen Verhältnissen erzogen, widmete sich Gamper dem Schlosserhandwerk. Durch Selbststudium bildete er sich weiter und brachte es dahin, dal's er bald als Monteur Verwendung fand und so aus den engen heimathlichen Verhältnissen herauswuchs. Durch seine dies als Kesselfabrik und Brückenbauanstalt unter Gampers Leitung sich kräftig entwickelte. Schon um diese Zeit richtete Gamper seinen Blick auf das benachbarte Rufsland. Sein Plan, eine Schwester fabrik auf russischem Boden zu errichten, fand den Beifall des Hm. von Ruffer nicht, und so folgte Gamper gerne einem Rufe Wilhelm Fitzners in Laurahütte, um mit demselben eine Kesselfabrik in Sielce hei Sosnowiee zu begründen. Gamper war somit einer der deutschen Pioniere in diesem russischen Grenzlande! Nur -wer die Ver hältnisse über der Grenze in der damaligen Zeit gekannt, vermag die. unsäglichen Mühen, Arbeiten und Sorgen zu begreifen, und zu erfassen, welche Ausdauer, Zähigkeit und fester Wille dazu gehörte, ein Werk aus kleinen Anfängen auf einen Stand zu bringen, wie ihn heute die Firma „ W. Fitzner & K. Gamper" einnimmt. Die Kesselfabrik, die mit 50 Mann anfing, beschäftigt heute 2200 Arbeiter, besitzt grofsartige Einrichtungen — zum Theil Gampers Erfindungen — und macht monat- 1 lieh etwa 60 Kessel fertig, ohne die vielen sonstigen | Constructionen, an Gebäuden, Dächern u. s. w. Mehrere Jahre behinderte ihn während der Ent wickelung seiner Anlage ein Concurrenzwerk in Dom- browa; er liirte sich daher mit diesem Werk, um es schliefslich kurzer Hand ganz zu erwerben und zu einer leistungsfähigen Fabrik auszubauen. — Als Wilhelm Fitzner später in freundschaftlicher Weise seinen russischen Werksbesitz aufgab, wurde Konrad Gamper Alleinbesitzer. Er gründete danach seine Fabrik als Actiengesellschaft und schlofs derselben in rascher Folge eine Filiale in Kramatorskaja (Süd rufsland) an. Dieses letztere Unternehmen, bestehend aus Hochöfen, Maschinenfabrik und Giefserei mit ent sprechendem Gruben- und Grund- Besitz, trennte er aber baldigst wieder als eine besondere Actien gesellschaft ab und stand nun als Generaldirector diesen bei den Hauptunternehmungen vor, gleichzeitig als Präsident des Aufsichtsrathes diese doppelte Last tragend. Nicht genug da mit, widmete er seine Arbeits kraft auch noch anderen Unter nehmungen und zwar den „Fürstl. Hohenloheschen Hüttenwerken“ in Russisch-Polen, der Maschinen- Bau - Actiengesellschaft „Repp- han“ in Warschau, der Gesell schaft „Friedenshütte“ in Ober schlesien resp. den „Milowizer Eisenwerken“ in Russisch-Polen. Ueberall in dominirender Stel lung, brachte man diesem Manne die Ueberzeugung entgegen, dafs er, als Kenner vaterländischer Verhältnisse, in Rufsland Specialist geworden auf dem industriellen Gebiete, und ordnete sich diesem über ragenden Genie und dieser freudigen Schaffenskraft willig unter. Heute ist es klar, dafs er, wie seine Umgebung, zu viel auf diese kräftigen Schultern gelegt! Urplötz lich ereilte ihn der Tod und gerade an der Stelle, wo er so viel gedacht, gesorgt, geschafft und mit dem ihm befreundeten Hause Borsig zusammen ein Werk ins Leben gerufen, welches auch im fernen Süden des grofsen Reiches den Ruhm Gampers begründen, ge- wissermafsen den Schlufsstein des grofsen Gebäudes bilden sollte. Alle, die ihn gekannt und geliebt, hat sein plötz liches Hinscheiden tief erschüttert; eine zahlreiche Familie, eine treue Beamtenschaft weint am Grabe dieses edlen Mannes und Vaters, der bei allem Schaffen doch stets Zeit hatte, für bedrückte Herzen. Gute treue Freundschaft hat er stets gepflegt, war demgemäfs geschätzt und soll es bleiben auch über das Grab hinaus. Friede seiner Asche!