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Dresdner Journal : 26.11.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187411265
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18741126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18741126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-11
- Tag 1874-11-26
-
Monat
1874-11
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Journal : 26.11.1874
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V 274. ^doai»si»e»t»prow: I» L.t^. - Lviod« tritt ko«t- avä ztjkdrlivdi 1 Httr. 1b du»«a. Livip!v»Humm«rvr 1 Hssr. I«»«r»tsnprel»sr ^ilr 6ev lt»mo siosr ^««pitlwnvll ?etit»«ile: 2 ^ssr. , Ovtvr „i'ill^s»»oclt" Äio Avils: b dl Lr«ok«l»eo: IL^Iick mit >u,u»t»w« äsr 8ooo- vmt ksiert^x«, ^bsvci» Mr 6«v fol^vväso Donnerstag, den ?6. November 1874 Dres-nerAmmml. Verantwortlicher Redacteur: Commissionsrath I. G. Hartmann in Dresden. lo«or»t<-n»nn»kmo LU»Wsrt»r Lvlpil^: /->. 4<ra»ci«1rtter, 6ommi«siooLr Äs« DrvsÄasr 4oura»l»; edeott»«.: Hyrn /-'ort u. 4t 4<>r^er,- Lmod-rU-IsrU». Vi«»-L«il>,i,.»«»«I-»r«,I»u-rr»LiMirt »N: 44a««,rn«t«n F t'sA/rr, Lsrim Vi»»-S»mdur^-?r«E-l^ip,1^-kr»Lil- kurt «.».-»ÜLek«»: 4t»et L«rUo: ^ 4^smri/rr, In,'aiiÄrnÄanlt,4/.^Lrre/»t, Lr«m«o: L'8c/»isttr, br«, l«ii: F Äu«yk»i'» öürs»u; ObsmLlti: 4-r 45xAt, kartn ».: 4 ^/rieArr'nelis il.^.tt./4<r, »tn»»'e>stis liucltt'^ 6,'rlitr: /ttl /t , Niuoovsr: c?. , <t' t'».,- Slutt^arl: /-ttu/,e «! t'"., 4rüu'Ä. , Visu: >1/ c-Mk/id. 1!, i »Ndi^s ltsrr llö'ni^!. l'^> > itloii >1 > Hx^Iixi' .lniirnitls, Für den Monat Deeemder werden Nachbestellungen auf da« „Dresdner Journal" angenommen für auswärts bei allen Postanstalten, für Dresden links der Elbe bei der unter zeichneten Expedition, für Dresden ilchts der Eibe in derBach'- scheu Buchhandlung <Hauptstraße 22). Der Preis für diesen Monat beträgt 15 Ngr. Für die Weihnachtszeit finden Inserate aller Art im „Dresdn. Iourn." eine sehr geeignete Verbreitung. Die In sertion «g e b ü h r e n werden im Inseratentheile mit 2 Ngr für die gespaltene Zeile oder deren Raum berechnet; für Inserate unter der Rubrik „Einge- sandteS" sind die Insertionsgcbühren aus 5 Ngr. pro Zeile feügestellt Ä önigl. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Theil. Dresden, 23. November. Se. Majestät der König haben dem Compagnie-Chef im 2. Grenadier-Negimente Nr. 101 „Kaiser Wilhelm , König von Preußen", Haupt mann von Bremer, das Ritterkreuz des Albrechts ordens und dem Büchsenmacher Einhorn vom Artil lerie-Depot die goldene Medaille desselben Ordens aller- gnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Theil. Uebcrstchl. Telegraphische Nachrichten. Leitungsschau. (Moskauschc Zeitung.) TageSgeschichte. (Dresden. Berlin. Wien. Paris. Genf. Madrid. London. St. Petersburg. Pernam buco.) Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzial - Nachrichten. (Leipzig. Crimmitschau. Annaberg. Pirna. Kamenz.) Vermischtes. Statistik und VolkSwirthschaft. Eingesandtes. Feuilleton. Inserate. TageSkalender. Beilage. Deutscher Reichstag. (Sitzung vom 24. November.) Börsennachrichten. Telegraphische Witterungsberichte. Inserate. Uelcyraphilchc Nachrichten. Wien, DienStag, 24. November, Nachmittags. (Corr.-Bur.) In der heutigen Sitzung deS Ab geordnetenhauses gab der HandelSminister Ur. BanhanS, bei Beantwortung mehrer Interpella tionen betreffs der Ausführung neuer Eisenbahn linien, ein Erposs über den derzeitigen Stand der österreichischen Eisenbahnbautln. (Vgl. die ausführ lichen Mittheilungen unter „Tagcsgeschichte.") London, DienStag, 24. November, Nachmit tags. (W. T. B.) Au» Dover wird gemeldet, daß sich die Kaiserin von Rußland heute Vormittag um 'Zt11 Uhr in Begleitung deS Großfürsten- Thronfolgers und des Großfürsten AlrriS nach Calais eingeschifft hat. Der Herzog v. Edinburgh, der russische Botschafter, Graf Schuwalow, und der Oberkammerherr der Königin, LiScount Syd ney, geleiteten die Kaiserin bis Dover. Die gc- sammle Garnison bildete die Ehrenwache. Nach hier eingegangenen Nachrichten auSBom - b ay hat Shir Ali Kyan die Verhaftung von Ja- cub Khan auS Besorgniß vornehmen lassen, daß Letzterer Herat an Persien abtreten werde. — Nach Berichten, welche der ,,Times" aus Kalkutta zu gegangen sind, fürchtet man dort, daß die Gefan gensetzung von Jacub Khan ernsthafte Verwicke lungen zur Folge haben und zu einer Jnterven- tion der Regierung von Ostindien Veranlassung geben könne. Dresden, 25. November. Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Rußland hat bekanntlich unter den in einige» süd lichen Gouvernements dieses Landes zahlreich angesie- delten Mennoniten große Unrnhe und Aufregung hervorgerufen. Auf ihren religiösen Ueberzeugungen ba- sircnd, documentircn dieselben einen so entschiedenen Widerwillen gegen den Militärdienst, daß die Regierung sich bewogen gesehen hat, den besonderen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Diese thätigen und für die Cultivi- rung des inneren Landes überaus förderlichen Coloni- sten zeigten sich rasch entschlossen, lieber auszuwandern, als ihre Ueberzeugungen aufzuopfern, und fo mußte die Regierung, wollte sie den dem Lande drohenden Ver lust abwenden, wohl oder übel sich zu Modifikationen des allgemeinen Wehrgesctzes bereit finden lassen. Um die unter den Mennonitencolonien entstandene Bewe gung womöglich noch im Keime zu ersticken, sandte der Kaiser seinen berühmten Generaladjutanten Totleben mit wichtigen Vorschlägen dahin ab. Diesem ebenso wohlwollenden wie umsichtigen Manne gelang es, wie ehemals in hervorragenden Waffenthatcn, so jetzt in friedlicher diplomatischer Sendung, das in ihn gesetzte Vertrauen glänzend zu rechtfertigen. Er verstand es, sei nerseits von den Mennoniten mit vollem Zutrauen aus genommen, dieselben von den gnädigen Absichten des Kaisers zn überzeugen, zum Aufgebcn ihrer Auswande rungspläne zu bewegen und eine für alle Theile er wünschte Vereinbarung zu Stande zu bringen. Ueber den Inhalt derselben entnehmen wir der „Moskau'- schen Zeitung" folgende interessante Mittheilung: Die Mehrzahl der Mennoniten im Taurischcn und Jekaterinoslawschen Gouvernement fand General Tot leben in Bewegung. Die Vernünftigeren sahen alle 'Nachtheile einer Auswanderung ein und begnügten sich mit den ihnen bereits gesetzlich zugestandenen Privile gien (Erlaß des Eides, Ableistung des Dienstes außer der Fronte in Hospitälern, Fabriken rc. und Aufschub der Dienstableistung auf 6 Jahre, resp. 25 Jahre für die zuletzt Eingewandertcn). Sic fürchteten aber, sich darüber auszusprechen. Andere wünschten ebenfalls die Auswanderung zu vermeiden, kamen aber über ihre religiösen Scrupel selbst hinsichtlich der für sie so be deutend modificirtcn Wehrpflicht nicht hinaus. Ein geringer Theil hatte sich heimlich entschlossen, jedenfalls in Rußland zu bleiben, und wollte die Gelegenheit zu billigem Ankauf der Häuser und Ländereien der Aus wanderer ausnutzen. Der General Totlcden ver sammelte die maßgebenden Persönlichkeiten zu verschie denen Malen, suchte ihre Bedenken zu zerstreuen und erklärte ihnen, daß Seine Majestät in Anbetracht der Verdienste der Mennoniten während der Krimcampagne und ihrer musterhaften Arbeitsliebe ihnen folgende weitere Privilegien gewähre: 1) Ableistung der Dienst pflicht nicht im Militärrcssort, sondern in den Civil- ressorts, hauptsächlich in dem neurussischen Gebiet und den angrenzenden Gouvernements. Die Mennoniten sollen verwendet werden: als Forstwächter des Do- mäncnministeriums, als Arbeiter besonders in den Nikolajew'schen Werkstätten, als Feuerlöschmannschaft und endlich als Lazarcthbedienung im Civilressort. 2) Die Mennoniten werden nicht, wie sie befürchteten, einzeln unter andere Dienende zerstreut, sondern zu be sonder» Gruppen vereinigt werden, so daß sie ihren rcli- »iösen Gebräuchen gemeinsam obliegen können. 3) Nach flblauf des activen Dienstes werden die wieder einbc- rusenen Mennoniten nur zu der früher von ihnen ge leisteten Thätigkeit bestimmt werden, jedenfalls vom Wassentragen befreit sein und außerhalb des Rayens her kriegerischen Actionen bleiben. Die Mennoniten be- Juhigten sich daraus hin, gaben ihre Auswanderungs- Pläne auf und baten nur um Folgendes: l) daß ihnen aestattet werde, sich darüber auszusprechen, welche der bezeichneten Dienslarten sie nach endgiltiger Berathung vorziehen; 2) daß ihnen der Abzug aus dem Reiche frei stände, sobald später der ihnen bewilligte Modus der Dienstpflicht verändert werden sollte. (Durch diese Bitte wollte die gegenwärtige Generation die Verant wortung vor deit kommenden Geschlechtern, falls ihre Militärprivilegien in der Folge doch aufgehoben werden sollten, von sich abwälzen); 3) daß die Regierung die Mennonitenschulen unter ihrer eigenen Verwaltung und Aufsicht lasse, denselben aber die entsprechenden Rechte der andern Schulen im Reiche verleihe. Dabei ver pflichten sie sich, schon aus Pflichtgefühl gegen die Hei- math, dem russischen Unterricht besondere Aufmerksam keit zuzuwenden. General Totleben hatte sich selbst von dem Eifer überzeugt, mit welchem in den Schulen Russisch getrieben wird. Die Geschäftsführung in der Dorf- und Gemeindeverwaltung geschieht in russischer Sprache und ist in musterhaftem Zustande. Nothwcndige Auskünfte ertheilten die Verwaltungen sofort und in russischer Sprache. 4) Daß es den Mennoniten erlaubt werde, tote das durch die Concentrirung der jungen, dienen den Mennoniten ermöglicht werde, über die Letzten: eine Aufsicht auszuüben, ihnen geistlichen Beistand zu leisten und religiöse Disciplin unter ihnen aufrecht zu erhalten, wie ihre Confessio:: ihnen das verschreibe. Soviel der „Mosk. Ztg." bekannt ist, haben die Mcn- noniten sich selbst noch nicht für eine specicllc Dienstart unter den ihnen vorgeschlagcnen entschieden In den Verhandlungen mit dem General Totleben neigten sie sich zun: Dienst als Forstwächter und in Werkstätten, noch mehr aber äußerten sie den Wunsch, in Südruß land Wälder aufzuforsten und Gärten einzurichtcn. Sie erboten sich, zu diesen: Zweck an bestimmten Punkten Caserncn aufznbaucn und auf ihre Rechnung ihre zum Dienst cinbcrufencn Glaubensgenossen zu unterhalten. Sie fürchten nämlich, daß die jungen Mennomtcn in den Städten den Lockungen des städtischen Lebens nicht widerstehen könnten, und sind, nm das zu vermeide«, zu jedem materiellen Opfer bereit. Die Vorschläge des Ge nerals Totlebcn müssen jetzt formulirt und zum Gesetz erhoben werden, was die nächste Sorge der besonderen Behörde für die Militärdienstpslicht sein wird. Es muß noch, bemerkt schließlich das russische Blatt, hervorgcho- ben werden, daß die mcnnonitischen Colonien ihrer Um gebung bedeutenden Nutzen bringen. Ihre Landwirth- schaft ist mustergiltig und wird auch factisch als Muster benutzt. Sic haben schon viele Werkstätten zur Anfer tigung landwirthschastlichc: Geräthe und Maschinen, welche den localen Verhältnissen angemessen und billig sind. Nicht nur Gutsbesitzer, auch Bauern kaufen bei den Mennoniten Pflüge, Säemaschinen, Sensen, Dresch maschinen u. s. w. Ein Hauptbedürfniß des Staates in: Süden Rußlands ist die Bewaldung der Gegend. Im Äussersten sind die Mennoniten zweifellos Meister. Sie haben auf ihrem Laude Forsten angelegt, die ihnen jetzt nicht allein Material zu häuslichen Bedürfnissen, sen den: auch schon Brennholz geben. Die südrussischen Mennonitencolonien werde:: jährlich etwa lOO Recruten zu stellen daben. Bei der mittleren jährlichen Dienstzeit giebt das ein Contingent von 300 Mann. Wenn die Regierung auch die Hälfte von ilmen zu Forstarbeiten benutzt, so kann sie durcb diese 150 erfahrenen Wald wächter die Bewaldung, die bisher keine Resultate ge geben, bedeutend fördern. Tngrsgtschichle. Dresden, 25. November. Ihre Majestäten der König und die Königin werden heute Abend nach lO Uhr aus Altenburg zurückerwartet. Bei der Ankunft Ihrer Majestäten in Altenburg, welche vorgestern Mit tag gegen l Uh: erfolgt ist, wurden Allerhöchstdieselben im Bahnhofe von Ihren Hoheiten den: Herzog und der Frau Herzogin, sowie dem Prinzen Moritz empfangen. Auch hatten sich zur ehrfurchtsvollen Begrüßung Ihrer Majestäten das Officiercorps und ein zahlreiches Publi cum eingefunden. Nachdem Se. Majestät der König, begleitet von Ihren Hoheiten dem Herzoge und dem Prinzen Moritz, die aufgestellte Ehrcncompagnie, wäh rend das Musikchor die Lachsenhymne spielte, besichtigt hatte, begaben sich die hohen Herrschaften in die bereit stehenden Wagen und fuhren in das Residenzschlvß. Abends wohnten Höchstdicjelben einer Vorstellung im Theater bei. Sodann war militärischer Zapfenstreich. Für gestern und heute waren ein Hofconcert und eine Jagd in der Leina-Waldung in Aussicht genommen. u. Berlin, 24. 'November. Der Reichstag be gann heute die erste Lesung der Justizgesetze, welche von den Justizministern Or. Leonhardt, v. Mittnacht und Dr. v. Fäustle mit einleitenden Bemerkungen über jedes der drei Gesetze eröffnet wurde. Von Abgeordneten kamen heute zum Wort Dr. Lasker, l)r. Schwarze und und I)r. Windthorst. (Vgl. den Sitzungsbericht in der Beilage.) — Es bestätigt sich, daß der Reichskanzler in den nächsten Tagen dem Bundcsratbe eine Vorlage machen wird über die Modalitäten, unter welchen die Umwandlung der preußischen Bank in eine Reichsbank in Aussicht genommen wird. Nia» darf sich der Hoff nung hingebcn, daß durch diese Maßregel auch die spe- cicllen Interessen Sachsens eine bessere Berücksichtigung finden werden, als dies nach dem jetzt vorliegenden Bankgcsctzcntwurf geschieht. — 'Nach der nunmehr dem Reichstag zugcgangenen spcciellcn Berechnung der nach dem Entwürfe zun: Reichshaushaltetat für 1875 zur Deckung der Gesammtansgabe aufzubringenden Matri- cularbeiträge beträgt der auf Sachsen entfallende Antheil 4,723,04-5 Mark gegen das laufende Jahr mehr 1,628,605 Mark. * Berlin, 24. November. Se. Majestät der Kaiser empfing gestern Nachmittag um 4 Uhr den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck zun: Vortrag. — Sc. kaiserliche und königliche Hoheit der Kronprinz begab sich heute Vormittag von Potsdam nach Kassel und wird von dort an: 26. d. Mts. über Hannover nach der Göhrde reisen. — Der Bnndesrath hielt gestern unter Vorsitz des Staatsministers Or. Delbrück Plenarsitzung. Vorgclcgt wurden: das Verzeichniß der vom Reiche durch specicllc Rcchtstitcl erworbenen Grund stücke und der zu St. Petersburg am 12. 'November (31. Oktober) d. Js. unterzeichnete Vertrag mit Ruß land, betreffend die Sicherstellung und Regulirung von —— — Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Jllustrirte Editionen. „Neues Richter-Album, Illustrationen zu W.O. v.Horn's Schriften. Frankfurt a.M. Sauer- länder's Verlag. — „Landschaften von Ludwig Richter". In Originalradirungen mit Text von Lücke. Leipzig, Verlag von Alphons Dürr. Jedes Werk von Ludwig Richter ist ein Geschenk für die Freunde echt deutscher Kunst überhaupt, denn selten hat sich wohl ein Zeichner in die nationalen Eigentümlichkeiten, in die Kleincharakteristik des bürger lichen und häuslichen Lebens, in die individuell poetische Sphäre von Jugend und Alter, von realer Wirklichkeit und phantastischer Märchcntränmcrei so innig und an spruchslos productiv versenkt, wie der eben genannte Künstler. Seine Kraft hat sich deshalb eine solche Fülle und Mannichfaltigkeit bewahrt, weil sie dem Leben und seinen täglichen Ereignissen gegenüber so naiv und kind lich geblieben ist und überall im Besonderen das Generelle, im Gewöhnlichen die Keimpunkte des Außerordentlichen sieht. Sein unbefangener Blick sucht nicht nach weit entlegenen malerischen Themen, sondern er liest den malerischen Texct in den Dingen und in den Begeben heiten unseres Daseins selbst und giebt den Inhalt in der beredten Bilderschrift seines Schaffens mit fröhlicher Einfalt wieder. Dies ist ein nie gealterter Zug in Richtcr's Wirken, der das künstlerische Seitenstück ist zu dem Weltgenuß harmloser Jugend, die in aller Um gebung, im starren Gestein, im beweglichen Gethier, in Baum und Blume, in Frühlingshauch und Sonnenlicht, in Glück und Mißgeschick rin beseeltes Etwas erblickt, dessen inneres Wesen Gestalt und Ausdruck ahnen läßt - oder durch die Einbildungskraft wirklich annimmt. Was Richter in jenem allgemein angedcutcten Sinne als Illustrator geschaffen oder in die Fabel, in das Märchen, ins Volkslied, in die volksthümlichc Er zählung hineincomponirt hat, glänzt nicht sowohl durch Erfindungskraft oder Vollendung der Zeichnung, son dern es spricht uns liebevoll an durch die schlichte Treu herzigkeit der Empfindung. Indem es das allgemein Menschliche tief berührt, ruft es in Nord und Süd, in Alt und Jung den Eindruck und den Reiz des Hcimath- trauten unablässig wach. Diese sich nie abstumpsenden, anmuthigcn Effecte, welche die leise, aber überzeugende Sprache der Beschei denheit reden und unsere freundliche Theilnahme nur für kleine Episoden und nicht für die Welt- und Staats actionen der Kunst erbitten, zeigt sich auch in der oben er wähnten neuen Edition, die als „Neues Richteralbum" des Meisters Illustrationen zu Horn's beliebten Schriften bilden. Viele dieser liebenswürdig ausgeführten Bilder sind der „Spinnstube" entlehnt, viele einzelnen Erzäh lungen Oertel's (v. Horn's). Das ganze Werk umfaßt zwei Bände, solid und elegant ausgestattct; die Holz schnitte sind sorgsam ausgcführt und mit Accuratesse gedruckt. Aehnlich wie diese Edition eignet sich zu Festge- schrnken auch die zweite aus dem rühmlich bekannten Alphons Dürr'schen Kunstverlag: „Landschaften von Ludwig Richter." Es sind zwölf Originalradirungen mit Text von 1>r. H. Lücke, Wiedergaben, aus welche das künstlerische Streben des Verlegers großen Stach druck verwandt hat und dadurch den Freunden Richter s einen sehr willkommenen Zugang zu dessen cigenthüm- lichem Naturell bot. Die Landschaft hat sich keineswegs als die wahrhafte Künstleraufgabe Richter's erwiesen; der Schwerpunkt und vielmehr noch dic Entwickelung seines Talentes liegen auf einem andern Gebiete. Aber Lücke hat sehr recht, wenn er findet, daß in der Kunst Richter's das Landschaftliche eine durchaus bedeutsame Stelle einnimmt. In jenen kleinen und doch so uner schöpflich reichen Compositionen, welche Richter's Wesen am besten repräscntircn und durch den Holzschnitt schon längst zun: Gemeingut der Station geworden sind, ist der Reiz landschaftlicher Poesie auf das Mannich- fachstc verflochten, in tausendfältigen Zügen erkennt man hier die Hand eines Meisters, der mit dem Geiste land schaftlicher Schönheit innig vertraut ist. Richtcr's Vater, von den: der Künstler den ersten Unterricht empfing, war Kupferstecher, und mit ihm gemeinschaft lich radirte Ludwig, kaum fünfzehn Jahre alt, eine Reihe landschaftlicher Ansichten und es wurde durch diese Anfänge bereits der erste Keim zu seinen landschaftlichen Darstellungen gelegt. Doch er fand in früher Jugend für sein Studium nur eine bcktagcnswerthc Anregung und Leitung. In Dresden übte damals das akademische Zopfthum noch viel abtödtendcr, als späterhin seine Herr schaft aus. Die Landschaft war dabei noch schlimmer daran, als andere Kunstgcbietc. In dem steifen Schema tismus des Componirens, in der schabloncnmäßigcn Be- kandluna aller landschaftlichen Formen wurde das Er staunlichste geleistet. „Einer meiner Lehrer", erzählt Richter, sagte: „Wenn Sie Baumschlag machen wollen, so nehmen Sie einen Stressen Papier, brechen ihn zu sammen, biegen dir Spitzen hcrum und sctzcn d:ese Formen mit drei, vier, fünf und sechs Spitzen in Grup pen neben einander, das giebt Baumschlag. Dito macht man auch Gras. Ach gütiger Gott, ich war Tage vor her im Plauen'scben Grunde gewesen und war vor Wonne fast aus der Haut gefahren, wie ich am Mühl graben und in den Wiesen im hochaufsprossenden Gras die prachtvollsten Kleeblüthen, Butterblumen und Pech nelken, Gundermann und tansend andere Formen und Farben aufblühcn gesehen hatte. Ich hatte dic Umrisse der Erlen und Haselbüsche, der Eichen und Buchen mit Entzücke:: verfolgt und sollte nun Baumschlag machen, der fast aussah, wie hölzerne spanische Reiter — es war zu::: Verzweifeln! Und doch hatte ich großen Re- spect vor der Weisheit der Professoren, ich mußte mei nen Ansichten mißtrauen und den ihrigen folgen; nichts fand ich in dcr umgebenden Kunstwelt, das den Rath losen zu unterstützen vermocht hätte. Von solcher 'Noth einer manierirten Zeit hat dic jetzige junge Kunstwelt gar keinen Begriff." Diese anekdotenhaften Thatsachen, welche andere Dresdner Meister, z. B. Robert Kummer durch eigne Jugendcrfahrungen erbaulich und zugleich schauderhaft vermehren könnten, seien nur angeführt, um an die kurze Epoche zu erinnern, in welcher uns die Landschaftsmalerci neu erblüht ist. Wie manche Andere konnte auch Richter später seine Sehnsucht befriedigen und nach Italien gehen. Freilich blieb er nicht lange aus den Wegen der Landschafts malerci, aber was er im Lande des Südens bei seiner cigenthümlichcn Ausfassung des Liebenswürdigen, schlicht Poetischen in der Statur an landschaftlichen Studien gesammelt hat, zeigt cincsthcils in interessanter Weise das kindliche Ringen jener Epoche, andcrntheils ist es den Verehrern des Richter'scken Genius als ein Grund factor von dessen Wesen und Wirken lieb und werth. Dieser Thatsache komutt die Dürr'schc Edition so gefällig als gewissenhaft entgegen. Sie führt uns in zwölf radirten Blätter» bekannte und minder bekannte Punkte der italienischen Gegenden vor Augen, und cs ist rührrnd und anregend zu sehe«, wie bei so mancher Unzuläng- kcit dcr technischen TarsteUungskuust, der Fertigkeit im Zeichnen, der realistischen Wahrheit doch mit so viel
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