Volltext Seite (XML)
282 Stahl und Eisen. Zuschriften an die Redaction. 1. April 1896. frischem Rasen eine wirkliche Fabrication, mit Benutzung des guten „Keimes“ der Sache, ganz neu einzurichten. Dieser Irrthum ist vom Herrn Verfasser offenbar durchaus nicht beabsichtigt und konnte für Jemand, der nicht völlig über alle Einzelheiten der Geschichte unserer Röhrenfabrication unter richtet ist, leicht unterlaufen. Um aber meines Bruders Reinhard Mannesmann und meinen An theil an der hier geleisteten geistig-technischen Arbeit nicht verkümmern zu lassen, mufs ich Werth darauf legen, die Thatsache klarzustellen, dafs bei unserm Ausscheiden aus der Leitung der | Werke alle Fabricationsschwierigkeiten bereits ' überwunden waren, und die jetzige Fabri- ! cation in allen wesentlichen Grund- i zügen und Einzelheiten von uns selbst I eingerichtet worden ist. Unsere Nachfolger 'hatten es daher nicht nöthig, an den Walz verfahren und Apparaten Verbesserungen anzu- I bringen, und konnten sich darauf beschränken, i — und haben es auch gethan, — durch sach- gemäfse Führung des Betriebes in dem von uns eingerichteten Geleise und durch tüchtige 1 commerzielle Leitung die Früchte der durch uns überwundenen Schwierigkeiten für die Gesellschaft zu pflücken. Von den einzelnen Punkten, die Hr. Castner berührt hat, möchte ich heute nur folgende hervorheben. 1. Obgleich die Lochbildung ohne Dorn zwar das theoretische Grundprincip unseres Schräg walzverfahrens bildet (denn auch wenn m i t Dorn gearbeitet wird, entsteht das Loch nicht durch die Arbeit des Dorns, sondern hauptsächlich durch : die Wirkung der Walzen), so ist doch in keinem | Stadium der Fabrication praktisch je ohne Dorn I geblockt worden, abgesehen von Experimenten, um das Princip zu demonstriren. Zur Erzielung | eines verkaufsfähigen Productes ist die egalisirende, i glättende Arbeit des Dorns im Innern des ent- I stehenden Rohres nothwendig. Die Folgerungen, welche der Herr Verfasser an das Blocken ohne Dorn im praktischen Betriebe knüpft, sind daher unrichtig. 2. Die Idee zum „Pilgerschritt“ fafste ich im Herbst 1889; der Auftrag zur Patentirung wurde meinem Patentanwalt am 23. April 1890 ertheilt, also vor Bildung der jetzigen Gesellschaft. Es herrscht vielfach der Glaube, — dem auch Hr. Castner Ausdruck giebt, — dafs dieses wichtige Verfahren erst später im Dienst und mit den Mitteln der Gesellschaft gefunden sei. 3. Die Deutsch-Oesterreichischen Mannesmann röhren-Werke arbeiten, was die Schrägwalzerei und den „Pilgerschritt“ betrifft, genau mit den Walzwerksformen, Arbeitsverfahren u. s. w„ die mein Bruder und ich eingerichtet haben. Selbst die von uns aufgestellten Walzennormalien sind heute noch mafsgebend. Die in der Abhandlung erwähnte, heute auf den Werken benutzte „selbst- thätige Maschinenführung für den Dorn beim Pilgern“ ist von meinem Bruder und mir con- struirt, sowie eingeführt. 4. Die Fabrication von Siederöhren, Bohr röhren und Muffenröhren in Komotau, von Kohlen säureflaschen, Stromzuführungsmasten, Tele graphenstangen, Muffenröhren mit Gewindemuffen und hydraulisch angeprefsten Muffen, Hochdruck- leitungsröhren, Geschossen, rohrförmigen Vor fabricaten zur Anfertigung von Fahrradröhren u. s. w. in Remscheid bezw. Bous, ist nicht erst von der jetzigen Leitung, sondern schon von uns eingerichtet. Die Herstellung der beliebten Doppelbörtel an Röhren durch Pressen ist während der Zeit unserer Direction, hauptsächlich von einem der damaligen Ingenieure (E. Volmer, jetzt Civil- Ingenieur in Remscheid) und einem Werkmeister der Gesellschaft, in der hydraulischen Einrichtung und dem Arbeitsverfahren vollständig durchgebildet worden. Die ersten zusammengesetzten elektrischen Masten, welche sich inzwischen glänzend bewährt haben, sind 1892, und die ersten elektrischen Masten aus einem Stück, nach oben abgesetzt verjüngt, welche auch heute noch das Voll kommenste auf diesem Gebiete darstellen, sind 1893 von uns zuerst hergestellt; ebenso wurden schon damals Röhren von 235 mm Durchmesser im Pilgerwalzwerk, und von 300 mm Durch messer im Schrägwalzwerk gewalzt. Es ist selbstverständlich, dafs vor Erzielung einer völlig normalen Fabrication bei einem so grundlegend neuen Verfahren viele Experimente vorausgehen müssen, die mehr oder minder zum Erfolg führen und auch mehr oder weniger Geld kosten. Nach Erledigung der Experimente ist es natürlich für Jedermann leicht, ein Urtheil über den Werth oder Unwerth derselben abzugeben Das Resultat dieser Experimente ist eben die heutige Form unserer Fabrication. Hätte man vorausgesehen, dafs sich naeh Ueberwindung der aufgetretenen Fabrications-Schwierigkeiten mehr fach neue entgegen stellen würden, so hätte man selbstverständlich den Betrieb rechtzeitig einge schränkt, durch dessen volle Aufrechterhaltung allerdings ganz bedeutende Verluste entstanden sind. Andererseits ist zu berücksichtigen, dafs ohne eine starke betriebsmäfsige Durchführung die Schwierigkeiten der praktischen Fabrication wohl kaum in solch’ verhältnifsmäfsig kurzer Zeit hätten überwunden werden können. Für die gelungene Durchbildung unserer Sache spricht noch, dafs das gröfste französische Schweifs röhrenwerk, die Socit d’Escaut et Meuse in Anzin bei Valenciennes, sich vor kurzem ent schlossenhat, die Fabrication nathloser Röhren nach meines Bruders und meinen Patenten in Frankreich ingrofsem Mafsstabe, und nach meinen Zeichnungen