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1034 Stahl und Eisen. Ueber die Fortschritle in den Walzwerks-Einrichtungen. 15. November 1898. bei Knüppelwalzwerken, welche mit Drillingsmaschinen angetrieben werden. Da die Stäbe mit diesem Walzverfahren selbstverständlich auf sehr grofse Längen gewalzt werden können, diese Länge aber wieder einen entsprechenden Rollengang benöthigt haben würde, so hat Morgan eine Lösung gesucht und gefunden, um diesen langen Rollengang zu vermeiden und die ganze Arbeit, sowohl des Walzens wie des Schneidens, auf einen ganz kurzen Raum zu beschränken. Sobald der Stab den letzten Stich verlassen hat, läuft er mit mathematischer Genauigkeit der Oeffnung zu, welche in einer verticalen Scheere zwischen den Messern gelassen ist. Die Amerikaner verkaufen bekanntlich die Knüppel nur in grofsen Längen, welche sich zwischen 24 und 30 Fufs, also 8 bis 10 m bewegen. Hat der Knüppel nun z. B. die Scheere um 10 m passirt, so stöfst derselbe gegen eine kleine Vorstofs- vorrichtung, welche mit dem Wasserventil der Scheere in Verbindung steht; in demselben Augenblick, wo alsdann der Wasserdruck auf die Scheere wirkt, macht dieselbe eine schwippende Bewegung, um den Weiterlauf des Knüppels nicht zu stören, schneidet hierbei ab und geht sofort in ihre verticale Stellung zurück; das abgeschnittene Stück rollt unter dem Vorstofs weiter, und kommt auf einen Rollengang mit konischen Rollen, durch welche es nach der Seite geschafft wird, um nun dem nächsten Stabe Platz zu machen. Der Vortheil des Morganschen Walzwerks liegt nach meiner Ansicht in Folgendem: Einmal ist die Anzahl der Leute im Vergleich zur Erzeugung fast gleich Null; an der Strafse arbeiten höchstens 4 Mann, dies sind die beiden Maschinisten, welche die Scheeren überwachen, und 2 Mann zur Beaufsichtigung der Strafse. Ferner wird das Walzgut nur aufserordentlich geringe Zeit dem oxydirenden Einflufs der Luft ausgesetzt; während bei unseren normalen Knüppel walzwerken der Stab auf Längen bis zu 100 m aus der Walzenstrafse herausläuft und also fort während oxydirt, wird hier nur der vorgewalzte Block von — sagen wir 150 mm Quadrat — in seiner ganzen Länge der Oxydation ausgesetzt und nachher der fertige Knüppel. Während der ganzen Walzarbeit ist die Oxydation selbstredend ver schwindend, aufserdem ist die Walzgeschwindigkeit sehr gering und kann sehr gering sein; infolge dessen ist der Kraftverbrauch auch ein geringer. Die Temperatur des fertigen Stabes ist wesentlich höher als bei gewöhnlichen Walzverfahren, wo durch ebenfalls eine Kraftersparnifs erzielt wird. Weil man ferner bei der geringen Walzgeschwindigkeit nicht mit heftigen Stöfsen zu rechnen hat und die Ballenlänge der Walzen sehr kurz ist, wird das Gesammtgewicht der Strafse im Vergleich zur Arbeitsleistung ein geringes. Einer der Hauptvortheile aber ist der, dafs die grofsen Kosten für die langen Rollengänge vollständig wegfallen. Endlich will ich noch einige Bemerkungen über das neue Trägerwalzverfahren, welches Hrn. Ingenieur Henry Grey patentirt worden ist, zufügen, mufs dabei allerdings vorausschicken, dafs das Wenige, welches ich über dieses Walzverfahren sagen kann, mit Genehmigung des Patent inhabers gesagt wird und ich mich verpflichtet habe, über das, was ich jetzt mittheile, in der Discussion nicht hinauszugehen; ich möchte also bitten, in der Discussion mich hierüber nicht weiter ausfragen zu wollen. Für den Eisenconstructeur bieten die Grey sehen Profile grofse Vortheile: 1. Die Trägheitsmomente der gewöhnlichen deutschen Normalträger, wenn dieselben nach dem Greyschen Walzverfahren hergestellt werden, nähern sich mehr den gerechneten, weil die Abrundungen besonders an den Flantschenkanten geringer sind. 2. Bekanntermafsen trägt das Material im Steg nur wenig zum Trägheitsmoment eines gegebenen Profils bei; nun ermöglicht das Greysche Verfahren, die Stegdicke auf ein Minimum zu reduciren, man erzielt dadurch Träger, welche bei gleichem Trägheitsmoment ein viel geringeres Gewicht haben werden. Die Gonstructionen werden infolgedessen viel leichter ausfallen. Das ist jedenfalls ein Hauptvortheil des neuen Verfahrens. 3. Es können nach dem Verfahren von Grey Träger von grofser Höhe hergestellt werden, welche unbedingt vortheilhaft zu verwenden sind und zwar zum Beispiel als Hauptträger bei kleineren und als Quer- und Längsträger bei gröfseren Brücken; sie ersetzen die theueren genieteten Träger, bieten letzteren gegenüber aufserdem den Vortheil bequemerer Anschlüsse und