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1176 Stahl und Eisen. Zuschriften an die Redaction. 15. December 1899. dem Metallbade Wärme zubringt, anstandslos durchgeführt werden. Es mufs ferner die von mir vorgesehene Möglichkeit vorhanden sein, je nach den Schwan kungen des Hochofenbetriebes, je nach dem Bedarf des Martinprocesses, den Vorfrischprocefs zu regeln. Wird derselbe mit den vorhandenen Mitteln richtig geleitet, so ist nicht zu befürchten, dafs das Metall im Frischherd oder der Abflufsrinne einfriert oder - verschlackt. Der Einwurf, es würde bei einer soweit gehen den Entkohlung ein Theil des zuerst in den Martin ofen gelangenden Metalles viel zu stark ausge frischt , hat volle Berechtigung; da jedoch die Möglichkeit geboten ist, den Vorfrischprocefs nach Bedarf zu leiten, so wird man beim Beginn des Chargirens im Frischherde ein Metall von höherem Kohlenstoffgehalt erzeugen und die Frischung all mählich steigern, so dafs zum Schlufs der Char- girung Metall mit dem geringsten vorgesehenen Kohlenstoffgehalt in den Ofen gelangt (0,5 bis 0,6 % Kohlenstoff). Bezüglich der Zustellungs kosten des Frischherdes und der Zuflufs- und Abflufs-Rinnen ist zu bemerken, dafs die Zustellung hauptsächlich von den beim Kochen empor geschleuderten Schlackentheilchen chemisch an gegriffen wird. Im Frischherd, wo gleichzeitig nur geringe Mengen des Metalls durchfliefsen, wird das Kochen nicht so stürmisch verlaufen, wie im Converter oder Martinofen bei tiefem Bade; die Zustellung des Frischherdes wird daher im allgemeinen nicht stark angegriffen werden, am meisten in jenen Querschnittstheilen, wo die Kochperiode erfolgt. Da der Frischherd eine geringe Breite hat, so können Reparaturen leicht ausgeführt werden, es kann das Gewölbe desselben zum Theil in Gurten gefafst und auswechselbar eingerichtet sein. Jene Theile des Frischherdes, worin keine eruptive Reaction stattfindet, wie auch bei den Zuleitungs- und Ableitungs-Rinnen wird die Zustellung sehr lange aushalten. Die Verlegung der Kochperiode in den Frisch herd bietet den grofsen Vortheil, dafs die theuere Zustellung des Martinofens sehr geschont wird und sich auch die Regeneratoren desselben lange nicht verschlacken werden. Die Zustellungskosten des Frischherdes, wie der Zu- und Abflüsse werden durch die verlängerte Betriebsdauer der Martinöfen reichlich herein gebracht. Der Aufwand an Brennstoff wird bei Gegenüberstellung beider Verfahren bei jenem geringer sein, bei welchem sich weniger Wärme verluste nachweisen lassen, da das Fertigproduct in allen Fällen bei gleicher Qualität auch gleiche Temperatur haben soll. Bei dem Verfahren der HH. Pszczolka und Daelen bleibt das Roheisen bis zum Abstiche im Eisenkasten des Hochofens, wird dann durch eine offene Rinne, bei fahrbarem Converter direct in denselben, bei fixem Converter in eine Pfanne und von dieser in den Converter abgegossen. Nach Vollendung des Vorfrischens erfolgt der Abgufs vom Converter in die Pfanne, von dieser in den Martinofen. Bei dem von mir vorgeschlagenen Verfahren fliefst das Roheisen mit seiner Bildungstemperatur durch die geheizte Rinneinden Frischofen und durch die geheizte Abflufsrinne direct in den Martinofen. Die Frage, ob bei unmittelbarer Ueberleitung des Metalls vom Hochofen durch den Frischherd zum Herdofen, dem ersteren oder dem letzteren eine besondere Wohlthat erwiesen werde, gestatte ich mir zu beantworten: Man war bemüfsigt, seiner Zeit beim Hochofen kleine Abstiche zu machen. Als Lür mann seine Schlackenform eingeführt hatte und dadurch die Möglichkeit geboten war, das Eisen länger zu halten, haben die Fachleute sogleich den Vortheil derselben eingesehen, da man mit dieser Einrichtung die Anzahl der Ab stiche vermindern konnte, denn der Abstich ist eine Betriebsstörung.* Sollte nun für den Hoch ofenbetrieb der ruhige continuirliche Abflufs der Schlacke und des Roheisens, wobei der Abstich entfällt, ungünstig sein? Durch Anbringung des Schlackenscheiders, in welchem die gleiche Pressung wie im Gestelle herrscht, wird die Abflufsöffnung sehr geschont, während man bei derselben in anderem Falle häufig Reparaturen hat. Für den Martinbetrieb kann der continuirliche Zuflufs des gefrischten Materiales in der ersten Periode nicht schädlich wirken, da der Vorfrisch procefs entsprechend dem Bedürfnifs des ersteren geleitet wird. Auch beim gewöhnlichen Betriebe werden zur Regelung des Processes Nachsätze gegeben. Während der eigentlichen Vollendungs periode fliefst kein vorgefrischtes Eisen zu, da dann die Chargirung des Wechselofens bereits begonnen hat. Aus den Mittheilungen der Herren D. und P. geht hervor, dafs die Chargen mit vorgefrischtem Material und dem üblichen Procentsatz Schrot durchgeführt werden. Dieses Verfahren bezweckt daher wohl hauptsächlich eine Vermehrung der Pro duction des Martinofens, die dann eintreffen kann, wenn nicht unter den beim Alteisenprocefs üblichen Schrottzusatz herabgegangen wird. Das von mir vorgeschlagene Verfahren bezweckt in erster Linie, das Bedarfsquantum an theurem Schrott auf ein Minimum zu reduciren und dabei die Leistung der Martinanlage gegenüber dem Alteisenprocefs zu erhöhen. Deshalb mufs auch der Vorfrisch procefs geeignet sein, ein an Kohlenstoff ärmeres Eisen liefern zu können. * Auch damals gab es Gegner der Lürmann- sehen Form, welche einen dauernden Schlacken- abflufs für ganz unmöglich hielten.