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schiedenen Gattungen bezw. Artikel entfällt, er mittelt sind. So umfafst z. ß. die Position „ feine Waaren aus schmiedbarem Eisen“ alle möglichen Gegenstände, die, einzeln genommen, natürlich im Werthe sehr voneinander abweichen. Liefse sich für jede dieser Gattungen und Qualitäten von Waaren das Procentverhältnifs zwischen Zoll und Werth einzeln berechnen, so würden die Werthzollziffern noch weit gröfsere Abweichungen ergeben, als dies bei den vorstehenden Durch schnittszahlen schon der Fall ist. Nun mufs man allerdings berücksichtigen, dafs derartige Unter schiede in der Zollbelastung theilweise in dem System der specifischen Zölle begründet sind und dafs sie zum Theil auch auf finanziellen oder wirthschaftlichen Erwägungen beruhen können. Ein grofser Theil der in unserem heutigen Zoll tarif bestehenden Ungleichheiten wird aber auf die Mangelhaftigkeit des Tarifs, d. h. auf die ganz veraltete Nomenclatur desselben, zurückgeführt werden müssen. Dafs z. B. Fahrräder ihrem Werthe nach nur ein Zehntel des Zolles zu zahlen haben, dem Roheisen unterliegt, ist geradezu als ein Zollcuriosum zu bezeichnen und liegt allein daran, dafs der Tarif viel zu wenig specialisirt ist. Der Zoll für Eisengufswaaren gröbster Art beträgt 21,7 % vom Werth, der für Stahlfedern nur 6,3, für Nähnadeln nur 3 und für Nähmaschinen (mit Gestell) sogar nur 2,5 %. Wenn Maschinen durchschnittlich einem viel geringeren Eingangszoll unterliegen als die übrigen Eisenwaaren, so hat dies seinen Grund darin, dafs bei Aufstellung des jetzigen Zolltarifs im Jahre 1879, alsov zu einer Zeit, da der deutsche Maschinenbau noch nicht so entwickelt und viel seitig war wie heute, auf diejenigen einheimischen Industrien — u. a. die Textilindustrie — Rück sicht genommen wurde, die damals beim Bezug ihrer Arbeitsmaschinen sich theilweise noch auf das Ausland, besonders England, angewiesen sahen. Der gröfste Theil der Maschinen, die uns England liefert, besteht zwar jetzt noch in Arbeitsmaschinen für die mechanische Spinnerei und Weberei, in deren Herstellung England vermöge seiner eigenen grofsen Textilindustrie die Uebermacht erlangt hat. Dafs aber heute nicht mehr die gleichen Rücksichten auf die Verwendung ausländischer Maschinen zu nehmen sind wie vor 20 Jahren, und dafs sich die etwaige Rücksichtnahme nicht auf alle möglichen Arten von Maschinen, z. B. auch auf Nähmaschinen, landwirthschaftliche Ma schinen u. s. w., zu erstrecken hat, wird kaum einem Zweifel unterliegen. Eine gröfsere Speciali- sirung der Tarifpositionen ist jedenfalls auch hier am Platze, namentlich im Hinblick auf die in letzter Zeit aufserordentlich zunehmende Maschinen einfuhr aus Amerika. Ohne zu der Frage, ob ein höheres oder ge ringeres Mafs von Zollschutz oder die Beibehaltung des bisherigen Mafses geboten sei, Stellung zu nehmen, wird man daher gleichwohl dem Grund sätze einer möglichst weitgehenden Zergliederung des Tarifs, schon um eine gerechtere Vertheilung der Zollbelastung zu ermöglichen, rückhaltlos bei pflichten dürfen. Ganz wird sich diese Zer gliederung, der grofsen Zahl von Waarenartikeln wegen, freilich nicht durchführen lassen. Eine durchgreifende Specialisirung ist übrigens auch schon deshalb nicht gut möglich, weil dann die Unterbringung neuer, im Tarif nicht namentlich genannter Artikel unter eine bestimmte Tarif position erschwert werden würde; die sogenannten Sammelpositionen wird man daher auch in dem neuen Tarif nicht ganz entbehren können. Es empfiehlt sich aber, für solche Sammelpositionen, die Artikel von ganz verschiedenem Werthe um fassen, Werthzölle an Stelle der heutigen Gewichts zölle einzuführen. Für eine Reihe industrieller Artikel, namentlich für werthvollere Fabricate, wie z. B. Fahrräder und Fahrradtheile, Näh maschinen, Schreibmaschinen, sowie für solche, die ausschliefslich dem Luxus dienen, wird ein Werthzoll festgesetzt werden können, ohne dafs dadurch der Tarif im ganzen seinen Charakter als Gewichtszolltarif verliert. Für die verschiedenen Gattungen von Eisenbahnwagen sowie für Strand güter schreibt auch der jetzige Tarif schon Werth zölle vor. Aus den vorstehenden Darlegungen dürfte hervorgehen, dafs die Vertreter der Industrie, wenn der Entwurf zu dem neuen Tarifschema an sie zur Prüfung und Begutachtung gelangt, alle Ver anlassung haben werden, sich eingehend mit dem Texte desselben zu beschäftigen. Später, wenn es sich um die Festsetzung der Zollsätze handelt, wird zu berücksichtigen sein, dafs der neue Tarif nicht blofs das nothwendigste Mafs von Zollschulz darstellen, sondern auch als Grundlage für künftige Handelsvertragsverhandlungen dienen soll, und dafs demnach bei Normirung der Zollsätze ein gewisser Spielraum für etwaige dem Auslande zu gewährende Zollermäfsigungen zu lassen ist. F.