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tracht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wieder herstellen. Und die Mittel, mit denen man das erreichen kann, sind Freiheit und Festigkeit. Freiheit, — das heifst, indem man in einem Conflict, wie beispielsweise diesem, der Verwaltung von Creusot ihren Arbeitern gegenüber freie Hand läfst bei dem Bestreben, sie nach und nach wieder an sich zu ziehen. Zum gröfsten Theil sind sie nicht fortgezogen, und hätte nicht bei diesen jüngsten Ereignissen die furchtbarste Einschüch terung, die man je erlebt, stattgefunden, so würde Hr. Schneider nicht 3000 Briefe mit der Bitte um Wiedereinstellung erhalten haben, sondern mehr als zwei- oder dreimal soviel. Daher mufs die Regierung verhindern, dafs diese Einschüchterung ihre bedauerliche Wirkung auf die unentschlossene und schwankende Masse der Arbeiter ausüben kann. Wenn sie im Gesetz entwurf einerseits die Stellung der Syndicate ver stärkt, mufs sie sie andererseits auch hindern, einzuschüchtern, zu bedrohen, die Freiheit der Arbeit anzutasten. Freiheit —, gewifs, aber für Alle, für Strei kende und Nichtstreikende. Der deutsche Kaiser ist von dieser Nothwendigkeit so überzeugt, dafs er ein Gesetz zur Unterdrückung der Einschüch terung bei Streiks vorbereitet. Etwas Aehnliches müssen wir in Frankreich als Correctiv des ab soluten Streikrechts erreichen. Kann man gewissen Anzeichen glauben, so wäre es möglich, dafs einige Parlamentarier darauf bedacht sind, begünstigt durch die Einbringung des Regierungsentwurfs, eine dahin zielende Be stimmung in das Gesetz zu bringen. In diesem Falle also wäre der Streik von Creusot kein vollständiges Unglück, sondern wäre wenigstens zu etwas gut gewesen.“ M. H.! Ich habe dieser französischen An schauung nur wenig hinzuzufügen. In der Tages presse und in den Organen der Richtung, wie sie beispielsweise von der „Socialen Praxis“ ver treten wird, weist man die deutsche Industrie mit Vorliebe auf das Ausland hin. Von diesen aufserordentlich bedeutsamen Darlegungen des „l’Echo des Mines et de la Metallurgie“ habe ich in den genannten Blättern nichts gefunden. Man scheut sich wohl, den Lesern mitzutheilen, dafs man auch im Auslande den Schutz der Arbeits willigen anstrebt und in dem deutschen Vorgehen ein nachahmenswerthes Beispiel erblickt. Das ist auch eine wichtige und charakteristische That- sache, die wir dem Streik in Creusot zu danken haben. — Ueber die weitere Entwicklung der Verhält nisse in Creusot nach dem Streik ist noch zu sagen, dafs nach der Wiederaufnahme der Arbeit die Agitatoren aufs neue mit ihrer Hetzarbeit begannen und ein neuer Ausstand bereits befürchtet wurde. Da raffte sich aber der vernünftige Theil der Arbeiterschaft gegen die Agitatoren auf und gründete nach „Engineering“ ein Antistreikcomitö, dessen Mitglieder, die tüchtigsten und geschick testen Facharbeiter, gegenüber den Drohungen der Agitatoren ihr Leben geradezu aufs Spiel setzten. Aber mit unverdrossenem Muthe gingen sie ans Werk und gründeten einen „Hülfsverein", als dessen Zweck bezeichnet wird, die Würde und die Rechte der Arbeiter gegenüber den Hetzereien der Gewerkvereine zu wahren. Diese neue Organisation, an deren Zustande kommen Hr. Schneider und seine Beamten gar nicht betheiligt sind, hat es im Laufe von einigen Wochen zu mehreren Tausend Mitgliedern gebracht. Am 29. October hielten die Mitglieder dieses Hülfsvereins ihr erstes Meeting im Theater in Creusot ab. Statuten wurden festgesetzt und ein Ausschufs gewählt. Zweck des Vereins ist: Förderung der wirthschaftlichen Interessen der Mitglieder und ihrer Familien, Aufrechterhaltung guter Beziehungen zwischen den Mitgliedern und den Chefs, Wahrung der Disciplin, Entgegennahme und Prüfung von Beschwerden der Arbeiter, und Einreichung der Beschwerden bei der Direction des Werks. Für besondere Zwecke im Interesse der Arbeiter sind dann noch Specialcomites ge bildet worden. Ueber 4000 Mann, ein Drittel der Belegschaft, gehören dieser neuen Vereinigung an ; sie haben einstimmig die folgende Bestimmung in ihre Statuten aufgenommen: „Ein Streik darf nur bei Zustimmung einer Mehrheit von 8/4 der Mitglieder erklärt werden, und erst 10 Tage nach Beschlufsfassung eines Streiks darf mit demselben begonnen werden.“ Nach der genannten Quelle hat es also den Anschein, dafs im Gegensatz zu den durch gewerbsmäfsige Hetzer hervorgerufenen Unruhen und dem dadurch entstandenen Elend eine Aera der Ordnung, des Wohlstands unter den Arbeitern, und der Würdigung dieses Zu stands durch den Arbeitgeber, in Creusot ein treten wird. Es ist dies ein Beweis dafür, was eine kleine Anzahl besonnen denkender und ent schlossener Männer erreichen kann. Möchte die Arbeit dieser Männer von Bestand sein; dann wäre auf die socialistischen Hetzer in Creusot das Goethesche Wort anwendbar: Ein Theil von jener Kraft, Die stets das Böse will und stets das Gute schafft. (Lebhafter, langanhaltender Beifall 1)