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I. December 1899. Vereins - Nachrichten. Stahl und Eisen. 1139 sind und die in Ihnen den Mann verehren, dessen Unparteilichkeit und Objectivität stets der Förde rung der allgemeinen Interessen zu gute kam, denen Sie ilie des eigenen Werkes unterzuordnen immer für Ihre erste Pflicht gehalten haben. Wie be deutungsvoll gerade dieser Zweig Ihrer Thätigkeit gewesen, das zeigt ein Blick auf die Entwicklung unserer deutschen Industrie, insbesondere der nieder- rheinisch-westfälischen, in den letzten vierzig Jahren. Hat sich doch die deutsche Roheisendarstellung in diesem Zeitraum bis zu einer Jahreserzeugung von 8 Millionen Tonnen gehoben und die deutsche Aus fuhr auf dem Weltmarkt einen vordem nie geahnten ruhmvollen Platz errangen. Daran haben Sie mit geholfen, insbesondere durch die Förderung der nationalen Zollpolitik des Fürsten Bismarck, für die Sie in der allerersten Reihe der Kämpfer gestanden haben. Dafür hat Ihnen des Deutschen Reiches erster Kanzler wiederholt seinen Dank ausgesprochen; dafür danken wir Ihnen am heutigen Tage, der für Sie von so grofser Bedeutung ist, und fügen den aufrichtigen Wunsch hinzu, dafs Sie noch lange, lange Jahre wie bisher unser Führer bleiben und dafs einst ein sonniger Lebensabend Ihnen als Lohn für Ihr reiches Wirken beschieden sei. Was Sie im Dienste der Oeffentlichkeit und der gemeinsamen Interessen gethan, das bleibt ein monumentum aere. perennius. Das zu künden, ist dieser Festgrufs bestimmt, der aus aufrichtigem und dankbarem Herzen kommt. Düsseldorf, am 15. November Eintausend achthundert neun und neunzig.“ (Folgen die Unterschriflen.) Diese Adresse ist ein Kunstwerk ersten Ranges. Ilans Deiters der Jüngere hat sie illustrirt. Sie zeigt auf dem ersten Blatt die Idealgestalt der Industrie, die einem Jüngling, der die Juristerei an den Nagel gehängt hat, das Handwerkzeug in die Hämle legt; auf dem zweiten Blatt sehen wir die An lagen des „Phönix“, darüber das wohlgetroffene Portrait des Jubilars, zur Seite den Ruhrorter Hafen, in welchem Zollwächter auf die Mitwirkung des Jubilars an der 1879er Zollpolitik hindeuten, weiterhin eine Darstellung aus dem Arbeiterviertel in Laar, um anzudeuten, dafs Servaes stets auch vor kleinen Häusern Achtung hatte und in der socialen Fürsorge für die Arbeiter immer in erster Reihe gestanden hat. Der Ledereinband ist in reicher Punzarbeit gehalten und trägt über dem Reichs adler die Embleme der sämmtlichen Industrien, deren allgemein wirthschaftliche Interessen Servaes als Vor sitzender des wirthschaftlichen Vereins in hervor ragender Weise zu vertreten berufen ist. Dr. Beumer überreichte dies Kunstwerk mit dem Wunsche, dafs es noch lange Jahre die Freude dss Jubilars bilden möge, dessen Verdienste um die allgemeinen wirth- schaftlichen Interessen Redner in längerer Darlegung schilderte. Als Redner der oben genannten vier Gemein schaften überreichte Commerzienrath Brauns die nach folgende Adresse: „Hochverehrter Herr Commerzienrath! Zu dem Jubelfeste, welches Sie am 15. Nov. <1. .1. im Kreise Ihrer Mitarbeiter, froh bewegten Hei zens zurückschauend auf den reichen Segen einer vierzigjährigen Thätigkeit, begingen, sei es auch uns vergönnt, Ihnen heute in aufrichtiger Dankbar keit und Verehrung unsere freudigste Antheilnahme zu bekunden. In diesen vierzig Jahren war ein grofser Theil Ihrer rastlosen und allezeit erfolgreichen Arbeit den Bestrebungen unserer Gemeinschaften gewidmet. Unter Ihrer entscheidenden Mitwirkung ins Leben gerufen, hat dieser Zusammenschlufs in guten und bösen Tagen seine heilsame und segensreiche Wir kung bewährt. Das haben wir in erster Linie dem glücklichen Umstande zu danken, dafs Sie, hochverehrter Herr Commerzienrath, diese ganze Zeit hindurch nicht nur unseren vier Gemeinschaften ein Vorsitzender gewesen sind, der sie mit weitschauendem Blicke, mit sicherer und fester Hand allezeit gerecht, wohl wollend und versöhnlich geleitet hat, sondern dafs Sie gleichzeitig jedem einzelnen Mitgliedc ein leuch tendes Vorbild waren in der treuesten Erfüllung der Pflichten, die dem Einzelnen der Gemeinschaft gegenüber auferlegt sind. Dadurch ist es Ihnen gelungen, wie es kaum einem Andern geglückt wäre, die Gegensätze zu versöhnen und uns alle — stark durch die Einig keit — zu glücklichen Erfolgen emporzuführen. Es drängt uns von ganzem Herzen, Ihnen am heutigen Tage unsern aufrichtigen Dank auszusprechen für alle Ihre hingebende Treue und Fürsorge und den tiefempfundenen Wunsch zugleich, dafs es uns vergönnt sein möge, noch lange Jahre, wie bisher, unseren Vorsitzenden in Ihnen liebevoll zu verehren. Um diesen Gefühlen des Dankes einen sichtbaren Ausdruck verleihen zu dürfen, bitten wir Sie, zur dauernden Erinnerung an den heutigen Tag das Bildnifs unseres allverehrten vielgeliebten Reichs kanzlers, des Fürsten Bismarck, des kraftvollen Förderers unserer nationalen Industrie, entgegen zunehmen , dem es in dem grofsen Kreise unseres deutschen Vaterlandes so meisterhaft gelungen ist, die Widersprüche zu versöhnen, die Zwietracht zu bannen und Alle zu vereinen zu einer einzigen, kraftvollen, siegreichen Gemeinschaft! Düsseldorf, den 21. November 1899.“ Die Adresse ist von Pohle dem Jüngeren illustrirt und ist ebenfalls ein Kunstwerk im besten Sinne des Wortes. Sie zeigt den Genius der Gemeinschaft mit der Palme des Ruhmes in der Rechten, einer Tafel, welche die Namen der Gemeinschaften trägt, in der Linken: darüber die Worte: Viribus unitis; darunter die Embleme der genannten Gemeinschaften; das Ganze ruht ebenfalls in prachtvoller Lederdecke, die das deutsche Reichswappen trägt. Aufserdem überreichte der Redner einen herrlichen Schaperschen Bismarck auf prächtigem Onyxsockel. Commerzienrath Weyland übermittelte die Glück wünsche des Roheisensyndicats und setzte auch hier die unermüdliche Thätigkeit des Jubilars im Dienste der allgemeinen Interessen in das rechte Licht. Tief ergriffen dankte Commerzienrath Servaes für alle diese Ehrungen, die er als ein erfreuliches Zeichen dafür ansehe, dafs der Gemeinschaftsgedanke in der Industrie tiefe Wurzel geschlagen habe. Er werde diesen Gedanken weiter pflegen, so lange es ihm noch vergönnt sei, in der Industrie zu wirken. Mit leb haftem Beifall nahm die Versammlung diese Worte des Gefeierten auf. Der Festsitzung folgte ein Festmahl, bei dem der Jubilar den Kaiserspruch in begeisternden Worten ausbrachte, Geh. Finanzrath Jencke den Jubilar in einer bedeutsamen Rede feierte, Direetor Zilliken den Gemeinschaftsgedanken feierte, Commer zienrath Haarmann die Solidarität der Interessen der gesummten Industrie nachdrücklich betonte und Generaldirector F. Haare der Familie des Jubilars im Namen der beifallfreudigen Tafelrunde huldigte. Hunderte von Telegrammen aus allen Gauen unseres Vaterlandes — als Erster hatte F. A. Krupp seine Glückwünsche gesandt — brachten die Verehrung und Liebe zum Ausdruck, deren sich August Servaes in den weitesten Kreisen erfreut. Möge er noch lange der Unsere bleiben I Die Hedaction.