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I. December 1898. Die Entwicklung der Schnellfeuer-Feldlaffeten u. s. u>. Stahl und Eisen. 1071 jährige Versuche herbeizuführen vermochten. In der Kruppschen Fabrik bestand schon damals kein Zweifel darüber, dafs Einzelschufswirkung und Beweglichkeit gegenüber den bestehenden Feld geschützen nicht vermindert werden dürfen. Auf dieser Grundlage wurden die Versuche mit Schnell- feuer-Feldlaffeten fortgesetzt, aber dem Einblick Aufsenstehender entzogen und erst jetzt nach sechsjähriger Dauer mit dem Schiefsbericht 89 die mühevoll errungenen Ergebnisse weiteren Kreisen zur Kenntnifsnahme übergeben. Diese Mit- theilungen machen den mit zahlreichen Abbildungen, Photographien und Tabellen ausgestatteten, als Manuscript gedruckten Bericht zu einer Urkunde für die Entwicklungsgeschichte der Schnellfeuer- Feldgeschütze von klassischem Werthe. Es dürfte kaum eine Frage oder mögliche Construction auf diesem umfangreichen Son dergebiete in der Krupp schen Fabrik unerörtert und unversucht geblieben sein. Deshalb dürfte ein besserer Ueberblick über den Ent wicklungsgang der Schnell feuer - Feldgeschütze kaum zu gewinnen sein, als an der Hand des Schiefsberichts 89, der sodann das Ver- ständnifs einiger auslän discher Gonstructionen er leichtert. DasBedürfnifs, den Rück lauf der Feldgeschütze zu beschränken, hat sich kei neswegs erst bei Einführung der Schnellfeuerkanonen geltend gemacht, wie Ver suche in früheren Jahren beweisen. Es lag nahe, dazu die altgebräuchlichen Hemmvorrichtungen des Fahrzeugs zu benutzen; sie wirken entweder gegen die Radreifen, wie der Hemmschuh und der bekannte Bremsbaum mit Bremsklötzen, oder gegen die Naben. Die Kruppsche Fabrik versuchte bereits 1872 verschiedene Neben bremsen, zuerst eine Backenbremse, deren Brems backen mittels Schrauben gegen den Nabenring geprefst wurden, wobei der Mitnehmer Widerhalt bot; sie prefsten den Nabenring oval und blieben wegen zu kleiner Reibungsflächen wirkungslos. Die nothwendige Vergröfserung der Reibungsflächen führte zur Construction der Plattenbremse, die bereits 1872 in allen wesentlichen Einrichtungen derjenigen entsprach, die bei der 1890 erprobten Kruppschen 12-cm-Feldhaubitze zur Anwendung kam. Alle Radbremsen können die rollende Be wegung der Räder auf dem Erdboden nur in eine gleitende verwandeln. Da diese gröfser ist als jene, so mufs der Rücklaufsweg verkürzt werden, erfahrungsgemäfs auf etwa 1/s. Die Rückstofs- energie wird hierbei in Reibung umgewandelt und auf die Räder übertragen, für deren gute Erhaltung deshalb die Rad-, besonders die Nabenbremsen, nicht günstig wirken. Diese Bremsen lassen das Geschütz da stehen, wo es nach dem Verbrauch der Rückstofsenergie stehen blieb. Zweckmäfsiger schien es, den Widerstand der Laffetenwände in ihrer Längsrichtung in Anspruch zu nehmen, wie es der schon seit Langem be kannte Sporn unter der Auflagefläche des Laffeten- Schwanzes vermittelt. Ein solcher starrer Brems sporn war von Krupp schon vor 1872 gelegent lich angewendet worden, ist an den russischen Feldlaffeten C/77 vorübergehend und auch in Spanien im Gebrauch gewesen. Seine Wirksamkeit wächst mit der Festigkeit des Bodens, nimmt aber auch um so mehr die Laffetenwände auf Zer knicken in Anspruch, so dafs gröfsere ballistische Leistung des Geschützes seiner Verwendbarkeit eine Grenze setzt. Eine Folge des kurzen Rücklaufs bei festem Boden ist das Auf- bäumen oder Bucken des Geschützes, das bis zu 50 cm Höhe beobachtet worden ist. Auch hier mufs die ganze Rückstofsenergie von den Haupttheilen der Laffete, den Wänden, auf gesogen und, nicht zu Gun sten der Haltbarkeit, von ihr verarbeitet werden. Es war daher ein grofser Fort schritt, den Rückstofs durch ein elastisches Zwischen mittel aufzufangen und da durch seine zerstörende Wir kung auf die Laffete abzu schwächen. Dieses elastische Zwischenmittel kann direct mit dem Rohr in Verbindung gebracht werden und durch den Rücklauf des Rohres zur Wirkung kommen oder es kann mit dem Hemm mittel am Laffetenschwanz verbunden sein. Bereits 1856 brachte die Kruppsche Fabrik zwischen den Schildzapfen, sowie der Richtwelle und deren Lagern eines hannöverschen 12-Pfünders Gummipuffer an und erzielte bei einem Schiefs- versuch gute Erfolge mit dieser Einrichtung, ging aber nicht weiter darauf ein. Dagegen könnte man die Engelhardtsche Construction der russischen Feldlaffete C/77, deren Achse und Mitnehmer- bolzen mit Gummipulfern versehen waren, als eine Fortbildung der Kruppschen Einrichtung ansehen. Im Jahre 1869 baute Krupp eine Laffte mit hydraulischer Rücklaufsbremse, die später bei den Schiffs- und Küstenlaffeten zur Anwendung kam. Der Vorschlag, eine solche Flüssigkeitsbremse zwischen Rohr und Laffete einzuschalten, wurde * Abbild. 3. Schwenkbarer Rohrträger.