Volltext Seite (XML)
1072 Stahl und Eisen. Die Entwicklung der Schnellfeuer-Feldlaffeten u. s. w. 1. December 1898. zwar ausgeführt, aber man war vorweg der Meinung, dafs für eine Feldlaffete daraus eine Verminderung des Rücklaufs nicht zu erzielen sei. Ist nicht eine besondere Hemmung am Laffeten- schwanz angebracht, so wird eher ein gröfserer, als kleinerer Rücklauf zu erwarten sein, weil die Flüssigkeitsrohrbremse den Schufsdruck auf den Laffetenschwanz und damit dessen Reibung am Erdboden vermindert. Eine Verkürzung oder völlige Aufhebung des Laffetenrücklaufs wäre nur dann möglich, wenn der Druck in der Rohrrücklaufs hemmung geringer wird, als der Reibungswider stand am Boden; das ist aber nur durch einen so langen Rohrrücklauf zu erreichen, wie ihn der Feldgebrauch nicht gestattet. Diese auf dem Wege theoretischer Erwägungen gewonnene Ansicht bedurfte jedoch des praktischen Beweises. Lediglich zum Studium dieser Frage | weiten meist nicht nur nicht vermindert, sondern vermehrt wurde. Durch Anwendung eines Sporns läfst sich der Geschützrücklauf wohl hemmen, aber das Bucken der Laffete wird vermehrt. Das auf Abbild. 2 dargestellte Geschütz, auf welchem das Rohr bis zu 1,4-4 m unter Anwendung einer Luftdruckbremse zurücklief, trägt unter dem Laffetenschwanz einen starren Sporn und blieb — infolge des weiten Rücklaufs — beim Schufs fast unbeweglich stehen. Allerdings wird dem ver- hältnifsmäfsig hohen Gewicht der Laffete — das selbe bewirkt eine geringe ballistische Leistung — hierbei ein begünstigender Einflufs zugeschrieben werden müssen. Immerhin wird durch diesen Versuch die vorstehend entwickelte Ansicht vollauf bestätigt. Sprechen schon diese Ergebnisse, die eigentlich ausschlaggebend sein sollten, nicht zu Gunsten der Einrichtung des Rohrrücklaufs, so wird deren wurde eine Reihe verschiedener Gonstructionen im Laufe der Jahre ausgeführt und eingehend erprobt. Besonders interessant ist in dieser Beziehung die Uebertragung der bei der Marine gebräuchlichen Oberlaffete (siehe Abbild. 1) auf die Feldlaffete. Die das Geschützrohr tragende Oberlaffete läuft beim Schufs auf eine nach hinten um 20 0 zur Wagerechten ansteigende Gleitbahn hinauf und wird in diesem Rücklauf durch eine Flüssig keitsbremse gehemmt. Die Neigung der Gleit bahn nach vorn soll das selbstthätige Vorlaufen der Oberlaffete in die Feuerstellung bewirken, wird hierin aber noch durch eine leichte Vorbringe feder unterstützt. Die Schiefsversuche haben die auf theoretischem Wege gebildete Ansicht bestätigt, denn es konnte durch Messung (mit dem Stauchapparat) eine erheb liche Verminderung des Laffetenschwanzdruckes nachgewiesen werden. Daraus erklärt es sich, dafs der Rücklauf des gebremsten Geschützes, aber ohne Hemmmittel am Laffetenschwanz und bei einem Rohrrücklauf von 11/2 bis 4 Seelen praktischer Werth dadurch noch weiter herab gesetzt, dafs sie an sich durchaus nicht einfach ist, das Laffetengewicht nicht unerheblich ver mehrt und einer so sorgsamen Behandlung und Beaufsichtigung bedarf, wie sie im Felde schwer lich durchführbar sein wird. Ein Versäumen des Auffüllens der Bremse mit Flüssigkeit kann, wie durch einen Versuch in der Kruppschen Fabrik festgeslellt wurde, ein Herausschiefsen des Rohres nach hinten zur Folge haben, wodurch nicht nur das Geschütz unbrauchbar wird, sondern auch die Bedienung in Gefahr kommt. Aufserdem ist noch nicht erwiesen, dafs die Flüssigkeitsbremsen sich beim langen Fahrgebrauch, der von an dauernderem Einflufs ist, als der Schiefsgebrauch, bewähren. In England ist in den letzten Jahren die reitende Artillerie mit einem neuen Geschütz, einer 12-Pfünder-(7,62-cm-)Drahtkanone ausge rüstet worden, deren Laffete fast der dem Gruson- werk patentirten Feldlaffete (D. R.-P. 54 029 vom 13. April 1890) gleicht. Das Rohr liegt in einer