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508 Stahl und Eisen. Untersuchung eisenhüttenmännischer Erzeugnisse. 1. Juni 1895. aber 0,7 bis 0,8 % Kohlenstoff. Immerhin darf die Zusammensetzung des vorliegenden Flufs- eisens nicht als schlecht bezeichnet werden, namentlich, da die Excenterwalzen mehr auf Druck, als auf Zugfestigkeit .in Anspruch ge nommen wurden. Keinesfalls darf die Zu sammensetzung des Flufseisens als Ursache der Blasenbildung und des Bruches angesehen werden.* Nach der Analyse kann das Material aus dem Tiegel, dem sauren Martinofen und der sauren Birne entstammen, aber auch aus dem basischen Martinofen, wenn nachträglich Silicospiegel (Ferro mangansilicium) zugesetzt war. Bruch und Blasenoberfläche. Der unter dem Dampfhammer im kalten Zu stande der Probe hergestellte Bruch zeigte ein durchaus gleichmäfsiges, körniges Gefüge. Dieses Gefüge geht — wie Fig. 4 auf Tafel VII zeigt — bis unmittelbar an die Blasenoberfläche. Nirgends zeigen sich Ueberzüge oder kleinere Blasen in dem festen Eisen; weder mit blofsem noch mit bewaffnetem Auge sind Veränderungen des gleich- mäfsigen körnigen Gefüges selbst in unmittel barer Nachbarschaft der Blasenoberfläche zu er kennen, noch ändert sich dieses Gefüge unterhalb der Blase im Vergleich mit dem am Rande der Welle zusammenhängenden Theil. Die Blasenoberfläche zeigt ein zackiges Ge füge; deutliche Krystallbildung ist nirgends zu bemerken; die Körner des Eisens sind viel mehr erstarrt, ehe eine Krystallisation stattfinden konnte. Nichtsdestoweniger zeigen sich hin und wieder Anfänge von Krystallisation, genau von der Beschaffenheit, welche eine unter Luftabschlufs schnell erstarrende Eisenoberfläche zu zeigen pflegt. Kleingefüge von Schliffen. Schliffe wurden hergestellt: 1. parallel zur Achse am Rande der Welle, 2. parallel zur Achse nahe der Mitte, 3. rechtwinklig zur Achse, 4. parallel zur Blasenhaut. Die Schliffe parallel zur Achse zeigen am Rande, wie in der Mitte annähernd das gleiche Kleingefüge, welches in Fig. 5 im Mafsstabe von 15:1, in Fig. 6 im Mafsstabe von 49:1 (linear) wiedergegeben ist. Das Gefüge zeigt deutlich langgestreckte Adern von Ferrit (Homogeneisen**), welche das Krystall eisen einschliefsen. Die Streckung verläuft parallel zur Achse der Welle, also parallel zu dem Cylinder- mantel d. h. der Abkühlungsfläche. Die Ver- gröfserung im Mafsstabe von 49:1 läfst eine gruppenweise Anordnung erkennen; lagenförmig werden die deutlichen Gruppen von Krystalleisen mit ihren Umhüllungen von Ferrit durch gang artige Bänder feineren Gefüges getrennt. * Vergl. Wedding, „Eisenhüttenkunde“, 2. Auf lage, Bd. I, Seile 232. ** Vergl. „Stahl und Eisen“ 1893, Seile 975. Der Schliff rechtwinklig zur Achse der Welle zeigt ein auf den ersten Blick ganz anderes Ge füge; das Netzwerk von Ferrit ist — wie Fig. 7 darstellt — nicht langgezogen, sondern gleich- mäfsig nach allen Richtungen ausgedehnt, um schliefst daher auch Maschen von Krystalleisen, welche im wesentlichen kreisförmig erscheinen. Vergleicht man hiermit nun das — nicht mit abgebildete — Gefüge, welches einem parallel zu dem aufsteigenden Rande der Blase, unter 45° zur Achse, liegenden Schliffe angehört, so sieht man auf der Stelle, dafs dies einen schrägen Schnitt darstellt, d. h. zwischen den vorhin be schriebenen beiden Gefügearten liegt. Dieser Schliff liefert den Beweis, dafs Schliff Fig. 7 nichts weiter ist, als der rechtwinklige Durchschnitt durch die langgezogenen Gefüge theile der Fig. 5 und 6. Im übrigen ist auf dem Schliff parallel zur Blasenoberfläche, obwohl er so dicht wie möglich an dieser Oberfläche ge nommen war, kein Einflufs der Blase zu bemerken. Schlufsfolgerungen. Tiegelflufseisen zeigt stets ein sehr fein körniges Kleingefüge (vergl. z. B. Fig. 129 in meiner „Eisenhüttenkunde“, 2. Auflage, Seite 138), der Ferrit ist stark verästelt. Bessemer- oder Thomasflufseisen zeigen stets grobkörnige Kleingefüge mit, je nach dem Kohlenstoffgehalt, breiteren oder schmäleren Ferritadern; die letzteren verlaufen glatt ohne erhebliche Verästelungen. Martinflufseisen pflegt in der Mitte zu liegen und daher das Gefüge zu zeigen, welches Fig. 7 darstellt. Hiernach ist es wahrscheinlich, dafs die vor liegende Welle aus dem Martinofen gegossen ist. Ich mufs aber das „wahrscheinlich“ betonen, weil die Zahl der Vergleiche zu klein ist, um die Behauptung mit Sicherheit aafzustellen. Ist aber diese Annahme richtig, so mufs unter Zuhülfenahme der Analyse geschlossen werden, dafs das Metall im basischen Martinofen erzeugt und ihm Ferromangansilicium zugesetzt worden ist, und zwar letzteres in hohem Mafse, voraus sichtlich, um den Gufs recht dicht zu machen. Das Ziel ist in Bezug auf das Grofsgefüge an sich vollkommen erreicht. Das Gefüge ist so gut, als nur verlangt werden kann. Woher kommt nun der Blasenraum? Eine ganze Reihe von Beobachtungen hat mir gezeigt, dafs in gut gelungenen Güssen aus dem Martin ofen, d. h. in Flufswaaren, welche im Handel gewöhnlich mit der falschen Benennung Stahl- fatjongufs belegt werden, der Ferrit nach allen Richtungen hin ein gleichmäfsig ausgedehntes Maschenwerk bildet, dafs dagegen bei zu heifsen ! Güssen das Maschenwerk rechtwinklig zur Achse, | also auch rechtwinklig auf der Abkühlungsfläche | des Mantels ausgedehnt ist. Man darf mit Sicher-