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war. Erst von 1816 an begann dauernder Friede; aber die Völker des Festlandes waren erschöpft, und in Deutschland setzten die Zollgrenzen und Schlagbäume an den Grenzen der vierzig Einzel staaten einer erfreulichen Entwicklung jedes ge werblichen Betriebes ein vorläufig noch unüber- steigliches Hindernifs entgegen. So fielen die Früchte der Siege von Leipzig und Waterloo vor nehmlich England in den Schofs. Wenn schon vor der französischen Revolution England im Eisen hüttenbetriebe vor den übrigen Staaten einen Vor sprung gehabt hatte, so nahm nach Beendigung der Kriege die Eisenerzeugung hier einen so be deutenden Aufschwung, dafs die Ueberlegenheit Englands auf diesem Gebiete bedingungslos an erkannt werden mufste und die Staaten des Fest landes ihre einzige Aufgabe zur Hebung ihres Eisenhüttengewerbes darin suchten, England nach zuahmen. Ein Ereignifs aber, welches von höchster T’ragweite für die Entwicklung des Eisenhütten betriebes werden sollte, vollzog sich ungefähr zehn Jahre nach dem Eintritt des Völkerfriedens: die Ein führung der Eisenbahnen mit Dampfbetrieb. „Aus Eisen war sie erzeugt! Von Eisen waren die Schienen, auf welchen sie lief, von Eisen die Maschine, welche die Züge bewegte, von Eisen Kessel und Feuerung, welche den Dampf erzeugten. Nur dadurch, dafs die Eisenindustrie bereits alle erforderlichen Eisensorten in ausreichender Menge zu liefern vermochte, dafs das Eisen so massen haft und billig erzeugt wurde, war es möglich geworden, Eisenbahnen zu bauen. Nicht die Er findung allein konnte die Eisenbahnen schaffen, die Eisenindustrie mufste so weit vorgeschritten sein, wie es der Fall war, um die Verwerthung einer solchen Erfindung zu ermöglichen. Hätte Stephenson dieselben Erfindungen 100 Jahre früher gemacht, so wären sie ohne alle Folgen geblieben, weil die Eisenindustrie nicht imstande war, Eisen genug zu liefern, um Eisenbahnen zu bauen. Eine neue Zeit des Eisenhüttenwesens begann mit der Einführung der Eisenbahnen.“ So spricht sich Beck über die Erfindung aus, und auf Seite 285 bis 307 giebt er eine aus führliche Schilderung ihres Entstehens und ihrer ersten Entwicklung mit Abbildungen der ersten Locomotiven. Die ursprünglich angewendeten Schienen sind auf Seite 266, 267 und 295 ab gebildet, später eingeführte Schienenformen auf Seite 621. Die Hochöfen baute man anfänglich mit starkem Rauhgemäuer, häufig vierseitigem Gestell und einer oder zwei Windformen. Aber die sich mehr und mehr steigernden Ansprüche an die Erzeugungs fähigkeit der Hochöfen führten zu einer fort schreitenden Vergröfserung ihrer Abmessungen, und diese bedingte wiederum Aenderungen in der Art und Weise des Aufbaues. Schon in den zwanziger Jahren baute man in Dowlais einen Ofen mit cylindrischem, etwa 5 m weitem Schacht ohne Rauhgemäuer, nur mit Eisenbändern um geben (Abbildung, auf Seite 237 des Beckschen Werks), welcher in der Woche 105 t, eine für damalige Zeit aufserordentlich bedeutende Menge, Roheisen erzeugte, obgleich er auch nur mit zwei Formen betrieben wurde. Das Gestell freilich war auch bei diesem Ofen noch mit dickem Mauer werk umgeben, welches den Schacht trug; erst später ging man dazu über, auch dieses freizu legen, wodurch zugleich die Anordnung einer gröfseren Zahl von Windformen erleichtert wurde. Einer der ersten Oefen mit freistehendem Ge stell und einem von eisernen Säulen getragenen Schachte wurde 1838 von de Wendel in Hayingen erbaut; aber auch dieser Ofen besafs nur zwei Windformen, wie die auf Seite 506 des in Rede stehenden Buchs gegebene Abbildung erkennen läfst. Obgleich die Gylindergebläse bereits im acht zehnten Jahrhundert eingeführt worden waren, tauchten doch neben ihnen noch verschiedene andere Gebläseformen auf. Ein grofses Wasser gebläse wurde in Sterkrade zum Betrieb eines Hochofens gebaut; hölzerne Balgen, durch den Schweden Windholm verbessert und nach ihm Windholmgebläse genannt, fanden häufige Benutzung, und an Stelle der kostspieligeren eisernen Cylindergebläse verwendete man nicht selten hölzerne Kastengebläse, welche im Anfänge des Jahrhunderts aufkamen.* Allmählich aber wurden alle diese Gebläse durch das Cylindergebläse verdrängt, ob gleich Kastengebläse noch in den dreifsiger Jahren für oberschlesische Werke gebaut wurden. Im Jahre 1829 machte Neilson auf der Clydehütte in Schottland seine ersten Versuche mit der Anwendung erhitzten Windes beim Hoch ofenbetrieb, und trotz der Unvollkommenheit der zuerst benutzten Vorrichtungen war der Erfolg so überraschend günstig, dafs die Erfindung bald ausgedehnte Anwendung fand. Welche Bedeutung die Erfindung für den Eisenhüttenbetrieb und wegen der erzielten Brennstoffersparung auch für die wirthschaftlichen Verhältnisse der eisenerzeugenden Länder erlangt hat, braucht hier nicht ausgeführt zu werden. Ueber die Einrichtung der ersten Winderhitzer und die Schwierigkeiten, mit welchen Neilson anfänglich zu kämpfen hatte, ist in „Stahl und Eisen“ 1895 S. 509 ausführlicher berichtet worden, und das dort Gesagte stimmt mit Becks Berichten im wesentlichen überein. Anfänglich wurden die Winderhitzer durch Rostfeuerung geheizt; 1832 baute Faber du Faur in Wasseralfingen einen Winderhitzer mit liegenden Röhren auf die Gicht des Ofens und liefs ihn durch die Gicht- * Wagerechte Kastengebläse für Handbetrieb sind in China und Japan schon seit Jahrhunderten in An wendung. In Japan werden sie Ofuigo genannt. Anmerkung des Berichterstatters.