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1. April 1896. Ermä/sigung der Eisenbahnfrachten für Schiffbaumaterial. Stahl und Eisen. 287 erforderlichen 100Ü0 kg Roh- und Betriebs materialien ein überwiegender Gewinn gesichert, der gänzlich fortfällt, wenn die Erzeugung unter bleiben mufs. Und so steht die Frage in dem vorliegenden Falle in der That. Grofse Mengen von Fertig erzeugnissen in der Form von Schiffbaumaterial könnten, von den deutschen Werken hergestellt, zahlreichen Arbeitern ein sicheres Brot gewähren, wenn die Königliche Staatseisenbahnverwaltung, als betheiligter Factor, in Erstellung des von uns erbetenen Tarifs, das Ihrige dazu beitragen wollte, | um die Preisdifferenz zwischen englischem und deutschem Material auszugleichen. Wenn wir uns der Hoffnung hingeben, eine Fehlbitte nicht zu thun, so möge Ew. Excellenz uns auch die Erfüllung der weiteren Bitte um eine thunlichst baldige Entscheidung geneigtest gewähren. Wir haben uns bereits gestattet nachzuweisen, dafs die Werften und die Werke allein den Aus gleich des Preisunterschiedes nicht auf sich nehmen können; unsere Bestrebungen, diesen Ausgleich herbeizuführen, hängen daher vollständig von der Entscheidung Ew. Excellenz über die erbetene Frachtermäfsigung ab. Im Falle der Ablehnung würden wir unsere Bemühungen einstellen müssen, im andern Falle erfordert die Organisation der erwähnten Centralstelle so umfangreiche und ein gehende Verhandlungen, dafs wir im Interesse der Sache nicht schnell genug damit beginnen können. Es erübrigt uns nun noch, einen sehr wesent lichen weiteren Punkt bei dieser Frage Ew. Ex cellenz geneigter Erwägung zu unterbreiten. Die jetzt bereits bestehenden Frachtermäfsigungen für den Transport von Schiffbaumaterial haben nur Geltung für die zu Seeschiffen verwendeten Mate rialien. Für den Bau von Flufsfahrzeugen haben diese Vergünstigungen keine Geltung. Diese Unterscheidung erachten wir für unbe gründet und nachtheilig; wir gestatten uns daher, an Ew. Excellenz die gehorsamste Bitte zu richten: die bestehenden ermäfsigten Tarifsätze für den Transport für Schiffbaumaterialien und die event. weiter noch zu gewährende Herabsetzung des in Rede stehenden Tarifs auch auf den Transport solcher Materialien zu erstrecken, die auf deutschem Boden zum Bau von Flufsfahr zeugen verwendet werden. Nach den geltenden zollgesetzlichen und zoll tarifarischen Bestimmungen sind Flufsfahrzeuge und die zu denselben gehörenden Utensilien, sowie Dampfmaschinen und Dampfkessel für Flufsfahr zeuge beim Passiren der deutschen Zollgrenze vom Eingangszoll befreit. Dieser Umstand in Verbindung mit der Thatsache, dafs jene Be günstigung für den Transport von Materialien, die zum Bau von Flufsfahrzeugen dienen sollen, bisher nicht eingeführt war, hat den Bau von Flnl'sfahrzeugen in Deutschland sehr ungünstig | beeinflufst. Die Erklärung liegt in dem Vorsprung, den die ausländischen Werften, besonders die in den Niederlanden belegenen, durch die Verwen dung zollfrei bezogenen und billigeren englischen Materials geniefsen, das dann in den fertigen Fahr zeugen auch zollfrei in Deutschland eingeht. Hier durch wurden die ausländischen Werften in den Stand gesetzt, ihre deutschen Concurrenten derart zu unterbieten, dafs die deutschen Rheder ihre Schiffe, mit denen sie unsere bedeutendsten Ströme befahren, vielfach im Auslande bauen lassen. In der Sitzung des Hauses der Abgeordneten vom 17. Februar d. J. wurde bei Gelegenheit der Berathung des Etats der Bauverwaltung Klage darüber geführt, dafs 80 % der den Rhein be fahrenden Schiffe die holländische Flagge führen. Wenn auch noch andere Gründe zur Schaffung dieses Mifsverhältnisses beitragen mögen, so glauben wir doch als Hauptursache die von uns hervor gehobene Benachtheiligung des einheimischen Baues von Flufsfahrzeugen bezeichnen zu sollen. Durch die hier dargelegten Verhältnisse geht der deutschen Eisen- und Stahlindustrie aber ein bedeutender Absatz von Schiffbaumaterial ver loren, dessen Gewinnung, in Verbindung mit der erstrebten vollständigen Versorgung der Schiffbau anstalten für Seeschiffe, aus den bereits dargelegten Gründen die Leistungsfähigkeit unserer Werke in Bezug auf schnelle Lieferung wesentlich erhöhen, sowie die Beschäftigung der Betriebe wie der Arbeiter mehr sichern würde. Da nun die bereits erwähnten Bestimmungen die Flufsschiffe, die zu ihnen gehörigen Utensilien, sowie die Dampfmaschinen und Dampfkessel, also das für die Flufsschiffahrt bestimmte Material, zolltarifarisch sachlich ebenso behandeln, wie das für den Bau von Seeschiffen bezogene und ver wendete Material, das heifst, die zollfreie Ein lassung desselben in das deutsche Zollgebiet statuiren, so erachten wir bezüglich der bereis eingeführten, sowie der noch weiter zu gewährenden Er leichterungen für die Beförderung auf den Eisen bahnen, eine gleichmäfsige Behandlung des Materials, gleichviel, ob es zur Herstellung von Seeschiffen oder von Flufsfahrzeugen verwendet wird, für dringend geboten. Wir hoffen daher, dafs Ew. Excellenz die Gewogenheit haben werden, auch diese unsere Bitte in geneigte Berücksichtigung zu ziehen und zu erfüllen. Mit vollkommenster Hochachtung und Ehr erbietung Ew. Excellenz ganz gehorsamster Vorstand des Vereins deutscher Eisen- und S t a h 1 i n d ustrielle r. Der Vorsitzende: Der Geschäftsführer: Meyer, Bueck, Geh. Commerzienrath. Mitgl. des Hauses der Abgeordneten.