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Der Einflufs des Ausglühens auf die magnetischen Eigenschaften von Flufseisenblechen. Von Hans Kamps. Die für die Technik wichtige Frage nach den Beziehungen zwischen der chemischen Zusammen setzung des Eisens und seinen magnetischen Eigen schaften harrt bislang noch ihrer Lösung. Die bisherigen Versuche haben nicht viel mehr er geben, als dafs die grofsen Gruppen, in welche der Kohlenstoffgehalt das Eisen theilt, auch mag netisch sich voneinander scheiden. Nun erreichen aber die Energiebeträge, welche die Elektrotechnik in der Ummagnetisirungsarbeit nutzlos in Wärme umzusetzen gezwungen ist, ihren maximalen Be trag in den Ankern der Dynamomaschinen und den Kernen der Wechselstrom-Transformatoren, die beide in gleicher Weise aus den weichsten Flufseisenblechen sich aufbauen. Für ein Eisen mit einem ziemlich eng begrenzten, niedrigen Kohlenstoffgehalt erheischt also die oben erwähnte Frage am dringendsten ihre Beantwortung; gerade hier aber war es bisher am wenigsten möglich, in den Resultaten der chemischen Analyse und der magnetischen Untersuchung in Bezug auf Hysteresisverlust eine gesetzmäfsige gegen seitige Abhängigkeit zu erkennen. Und doch mufs eine derartige Abhängigkeit bestehen. Der Grund für die bisherigen Mifserfolge ist auch leicht ersichtlich. Auf die magnetische Güte übt aufser der chemischen Zusammensetzung auch die mechanische und thermische Bearbeitung einen bestimmenden Einflufs aus. So lange es also unmöglich ist, zweien Eisenproben mit Sicherheit ein genau gleiches Mafs der Bearbeitung zuzu schreiben, so lange dürfte auch alle Mühe des Analysirens magnetisch bekannter Blechstreifen nur unsichere Resultate zu Tage fördern. Aus dieser Ueberlegung folgt die Nothwendigkeit, zur Begründung einer rationellen Fabrication von Dynamoblechen bei der Aufklärung des Einflusses der einzelnen Bearbeitungsstufen zu beginnen. In der Hauptsache dürfte es genügen, das Wesen der magnetischen Veränderungen während des Ausglühens zu erforschen, da eine richtig verlaufende Glühung die Wirkung jeder voran gegangenen Bearbeitung aufhebt und somit als der wichtigste Procefs der Fabrication gelten darf. Dafs eine Glühung je nach ihrem Verlaufe die magnetische Qualität einer Eisenprobe einmal ver bessert, ein andermal verschlechtert, ist bekannt, aber noch nicht erklärt. Eine eingehende Unter suchung hat sich hier hauptsächlich auf die folgen den Punkte zu erstrecken: 1. auf die Höhe der erreichten Temperatur; 2. auf die Dauer der Glühung; 3. auf die Geschwindigkeit des Anwärmens und Abkühlens, sowie auf etwaige Ab weichungen vom regelmäfsigen Gange der T emperaturänderungen. Diesbezügliche systematische Versuche würden sich unschwer ausführen lassen mit Hülfe eines kleinen elektrischen Ofens, wie solchen beispiels weise G. Gharpy* bei seinen Studien über die Stahlhärtung benutzt hat. Ohne unzulässige grofse Betriebsstörungen aber ist es unmöglich, im Kistenofen selbst die einschlägigen Verhältnisse experimentell zu variiren. Lediglich zufällige Um stände boten dem Verfasser als Beamten der Firma Capito & Klein in Benrath am Rhein. Gelegenheit, durch vergleichende Messungen zu der Frage über den Einflufs der Glühdauer einen Beitrag zu erbringen. Es mag hier gleich hervorgehoben werden, dafs das Resultat dieser Versuche ein negatives war, indem innerhalb der untersuchten Grenzen ein Einflufs der Dauer des Ausglühens nicht nachgewiesen werden konnte. Es sollen indessen die gefundenen Zahlen- werthe ausführlich mitgetheilt werden, um der später zu entwickelnden Theorie über das Wesen der magnetischen Veränderungen in der Glühung als Unterlage zu dienen. Die bei den einzelnen Versuchen maximal erreichten Temperaturen können nicht wesentlich voneinander verschieden gewesen sein. Die Differenz in der Dauer der Glühungen be trug dagegen etwa 13 Stunden, indem die Art und Weise des Ausglühens eine Glühdauer von entweder 48 oder aber 35 Stunden bedingte. Auf diese Verschiedenheit der Glühungen soll im Folgenden durch die Bezeichnung als langdauernd oder kurzdauernd hingewiesen werden. Zur Aus führung der Untersuchung dienten zwei an der Walze wahllos herausgegriffene, zweimal gedoppelte Bleche, aus deren zwei inneren zunderfreien Tafeln je zwei Proben genommen wurden, so dafs im ganzen acht Proben zur Verfügung standen. Jede derselben enthielt 7 bezw. 6 Streifen, je nach der Stärke, die 0,5 bezw. 0,63 mm betrug. Die Streifen hatten eine Länge von 240 mm und * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1895 S. 747.