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Dresdner Journal : 22.12.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187412229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18741222
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18741222
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-12
- Tag 1874-12-22
-
Monat
1874-12
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Journal : 22.12.1874
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RS 296 Dienstag, de» rr, Decemder 1874 l« 1^— 4»— - SLdrUot»!. . . . « ^Ir> Uswko. tritt ?o«O noä jßjU»rli«I>r 1 UKr. lb Xzr. I 8t»wp«t»r>»oUt»U tm»»a. Lu»»!o«XlUi>m«riir 1 j I»»er»t«»pr«l»et ?ür ä«o 8»uw oio«r ?«t»t»«l»: A ^ttowr „LiL^eoUactl" «Ko Lott«: t Ußr. Lr»el>«i»ei>, Dres-llerÄommal. lA^llodaüt Funuttuas clor 8o»o- a»6 k«or4»ßv, ^bvidä» kLr äso kol^orutso 1'»^. Verantwortlicher Redacteur: CommisfionSrath I. G. Hartmann in Dresden. lao^rLteoaoniekm« »QovSttot 6owwi»»iollLr Uv» Orv«lovr ^ouiULl»; eixeulieui.: L'uAcn /-'ort u. L U»wd«H>-L«rU»- Vi«»-^,lp»i^-L»»«l-Lr«,l»a-rr»Ltkoi1« N.: cd loA/rr, Ü«rU» Vt«»-L»wd»i^-?r»G-L»ip,^s-^r»Lk kort ».». - ttüock,» c LorUo: ^«cke>M^rr, /»ira/«,irn<ta»t4, 7/ A/Lrccüt, »r«m«oi ?.' Lck»/vttr, Lr«, Udo: F.Äcin^i« Üürouu; ckomotti: > r ^«,'e/k, kr»o>- tart» >1 : A ^nryrr'ecckv u. ^C ^/rrr»ea»n'»c4t^ llucli»'., ^,i!«/»<> 4 Co.,' vorUt»: 7nvK., Lmoovor: (r'. §c^nx/rr, kort»: 4/oias, /.»/></<-, ^ku//«>ret Co., Stotl^orl: j)««5e «t Co., Xüctci. A>i»io»ckn-Nüfeai«, Vieoc ^4/ ll<»r»u«k«der: > Lönisst. I'.rie'ilition «lex Drvslluor .lournol», Orcxäou, ^l-dixor« tl>« u^itii«, Xo. 1. ------- Nichtamtlicher TM. ll el-er sicht. Telegraphische Nachrichten. TaaeSgeschichte. (Berlin. Paderbom. Münster. Hannover. Rendsburg. Aus Thüringen. Wien. Buda-Pest. Paris. Brüssel. Haag. Rom. London. Kopenhagen. Hongkong. Bucnos-Dres.) Dresdner Nachrichten. Provinzial-Rachrichten. (Oschatz. Meerane. Falken stein. Lengenfeld. Bautzen.) Vermischtes. Statistik und BolkSwirthschast. EivgesandteS. Femlleton. Tageskalender. Inserate. Beilage. Deutscher Reichstag. (Sitzungen vom 18. und 19. December.) Feuilleton. Ziehungsliste der im WeihnachtStermine auSge- loosten StaatSschuldenscheine. Börsennachrichten. Telegraphische WitterungSherichte. Inserate. Teleyraphilche Nachrichten. St. Petersburg, Sonntag, 2V. December, AbendS. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die hiesigen Zei tungen besprechen jetzt die an den höher« Lehr anstalten stattaehadteu Wirren auf Grund der klargestellten Thatsachen. Nirgends wird von Seiten der Zeitungen wirklich Bedenkliches con- statirt. Mit Recht wird nicht der Jugend alle Schuld zugetheilt, sondern, wie vom „GoloS", auf die Verantwortlichkeit der Professoren und auf die Pflichtversäumniffe derselbe« hingewiesen. Der „RuSki Mir" bespricht die Angelegenheit im All gemeinen. Die deutsche .,St. Petersburger Zei- tung" widmet der medicinische« Akademie einen länger« Artikel. In den Schulen herrscht jetzt wieder vollständige Rube. In den betreffenden Ministerien liegen mehrere Eisenbahnprojecte vor, darunter das Projekt einer Zweigbahn nach Dorpat. Bukarest, Sonntag, 20. December, Morgens. (W. T. B.) Im Senate hat Deschli« die Vor legung der diplomatischen Schriftstücke über die abzuschließendc HandelSconvention und wegen Re- gulirung des eisernen ThoreS beantragt. Der Deputirte Jepureano hat eine Inter pellation bezüglich des Gesetzes über den Verkauf von Spirituosen, welches fremde JSraelitrn von dem Handel mit Spirituosen in den Landgemeinden ausschließt, angemeldet und beantragt, daß der CultuSminister MaioreSco bei der Beantwortung seiner Interpellation zugegen sei. Dem Kammer- Präsidenten, Fürsten Ghika, wurde von der Depu- tirtenkammer rin Vertrauensvotum ertheilt. Tagesgerichte. I-. Berlin, 19. Deccmbcr, Der Reichstag er ledigte heute in einer Inständiger Sitzung das elsaß- lothringische Budget in dritter Lesung durchweg nach den Beschlüssen der zweiten Berathung, und vertagte sich hierauf bis zum 7. Januar. (Vgl. dir Beilage.) — Der Bundesrath hielt gestern Plenarsitzung. Den Vorsitz führte der Staatsnunister vr. Delbrück, später der Staatsminister v. Pfretzschner. Gegenstände der Berathung waren: 1) die vom Reichstage in zweiter Berathung oes Retchshaushaltsetats für 1875 gefaßten Beschlüsse, 2) der Erlaß zweier Bekanntmachungen wegen Außercourssetzung von Silber- und Kupfermünzen. — Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Eisen bahnen, Post und Telegraphen versammelten sich heute im Reichskanzleramte. — Der „N. Pr. Z." wird aus Reichstagskreisen mitgetheilt, daß das gestrige Vertrauens votum für den Fürsten Bismarck Sr. Majestät dem Kaiser bekannt wurde, als noch das Conseil versammelt war. Sr. Majestät soll seine volle Befriedigung über diese Kundgebung geäußert und den Reichskanzler unter Hinweis darauf , wie werth ihn der Reichstag halte, aufgefordert haben, sich nun auch dort zu zeigen. (Fürst Bismarck erschien bekanntlich unmittelbar nach Schluß des Conseils im Reichstage, und sein Erscheinen wurde als Zeichen für den Ausgleich der Krisis betrachtet.) — Der „K. Z." wird von hier telegraphirt: Fürst Bis marck bleibt Reichskanzler, und auch die preußische Mi nisterkrisis ist beendigt, da vr. Leonhardt Justizminister bleibt, auf wie lange, ist eine andere Frage. Daß seine Stellung ernstlich gefährdet war, geht schon aus mancherlei verschiedenen Meldungen der letzten Woche hervor. In gut unterrichteten Kreisen erzählt man sich als Grund zur Aufregung des Fürsten Bismarck noch Folgendes: „Die Polizei hat Bismarck unter der Hand mitgetheilt, daß sie einem Attentat gegen ihn auf der Spur ist, und hat ihn dringend ersucht, sie in Kenntniß zu setzen, wenn er ausgehe oder in dem Thiergarten spazieren gehen wolle." — Nach hiesigen Blättern fuhr heute Vormittag die Commission für das Bankgesetz in der Generaldiscus- sion über die Mitthcilungen der verbündeten Regierungen fort. Wenn von der mittleren Richtung auch an dem Gedanken der alleinigen Verwendung des Rcichscapitals festgehalten wurde, so machten sich doch Stimmen, welche für gewöhnlich in ihrem Lager entscheidend sind, geltend, welche die Nothwcndigkeit einer Bewegung des Dividen dengewinnes der Privatactionäre nachdrücklich betonten und anerkannten, daß, da die Notenemission ein ent scheidender Grund für die zu erwartenden hohen Divi denden sei, dem Reiche auch ein wesentlicher Antheil am Gewinn zustehcn müsse: es empfehle sich nicbt unr für die Aktionäre, sondern auch für das Reich, 4'L Proccnt vorweg zu nehmen. Von kaufmännischer Seite wurde hervorgehoben, daß im Interesse von Handel, Industrie und Landwirthschaft der Fortbestand der kleinen Pro vinzialbanken durchaus nothweudig sei, und daß die Steuer von 1, beziehungsweise 5 Procent, entschiedenen Bedenken unterliege. Gegen den letzteren Punkt wurde daran erinnert, daß gegenüber der Furcht vor einer etwaigen Creditvertheuerung daran zu denken sei, daß bei diesem Punkte die Concurrenz des Auslandes, der internationale Verkehr, erheblich maßgebend sei, und nicht eine bprocentigc Steuer. Schließlich wurde ein Antrag, zum Zweck eine Enquete Sachverständiger an zuhören, nach längerer Verhandlung abgelehnt und die nächste Sitzung auf den 4. Januar festgesetzt. — Heute Nachmittag erfolgte die Verkündigung des Urthcils in dem Proceß Arnim statt. Der Sitzungssaal war überfüllt, mekr als an den sechs Tagen während der Verhandlungen des Processes. Viele Abgeordnete, eine große Zahl von höheren Juristen, viele Mitglieder der Arnim'schen Familie erblickte man unter den Anwesenden. Die Anklagebank war leer, am Vertheidigungstische er schienen die Rechtsanwälte Dockhorn nnd Munckcl. Graf Arnim, hieß es, sei in größeren! Maße erkrankt. Um '^5 Uhr erschien der Rechtsanwalt Munckel aus dem Berathungszimmer des Gerichtshofes zurückkehrend, sprach einige Augenblicke mit dem Grafen Arnim-Schlagentin, der darauf sofort den Saal verließ, um den Angeklagten, seinen Vater, zu holen, da, wie es hieß, der Gerichtshof den Wunsch ausgesprochen haben soll, daß der Ange klagte der Publikation des Erkenntnisses beiwohne. — Um 5 Uhr 13 Minuten erscheint Graf Arnim im Saal mch nimmt auf der Anklagebank Platz, von der er sich erWt, als der Gerichtshof in den Saal tritt. Nachdem drt Gerichtshof Platz genommen, ergreift der Präsident, Stadtgerichtsdirector Reich das Wort und verkündet das Erkenntniß, das wir in Nachstehendem seinem Haupt inhalte nach mittheilen: mv ant- we T» sei sie aus Aerger über die ihm zugesügte Kränkung zuruckbehalten wollen. Dadurch hat er geacn die Bestimmungen des 8 348 des Strafgesetzbuches gefehlt. Aber den Documenten ist wiederum der Begriff der Urkunden nicht beizulegcn Es greift deshalb die Bestimmung des 8 188 (vormals 8 106) hier Platz Wobt noch keine Untersuchung seit langer Zeit habe ein solches Aussehen erregt, wie dir gegenwärtige Der Grund ließe zum Theil in der Person des Angeklagten selbst, zum TPil in seinem Amte, zum Theil auch in der Sache selbst. Diß mannichfachsten Interessen, Ehre, Patriotismus seien hier im Spiel Alles aber, was für die graste Menge von Gewicht sei^komme vor dem Richter in Weasall, für ihn sei das Gesetz maßgebend. Die Handlungen, welqe dem Hrn. Ängeschuldig len zur Last gelegt werden, seien zum Theil in Frankreich, zuck Theil im anderen Ausland, zum Theil in Preusten be- gangen. Für die Thatcn in Frankreich sei er als Botschafter verämwvrtlich, als dieser aber nach den Gesetzesbestimmungen den deutschen Strafgesetzen unterworfen, in gleicher Weise sei er für die im weiteren Auslände begangenen Vergehen als Deutscher vor den Gesetzen deS deutschen Reiches verantwort lich. Sein Gerichtsstand und der Ort, an welchem sein Ver fabpen den gesetzlichen Bestimmungen zu unterwerfen sei, sei daß deutsche Gericht Redner geht sodann zu den dem Angc- klatztcn zur Last gelegten Vergehen über, und zwar zunächst zu de» Erlassen und Berichten, welche der Angeklagte geständlich miPenommen, später aber zurückgcgeben hat Die Erlasse seljn allerdings amtliche, aber gemischten Inhalts, so daß sie auch zum Theil disciplinarer und persönlicher Natur gehalten ^en. Dagegen sei dem Angeklagten, die bona ü«!«» hei seiner t nicht abzusprechen. Das Vergehen des Angeklagten »isciplinarer Natur, mit der Bestrafung dieses Vergehens ha > aber der Strafrichter nichts zu thun Aus dem letzten Gl mde scheiden auch die unter Nr. II der Anklage bezeich net a Schriftstücke („Erlasse, welche der Angeklagte geständlich —genommen noch hinter sich hat") aus dem dem Angeklagten zuiGLast gelegten Vergehen aus Was endlich die dritte Serie an! mge, die „Erlas < und Berichte, über deren Verbleib der An eklagte keine Au)-mist geben zu können erklärt", so könne der Gerichtshof nur^mit dem römischen ,,uo» liguet" ant- wo ten. Bezüglich der Angelegenheiten mit dem „Echo du psyzement". der Wiener „Presse" und der „Spenerschen Zeitung" Hape der Gerichtshos aus den von der Anklage beiaebrachten Beweisstücken nicht blos die ihm zur Last gelegte Thätig.eit nicht Heraussinden, noch viel weniger aber die daraus von der An klage gefolgerten Schuldbeweise erkennen können Endlich bleiben noch die 6 kirchenpolitischen Erlasse übrig. Die Anklage be schuldigt den Angeklagten sie beseitigt und sie unterschlagen zu haben. Im Besitz hat der Angeklagte die Schriftstücke allLdings gehabt, aber die rechtswidrige Aneignung fehlt. Aber trotzdem hat der Angeklagte strafrechtlich gefehlt dadurch, dast er piese Depeschen mit sich genommen und in seinem Koffer n»,, Berlin und auf Unwegen nach Karlsbad mitgenommen ki^AEr hatte nicht i» Berlin und auch nicht in Karlsbad '«aran gedacht, die Depeschen dem auswärtigen Amte zu über mitteln, obgleich er ihre enorme Wichtigkeit kannte Er hat Sodann heißt es in dem Erkenntniß wörtlich: „Angeklagter ist sonach überführt: im Mai 1874 zu Berlin 18 amtliche (kirchenpolitischc) Akten stücke, welche sich zur amtlichen Aufbewahrung an dazu bc- Nimmtcm Orte befanden, vorsätzlich bei Seite geschafft zu haben. Vergehen gegen 8 188 St.-G -B. Bei der Strafausmessung kamen in Betracht als Schärfungsgründe ». die hohe Stellung deS Angeklagten und die dadurch bedingten hohen Pflichten, c. die Wichtigkeit der Depeschenserie l. und die aus ungeeig netem Bekanntwerden ihres Inhalts drohende Gefahr, U. als Mi l der u n gsgr U nde hingegen n. die am 28. Juni 187'. inhalts des EorrcspondenzfaScikels stattgefundcne Rückgabe der Depeschen, d. die durch den verlesenen Erlast vom 21. December 184! schon von Altershcr bezeugte Eigen mächtigkeit einer Anzahl diplomatischer Agenten in der Dis position über Archivalien. Die eben angeführten Milderungsgründc sind eben nur solche, nicht etwa Strafausschließungsgründe. Die Dcpeschen- rückgabe war nur die Reparatur des zugesügten Schadens Und üble Gewohnheiten vermögen Unerlaubtes nicht etwa im Obscrvanzwege zum Erlaubten umzustempeln. Zuletzt war noch die Frage der Anrechnung der vom Angeklagten erstandenen Untersuchungshaft (8 6o St Ges.- Buch) zu erwägen Eoücgium hat nach reiflicher Erwägung geglaubt, die anfänglich matzgebend gewesenen Gesichtspunkte nicht zu den seinigen machen zu sollen, ja nicht zu den seinigen machen zu können und die Strafe lediglich auf den Grund der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Sachlage wägen zu müssen. Es ist denn auS allen vorgetragenen Erwä- gungen Im Namen des Königs erkannt: dast der Ageklagte, kaiserliche deutsche Botschafter z. D- Graf Harrv v Arnim nicht der Urkundenunterschlaauug und nicht des Amtsvergehens, wohl aber des Ver gehens wider die öffentliche Ordnung schul dig und deshalb unter Zurlastlegung der Kosten mit einer Gefängnisstrafe von 3 Monaten zu belegen, wo von indeffen em Monat durch die erlittene Untersuchungs haft für verbüstt zu erachten Von Rechts Wegen." Auch hebt der Gerichtshof die noch über den An geklagten verhängten Freiheitsbeschränkungen auf. Um 6 Uhr 10 Minuten war die Publikation des Urtheils erfolgt. Wie die „Köln. Ztg." erfährt, haben die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Appellation an- gemeldet, sodaß der Proceß nochmals vor dem Kammer- grrichte verhandelt werden wird. * Paderborn, 19. December. Der Bischof Martin von Paderborn ist zum 5. Januar nach Berlin vor den Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten geladen worden. Münster, 19. Deccmbcr. Der „Wests. M." schreibt: Heute Morgen wurde dem Bischof Johann Bernard anackündigt, vaß die Gehaltsrate für den l. Januar 1875 ihm gesperrt sei. Es verlautet, die Sperrung sei auf Antrag des Oberpräsid'enten der Rhcinprovinz wegen Nichtbcsetzung der Pfarrei Kanten erfolgt. Hannover, 19. December. Wie die katholische „Hildesh. Ztg." mittheilt, ist dem Bischof von Hildes heim nunmehr der Gehalt gesperrt worden; infolge dessen wurden die Zwangsvollstreckungen sistirt. Rendsburg, 19. December. In der heutigen Schlußsitzung des Provinziallandtags wurde der Ausschußbcricht, die Dotationsangelegcnhcit bctrefscnd, einstimmig, der Bericht über die angebotcne Ausgleichs summe mit 45 gegen 10 Stimmen angenommen. Die betreffenden Berichte liegen uns in den „H. N." vor. Durch Annahme derselben erklärt der Provinziallandtag, er könne den in Aussicht genommenen Betrag von 1,200,000 Mark als Ausgleichssumme nicht annemnen; er beantragt dagegen, daß zum Zweck der Ausgleichung, der Kriegslasten aus den Jahren 1848—51 nnd 1864 aus der königl. Staatskasse eine Ausgleichuugssummc bewilligt werde, welche den Beträgen der Communal- anleihen vom 2. Mai 1849 und 10. April 185«' (3 Millionen Thlr.) nahe kommt und von dem Provinzial landtage nach bestem Ermessen zu vertheilen ist. Dem Ausschüsse wurde der Auftrag ertheilt, die in Betracht kommenden Rechte und Interessen der Provinz Schles wig-Holstein nach seinem Ermessen in geeigneter Weise wahrzunehmcn und zur Geltung zu bringen. Aus Thüringen, 18. December, schreibt man dem «Fr. Journ.": Der Geraer Landtag wurde gestern auf unbestimmte Zeit vertagt. Interessant ist, wie sich die Finanzcalamität gestaltet hat. Es schließt nämlich der Etat mit 1,009,9'0 Mark Ausgabe und nur 570,400 M. Einnahme. Das sonach mit 539,500 M. verblei bende Deficit sollte durch 16 Steuertcrmine gedeckt wer den. Diese bewilligte aber der Landtag nicht, begehrte vielmehr seine nochmalige Einberufung im Januar, wen» mittlerweile «ichi durch Conccssionen des Fürsten in der Domäncnfrage das Deficit gedeckt werden sollte; cs wurden nur 12 Termine genehmigt. Da aber inzwischen vertrauliche Verhandlungen zwischen Regierung und Landtagspräsidium cingclcitet wurden, so unterliegt cs keinem Zweifel, daß die noch zu deckende Summe von dem Fürsten übernommen wird, und damit dürste auch die Ministcrkrisis beseitigt sein. (Minister v. Har- bou hatte seine Entlassung begehrt, dieselbe aber nicht erhalten.) * Wien, 19. December. Das Herrenhaus er ledigte heute in rascher Folge mehrere der vom Abge- ordnetcnhause beschlossenen Gesetze, darunter auch den Staatsvoranschlag und das Finanzgesctz für >875. Ein gehender, als mit dem Budget befaßte sich das Obcr- yaus nnt dem Gesetze über die Militarpeusionen. Der Feuilleton. Redigirt »oo Otto Bauet. K. Hostheater. — Neustadt. — Am 19. December: „Plauderstunden" von Th. Gaßmann. „Das Stiftungsfest", Schwank von G. v. Moser. (Hr. Engelhardt vom Stadtthcatcr zu Leipzig als Gast.) Die hiesige Vorführungsart dieses glücklichsten aller Moser'schcn Stücke hat nach so vielfachen Wiederholungen desselben nicht das sonst so häufige Schicksal gehabt, sich zu vergröbern und für die Schauspieler zu einem Spiel zeug während des Spiels zu werden. Man hat im Gegentheil diesen Schwank mit Vorliebe behandelt, das Ensemble gefällig abgeglättet, sich von Nebertreibungen und freien Zuthaten möglichst fern gehalten und in der Herausarbeitnng einzelner Rollen mehr erreicht, als der gewöhnliche Weg der Hebung und Routine zu erzielen pflegt. Eme ganz besondere technische Vervollkommnung ist in der Rolle Hartwig, von Hrn. Richelsen gespielt, zu bemerken. Mit so viel Fleiß wie Natürlichkeit stellt dieser Schauspieler einen jener seichte« modernen Schwätzer dar, wie sie jetzt in der eleganten jüngeren Generation häufiger die verständigen Menschen ärgern und langweilen, als es jemals geschehen ist. Hrn. Richelscn's beachtenswerthe Zungcngrläufigkeit, die sich mit schmiegsamer Geberdensprachc verbindet, hat die treffliche Seite tadelloser Deutlichkeit. Es kommt nie mals ein unverständliches Wort aus dem Munde dieses elastischen, sein Talent mit allem Streben ausnutzenden Künstlers, und dir Klarheit der Rede ist bei Expositionen namentlich von sehr willkommenem Werth. Während die Ausführung jener Aufgaben den ent ¬ schiedenen Fortschritten brizuzählen ist, erfreut bei den übrigen maßhaltende Abrundung, so bei Frau Bayer und Hrn. Jaffä als Commerzienräthin Bolzau und Brimborius, bei Frl. Guinand und Hrn. Dettmer als Ehepaar Scheffler. Hr. Dessoir hat sich in seinem ergötzlichen Humor im Commerzieurath Bolzau frisch und für die Erheiterung des Publicums im guten Sinne ausgiebig erhalten. Hr. Dessoir bringt unvergleich lich komische Momente, die keineswegs blos auf einer äußeren drastischen Copie der Wirklichkeit beruhen. Die Rolle vom Vcreinsdiener Schnake hatte sich Hr. Engelhardt zum Gastiren gewählt. Diese Partie ist sehr dehnbar und wird auch auf den verschiedenen Bühnen nach dieser Seite hin wacker ausgebeutet. Der Gast erntete darin vielen Beifall, namentlich aus den weiteren Kreisen der Zuschauer, denn er ließ es an jener willkürlich freien Behandlung nicht fehlen und kam auf diesem mehr breiten, als gewählten Wege mit Sicherheit zur Gestaltung eines sehr derben Caricaturbildes, wel ches innerlich und äußerlich mit allen Konsequenzen gegen den feineren Geschmack durchgeführt, aber durch eine virtuose Technik zu einem oft komischen Eindruck zugespitzt wurde. Das rapide Element des genannten Schauspielers erleichtert ihm sein Ringen nach dem „Effect um jeden Preis". O. B. Der erste ProductionSabend deS Tonkünstler- vereinS, den 20. d., im Saale des „Hotel de Saxe", begann mit dem Triodiverümento in b)« von Mozart (1788), welches durch reizende Melodik, graciösrn und kunstvollen inneren Ausbau zu dessen schönsten Kammer- musikcompositionen gehört. Es wurde in seinen sechs Sätzen, die zu mannichfaltig sind, um lang zu scheinen — wie schon früher in einer Kammcrmusikjoir«'r Lauterbach's — vollständig ausgeführt, und zwar mit großer Dclicatesse, mit Wohllaut und fein ausgearbeiteten! Vortrag von den Herren Schiever (uns als erster Geiger des Hochberg'schen Quartetts wohlbekannt), Gö ring und Böckmann. Die Herren Heß und F. Grütz macher erfreuten durch die vorzügliche und dankenswcrthe Vorführung einer Novität, die uns mit einem höchst talentvollen Componistcn bekannt machte, einer Sonate für Pianoforte und Violoncello von Camillo Saint- Sac-ns (in Paris und dort geboren 1835). In ernster, düsterer, im ersten und letzten Satz leidenschaftlicher Stimmung spricht aus ihr Phantasie, Geist und tiefes Gefühl mit charakteristischer ausdrucksvoller Erfindung, eng geeinigt mit durchdachter, kunstfertiger und form- klarer Durchführung, ohne daß conventioncllc technische Arbeit, ausfüllende und äußerlich efsectnirendc Ton phrasen sich kühlend und leer fühlbar machen. Der Clavierpartie wäre eine mit dem jetzigen Pianofortesatz noch vertrautere Behandlung zu wünschen; aber das Werk gehört im Gebiete der Kammermusik zu deu ge haltvollsten neuen Erscheinungen, und eine spätere Wie derholung desselben wird willkommen sein. Den Schluß machte — in jener künstlerisch trefflichen Wiedergabe, die wir bei solchen Aufgaben stets vom Verein zu empfangen gewohnt sind — J.S.Bach's O <>ur- Concert für 3 Violinen, 3 Violen, 3 Violoncelle und Contrabaß, dessen Adagio durch edlen schönen Gesang der Motive, deren Entwickelung und bewundcrnswerthe Kunst des Satzes in strenger contrapunktischer Logik, aber auch durch auffällige harmonische Härten und schrill dissonirende Verwebung der Stimmung, die gar sehr ins Bereich der abstrakten Musik fällt, merk würdig ist. C. Banck. Zm Bann dcS Schweigens. Novelle aus der Zeit des letzten Krieges. (Fortsetzung aus Nr- 295.) Es ist eine lange, endlose Zeit, cs sind cwig dauernde Tage und schwer verrinnende Stunden, welche in: Lazarett) in Feindesland verbracht werden, Tage und Stunden, durch 'Nichts unterbrochen, als durch die Besuche des Arztes und der Pflegerinnen, Stunden, welche durch das Stöhnen dcr Sterbcndcn, das Acchzcn der Kranken und durch die eigenen Schmerzen für den hier Gebann ten zu entsetzlichen werden. Keine Nachricht, oder nur spärliche, von draußen, dringt herein, Zeitungen und Briefe aus dcr Heimath bleibcu ganz anö oder treffen erst bann ein, wenn ihr Inhalt interesselos geworden ist. Jeder Tag bringt neue Leidensgefährten, und un bestimmte Gerüchte werden laut, Gerüchte vou Kämpfen und Erfolgen, und rufen wohl Jubel hervor; aber der Jubel wird gedämpft durch die bange Frage: wer mag dem neuen Siege zum Opfer gefallen sein 7 Man hat viele Zeit zum Denken, und Gcdankcu, die im Gewühle, im Drängen der Schlacht, in dcr Aufregung der anstrengenden Märsche und dcs alle Sinne ansporncndcn Vorposten- dicnstes fcrnbleibcn, fcrnbleibcn müssen, wenn der Soldat Soldat, und nur dies bleibe» will — solche Gedanken setzen sich fest im Gehirne des Verwundeten im Lazarett), martern und foltern oft noch mehr, als die Wunden. Und wenn Einer nach dem Andern hinausgctragcn wird, wenn jeder Tag neue Opfer fordert aus deu Reihen Derer, die vielleicht zwar gegeneinander kämpfend fielen, aber hier so friedlich, als gäbe es keinen Krieg auf Erden, beisammen liegen, dann ist es fast wir rin Watten aus seine Stunde, das den Armen quält uud ihm die Hoff nung rauben möchte, welche doch Keinen ganz verläßt ehe der letzte Athcmzug gekommen ist.
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