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Dresdner Journal : 15.07.1875
- Erscheinungsdatum
- 1875-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187507156
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18750715
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18750715
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1875
-
Monat
1875-07
- Tag 1875-07-15
-
Monat
1875-07
-
Jahr
1875
- Titel
- Dresdner Journal : 15.07.1875
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W161 Donnerstag, den 15. Juli. z^5. 4don»e»«»1spr«t» r I» USLSS» Lnt»«d«t Lslcks: dLtlklivtlu ... 18 Uku^ ^jLNrliok: 4 ULric 80 kk. Kivrvtvv Hummern: 10 kk. Lus^rksld de» deuttokeu keiebe» tritt?o,t- und 8temi>elru»vdt»8 Umiu. Inseratenpreis« r kür den Itnum emer ^vspalteoen Dotitseile: SV kl. linier „Lin^vsnodt" die 2oil«: 8V kk. Lrsvkelnon: kLzlicd mit üueimNmo der Korm- und keisrtt^o, Abends kür den lullenden 1'»^. Dres-nerÄonrnnl. Verantwortlicher Redacteur: Hofrath I. G. Hartmann in Dresden. Inserntennunntim« nusnLrtst l.»ip»i^: Fr. Lrancistetter, OommissionLr de« Dresdner dournnts; ebend»».: FttAen Fort Sswknrz-SerUL Vivu-l.«lx»t^- S»»»I-Lr«»I»n-kr»niilurt » H : 7/aa«e»t«tein F knAker; Zerit» Vlsn-Usrndurz-rrax-l-sipri^ -krsnkkurt ». «.- Hüncksn: Lntt dkEe, Lerlin: L. /c'or»:^ / /»imiid«»»- danL, dk. .4/örec/«t, Sr«m«n: F .^c/dntte, Lr«»l»u: F LtanAen's Dnrenn; VNswnU»: 7<>. kvtAt,- krimkkurt » ».: F dneAkr seke u. F. 6. k/errmn»<n --.die IlueUN., DanöeFtio., ÜSrUt»: /nr D„ Ssnnovsr: 0. Lc:^ü>«ter,' k»D»: d/ava«, La^tte, Luttier <s Do., Stultxsrl: Lnub« F Oo., Lmndnrs: L FiendAen, Vl«: F/. Uernus^eberr Näni^I. Lriiedition de« Dresdner donrnals, Dresden, Kar^aretdenstruisv Xo. 1. N'Mnmtücher Theil. Nebersicht. Telegraphische Nachrichten. TaaeSgeschichte. (Dresden. Berlin. Bonn. München. Wien. Brünn. Brüssel. Rom. Madrid. London. Kon stantinopel. Belgrad.) Ernennungen, Versetzungen rc. im Sffevtl. Dienste. Dre-dner Nachrichten. Pravinzial-Rachrichten. (Leipzig. Annaberg. Wald heim. Glauchau. Schandau. Zittau.) Vermischtes. Statistik und BolkSwirthschaft. EivgesandteS. Telegraphische Witterungsberichte. Börsennachrichten. Feuilleton. Inserate. Tageskalender. Teltyraphische Nachrichten. Brünn, Dienstag, 13. Juli, Abends. (Tel. d. Boh.) Bisher hat keine Ruhestörung stattgefunden; Militärpatrouillen machen die Runde. Heute Vor mittag trieb sich eine Anzahl strikender Arbeiter in drohender Haltuna bei der Fabrik Sternischtje herum, wo seit der Vorwoche ein Theil der Ar beiter arbeitet. Die angesuchte Polizeihilfe wurde sofort abgesendet. (Vgl. die ausführlicheren Mit- theilungen unter „Tagesgeschichte.") Versailles,Dienstag, 13 Juli Abends.(W.T. B.) In der heutigen Sitzung der Nationalversamm lung wurde die Wahl de Bourgoing'S nach län- - gerer Discusfion mit 33V gegen 31V Stimmen für ungiltig erklärt. * Im Laufe der Debatte erklärte der Minister des In nern, Buffet, die Regierung werde keinerlei ungesetz mäßige Verfolgung ausüben, aber sie werde auch keine aufwieglerischen Umtriebe dulden, gleichviel, von welcher Seite dieselben kämen. — Bei der darauf folgenden Interpellation, betreffend den Comite des „Appel au peuple", ergriffen Duval und Rouher für denselben das Wort. Letzterer verlangte die Zusammenberufung der Wähler des Niövredepattements binnen 20 Tagen. Der Minister Buffet erinnerte dem gegenüber daran, daß das Gesetz, welches die partiellen Wahlen verbietet, eine solche Zusammenberufung nicht gestatte. Nachdem darauf Rouher sich in längerer Rede über den Bericht Savary's ausgelassen hatte, wurde dir Sitzung auf morgen vertagt. Die„AgenceHavas"mcldet vom spanischen Kriegs schauplätze: Hier eingegangene Depeschen von der Pyrenäengrenzc besagen, daß die RegierungStrup- pen ihren Vormarsch in der Richtung von AmezcuaS siegreich fortsetzen. Die Carlisten scheinen ent- muthigt; sie haben die Belagerung von Renteria und Hernani aufgegeben und ihre Artillerie nach St. Jago-di-Mendi zurückgezogen. Es wird die Vermuthung ausgesprochen, daß Dorregaray ge- nöthigt sein werde, nach Frankreich überzutreten. (Vgl. die „Tagesgeschichte" unter Madrid.) Bayonne, Mittwoch, 14, Juli. (Tel. d.Drrsdn. Journ.) Dorregaray ist nach Barbastro (Provinz Huesca) zurückgegangen, da er nicht nach Navarra Vordringen konnte. Ein Theil seiner Arridre- garde, i72 Mann mit 6 Offizieren, ist gezwungen worden, bei Gavarnie nach Frankreich überzu- treten, wo sie entwaffnet und internirt wurden. - CngesgeschWe. Dresden, 14. Juli. Ueber den weitern Verlauf der Reise Ihrer Majestäten des Königs und der Kö nigin erfahren wir, daß Allerhöchstdieselben von Fried richshafen Sich zunächst nach Krauchenwies zu einem Besuche Ihrer königl. Hoheiten des Fürsten und der Fürstin von Hohenzollern begeben haben und von dort über Schaffhausen und Zürich nach Luzern weiter gereist sind. Den neuesten Nachrichten zufolge sind Ihre königl. Majestäten über den Rigi und Ändcrmatt auf der Gotthardstraßc in Locarno eingetroffen. Von hier aus gedachten Allerhöchstdieselben Sich nach Stresa zu einem Besuche Ihrer königl. Hoheit der Frau Her zogin von Genua zu begeben und über Turin und den Mont-Cenis nach Genf weiter zu reisen. Am 17. ds. Mts. beabsichtigen Se. Majestät der König daselbst die Rück reise anzutreten, während Ihre Majestät die Königin noch einige Zeit am Genfer See Sich aufhalten werden. * Berlin, 13. Juli. Gestern Abend kehrte der Minister für landwirthschaftliche Angelegenheiten, Dr. Friedenthal, von seiner Jnspectionsreise in der Pro vinz Preußen hierher zurück und wird nach Erledigung der laufenden Geschäfte am 20. d. M. einen vierwöchigen Urlaub antrcten. Wie die „N. A.Z." erfährt, will der Minister denselben auf seinen Gütern in Schlesien zu bringen. — Eine vom 22. vor. Mts. datirte, vom Bun- desrathe zum Neichsgesetze über die Beurkundung des Personenstandes und der Eheschließung er lassene Ausführungsverordnung enthält nur 15 Paragraphen und beschränkt sich fast nur aus die Mit- theilung der einzelnen, sehr speciell ausgeführten For mulare. Hervorzuheben wären folgende Bestimmungen: Geistlichen und andern Religionsdienern ist die Einsicht der Register kostenfrei zu gestatten (8 11); die Standcs- register sind in deutscher Sprache zu führen. Die Be stimmungen des für Elsaß-Lothringen erlassenen Gesetzes vom 3!. März 1872, betreffend die dortige amtliche Ge schäftssprache, werden hiervon nicht berührt (8 12). Auf Verlangen der Verlobten ist denselben von den Stan desbeamten eine Bescheinigung über das angcordnete Aufgebot kostenfrei zu ertheilen (8 13). Ist eine Ehe getrennt, für ungiltig oder nichtig erklärt, so hat die Staatsanwaltschaft, und falls dieselbe in Ehesachen nicht mitzuwirkrn hat, das Ehegericht eine mit der Beschei nigung der Rechtskraft versehene Ausfertigung des Ur theils dem Standesbeamten, vor welchem die Ehe ge schloffen ist, zu übersenden (1. Absatz des 8 14); dem Ersuchen eines Standesbeamten sind andere Staatsbe amte, sowie Gemeinde- und Ortspolizeibehörden Folge zu leisten verpflichtet (8 15). Der Reichskanzler hat übrigens den Bundesregierungen mitgetheilt, daß ihnen die Formulare zu den Standesregistrrn und Registcraus- zügen in der der Ausführungsverordnung entsprechenden Form und Gestalt besonders werden mitgetheilt werden. — Der Dircctor der Bergakademie zu Berlin, Oberbergrath Hauchecorne, ist zum ersten und der ordentliche Professor an der Friedrich Wilhelms-Universität zu Berlin vr. Beylich zum zweiten Director der geologi schen Landesanstalt ernannt worden. — Zu dem Pro- ceß gegen den Grafen Arnim wird berichtet, daß die Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Erkenntniß des königl. Kammergerichts von den Vertheidigern des Grafen erst mit dem Beginne der Gerichtsferien eingereicht werden wird, also zum 21. Juli, so daß das Obertribunal erst Anfangs September, nach dem Schlüsse der Ferien, der Angelegenheit durch Bestellung eines Referenten u. s. w. wird näher treten können. Das Urtheil erfolgt von dem Senat für Strafsachen. — Wie die „N.-Z." erfährt, hat der Handelsminister als Chef der preußischen Bank die Einziehung der Noteuappoints von 25Thlr. bis zum 1. September e. angeordnct. Von diesem Zeit punkte an kommen dieselben nur an der Bankhauptkasse zur Einlösung. Die Durchführung der Goldwährung zum festgesetzten Zeitpunkt (l. Januar 1876) ist gesi chert. Die Verhältnisse begünstigen die dazu nöthigen Vorbereitungen. Die Erhöhung des Bankdisconts hängt mit den Einziehungen von Noten und dem Abfluß von Gold in den Verkehr zusammen. Die Discontoerhöhung wurde bereits in den letzten Tagen erwartet, und ihre Wirkung auf die Haltung der Course trat daher heute nicht scharf zu Tage. Bonn, 12. Juli In eigener Angelegenheit schreibt die „Deutsche Reichszeitung": Nachdem wir in der vo rigen Woche aufgrfordett worden waren, dir Namen des seit dem 2. April bei uns beschäftigt gewesenen Setzer- Personals incl. Lehrlinge der hiesigen Polizeibehörde namhaft zu machen, wurden heute 15 Mann (Factor, Metteur, Setzer und Setzei lehrlinge) unserer Druckerei mit gerichtlichen Vorladungen überrascht, um theils morgen, theils übermorgen, wie wir vermuthen in Betreff eines der „Franks. Ztg." entnommenen Ar tikels, zeugeneidlich vernommen zu werden. * München, 12. Juli. Se. Majestät der König ist gestern. (Sonntag) zu längerem Aufenthalte in Hohen- schwanffau eingetroffcn. Davon, daß unser König Sr. Ma jestät djm Deutschen Kaiser einige Stationen zur Be- grüßuüg entgegenfahren werde, ist, wie man dem „Nürnb. Corr." schreibt, denjenigen Kreisen, die nunmehr hierüber unterrichtet sein müßten, nichts bekannt. Nach den heilte erlassenen Anordnungen wird vielmehr Se. Majestät der Kaiser Wilhelm auf der bevorstehenden Reise durch baycrschcs Gebiet das strengste Jncognito bewahren. Es hat deshalb sowohl hier, als auf allen anderen Bahnstationen jeder officiclle Empfang zu un terbleiben. Die Abfahrt Sr. Majestät des Kaisers von Lindau erfolgt übermorgen, Mittwoch, um '^12 Uhr Vormittags, die Ankunft in München um '^5 Uhr Nachmittags, die Weiterreise nach Salzburg um A6 Uhr; Abends 9 Uhr wird der Kaiser in Salzburg ein- treffen. München, 13. Juli. (Tel.) Das „Bayersche Vater land" enthält eine aus Salzburg datirte Erklärung des vr. Sigl, .in welcher derselbe auf die Candidatur im Münchner Wahlkreise ausdrücklich verzichtet, dagegen alle Freunde und Gesinnungsgenossen dringend bittet, im Interesse der Einigkeit und des Friedens nur den jenigen Candidaten ihre Stimme zu geben, welche von der bayerschen Partei aufgestellt würden. * Wien, 13. Juli. Se. Majestät der Kaiser ist gestern Abend von Schönbrunn nach Ischl abgereist. — Bei Sr. k. und k. Hoheit dem Erzherzog Kronprinzen Rudolph geht die Eintrocknung des Eranthems regel mäßig vor sich. Die Besserung der Affection der Mund höhle ist andauernd; Schlaf und Allgemeinbefinden sind befriedigend. — In Sachen der jetzt vielfach besproche nen Theucrungs frage der Lebensmittel hat der Ministerpräsident Fürst Auersperg, in Vertretung des Ministers des Innern, unterm 8. d. an den Statt halter von Niederösterreich einen Erlaß gerichtet, welcher das Befremden des Ministerpräsidenten darüber aus spricht, daß die Verhandlungen mit den Vorstehern der Bäcker- und Fleischhauergcnossenschast wegen Erhöhung des Brodgcwichtcs und wegen Ermäßigung der Rind fleischpreise, ungeachtet aller Bemühungen und der auf ziffcrmäßigen Daten beruhenden Vorstellungen des Ma gistrates, zu keinem positiven Ergebnisse geführt haben. Angesichts der Thatsachcn, daß die Preise des Getreides, sowie des Mehles seit dem vergangenen Jahre einen sehr namhaften Rückgang erfahren haben, daß der Zu trieb auf dem Wiener Schlachtvichmarkte an und für sich und im Vergleiche zu anderen Großstädten ein sehr bedeutender und von Seite der berufenen Organe sehr Vieles geschehen ist, um die Uebelstände auf dem Schlacht vichmarkte zu beseitigen und demselben thunlichst ver besserte Einrichtungen zu geben — könne die ablehnende Haltung der Bäcker und Fleischhauer gegenüber den berechtigten Forderungen des Publicums nur auf das Tiefste bedauert werden. Der Ministerpräsident nimmt daher Act von der Zusicherung des Wiener Magistrates, daß derselbe die weiteren Maßregeln berathen und in Vorschlag bringen werde, welche geeignet sind, eine Er mäßigung der jetzigen, durch die Marktpreise nicht ge rechtfertigten Detailverkaufspreise der unentbehrlichsten Lebensmittel zu bewirken, und verspricht die kräftigste Unterstützung und Förderung der Regierung. * Brünn. 13. Juli. Der hiesige Weberstrike ist mit dem gestrigen Tage in ein ernsteres Stadium getreten. Gereizt durch die Ablehnung ihrer Forderung eines allgemeinen Lohntarifs zogen größere Arbeiter- schaaren in bedrohlicher Haltung vor die Stadt, und es mußte, wie bereits telegraphisch gemeldet, Militär auf- aeboten werden, um Ausschreitungen zu verhindern. Telegraphischen Berichten der „N. fr. Pr." entnehmen wir Folgendes: Seit gestern Mittag durchziehen starke Detachements mit ausgepflanztem Bayonnet in Beglei tung von Polizeibeamten die „Zeile", Josephstadt rc.; 3 Bataillone und die hier stationirte Dragonerschwadron sind in Bereitschaft. In der siebenten Abendstunde fand eine große Ansammlung von Arbeitern auf dem alten Obrowitzer Friedhöfe Statt. Letzterer wurde durch ein Bataillon Infanterie besetzt- Außerhalb auf der Straße stand Cavalerie. Stadtrath Wolf und mehrere städtische Polizeibeamte bemühten sich angelcgentlichst, die M nge zum Fortgehen zu bewegen. Sehr ungcberdig benahmen sich die Weiber, welche den Soldaten ihre Kinder entgegenhielten und riefen: „Da, schießt uns nieder!" Schon erfolgte ein Vordringen des Militärs mit ge fälltem Bayonnet, worauf die Menge zurückwich. Dem eindringlichsten Zureden der Organe der Sicher heit, welche den Arbeitern empfahlen, mit ihren Fabrikchefs in Unterhandlung zu treten, und die Bereitwilligkeit der Letzteren zu Concesstonen con- statirten, gelang es endlich, die Menge zum Aus- . einandergehen zu bewegen und so die Gefahr des Blutvergießens zu beseitigen. Unterdessen hatten sich in den Straßen unweit des Friedhofs viele Leute, theils Arbeiter, theils Neugierige, angesammelt. Doch wurden diese, nachdem der Zug aus dem Friedhöfe vorüber war, durch Sicherheitswachen bald zerstreut. Um 9 Uhr war bereits Alles ruhig und das Militär größtenthcils cin- gerückt. Nur Cavaleriepatrouillen durchstreiften die Straßen, und Sicherheitswachen in größerer Zahl ver sehen den Dienst. — Heute früh durchzogen Jnfanteric- und Cavalerieabtheilungen die „Zeile" und Umgebung. Auf dem alten Obrowitzer Friedhöfe fand eine kleinere Ansammlung Statt, wobei namentlich Weiber viel lärm ten. Der Friedhof wurde militärisch besetzt und die An- gesammeltrn durch die Polizei zerstreut. Wegen Nicht folgeleistung der Aufforderung zum Weitergehcn wurden zwei Männer und zwei Weiber arretirt. Jetzt ist Alles still und das Militär wieder abgezogen. Den sämmt- lichen Fabrikanten kam Sonntag eine bürgermeistcrliche Zuschrift zu mit der Aufforderung, bei den Erhebungen über die vorgekommenen gcwerbcordnungswidrigcn Vor gänge und bei weitern Verhandlungen selbst zu inter- veniren und dafür zu sorgen, daß von ihren Fabrikar beitern zwei Vertrauensmänner gewählt werden, welche diesen Erhebungen und Verhandlungen beizuwohnen hätten. Brüssel, 10. Juli. (Fr. I.) Das Kriegsgericht hat den Offizier und Adjutanten des Grafen von Flan dern, welcher bei dem mörderischen Anfall gegen den Obersten Ollivier den Attentäter Arnoudts dergestalt verwundete, daß er der Wunde erlegen ist, von jeder Strafe freigesprochen. Der Präsident des Gerichts hofes und der militärische Staatsanwalt beglückwünschten sogar den Angeklagten im Laufe der Verhandlungen. Es heißt heute, der Generalauditcur habe gegen das freisprechende Erkenntniß Berufung eingelegt. Rom, 13. Juli. (Tel.) Das Präsidium der Dcpu- tirtenkammer ernannte zu Mitgliedern der Enquötc- Feuilleton. Redi-irt von Otto Banck. Im Theater zu Hongkong. Als ein Seitenstück zu dem kürzlich mitgetheilten Brief über ein chinesisches, ohne romantische Uebertrei- bungen geschildertes Essen, möge hier ein von der „Boh." veröffentlichtes Privatschreibcn folgen, das eine moderne Bühnenleistung im himmlischen Reiche der Mitte charak- terisirt. Der Verfasser des Brieses sagt: Wollt Ihr mit Euerer reichen Phantasie zu einer chienestschen Theatervorstellung folgen? Ich ver lange ausdrücklich Euere reichste Phantasie, da ich mit der meinigen allein bei meinem letzten Besuch im Peng- vingtheater nicht ausreichte. Obwohl die Vorstellung bereits Vormittags beginnt, vielleicht wohl darum, weil die meisten Stücke etwa „3000 Jahre früher" beginnen und es doch immer eine hatte Arbeit bleibt, sich bis auf den heutigen Tag durchzuarbeiten, kamen wir doch erst nach unserem Diner um 9 Uhr Abends dahin. Die Decke bildet das roh gezimmerte Dach. Von der Bühne bis nach rückwärts stehen Bänke mit Arm- und Rückenlehne, eine breite Galerie zieht sich rings um die Wand, und sind im Ganzen nur vier große Logen vor handen. Dieser große Raum ist gar nicht erleuchtet, und nur einige spärliche Lampen unter der Galerie ver breiten gerade so viel Licht, um uns die Dichtigkeit der Dunst- und Rauchwolke ahnen zu lassen, die sich über den rasittrn Köpfen des Publicums erhob. Die Bühne allein ist erleuchtet und bildet ein er höhtes Podium, worauf eine ziemlich defecte Matte liegt. Ein Tisch, zwei Stühle und eine kleine Bank bilden die Couliffrn und Staffage, dahinter sitzen die Musikanten mit ihren primitiven, dafür desto lärmenderen Instru menten, die im wahrsten Sinne des Wortes einen „Heidenlärm" machen, und den Abschluß nach rück wärts bildet eine Art Altar, chinesische Decorirung, so wie die Zugänge zur Garderobe, die mit einem Teppich verhängt sind. Nun muß ich aber sogleich erwähnen, daß der übrige freie Raum auf der Bühne oder diesem Podium von Zuschauern, Kulis, die die Acteure be dienen, Policisten, die von dort aus ihr wachsames Auge auf das Publicum werfen, gefüllt ist und wir uns selbst einen Tisch dahin bringen ließen, auf dem wir in der Entfernung von kaum vier Schritt von den Acteuren zusahen. Was gespielt wurde, kann ich wohl nicht erzählen, doch mit Hilfe einer kleinen freundlichen Nachbarin, die ziemlich xiäßin vlißlisü*) verstand, fand ich mich wenigstens in den einzelnen Scenen zurecht. Das Fehlen der Couli lcn, das Gekreische in der Fistelstimme, da auch die Damenrollen von Männern, und zwar mit viel Geschick dargestellt werden, die ohren- zerreißende Musik, der düstere Zuschauerraum, der bis zum äußersten Winkel besetzt isj, der Rauch aus den chinesischen Pfeifen und schließlich die äußerst lebhaften Geberden der Schauspieler geben dem Ganzen einen eigentümlichen Charakter, der natürlich mit einer Vor stellung nach unseren europäischen Begriffen nichts ge mein hat. Vor Allem sind es historische Stücke, die zur Aufführung gelangen, oder Göttettragödicn, worin der Gute belohnt, der Böse bestraft wird und die stets eine gute Moral in sich schließen, mitunter sind es Farcen, womit das Publicum erheitert wird, wobei ge- *) Pidgin (pidxeon) oder pidsoki» Englisch, eine Misch lingssprache, aus Englisch und Chinesisch, die sich im Verkehr »wischen Engländern und Chinesen herausgebildet hat wöhnlich ein Kind auf der Bühne zur Welt gebracht wird, doch sind dies in der Darstellung meist unschul dige Scherze und kommen obscöne Ballets oder Toiletten nie auf die Bühne. Obwohl die drastische Mimik den Hauptfactor der Action bildet, da durch das Singen, Kreischen und die Musik die Worte kaum zu erfassen sind, so gehört doch immer eine Kenntniß der chinesischen Bühnenusancrn und besonders eine reiche Phantasie da zu, um nur die einzelnen Scenen zu ahnen. Vorhang gibt es keinen. Der Acteur „tritt auf", wenn er die Matte betritt, „tritt ab", wenn er wieder hinuntersteigt, und oft kommt es vor, daß er sich vor dem Publicum den Bart vom Gesichte entfernt und als. ein „Anderer" wieder von Neuem beginnt. Im Falle einer Ermordung bleibt das Messer tief in der Wunde stecken und das (Schweins- oder Ochsen-) Blut rieselt ihm über die Ohren. Verzweiflung wird ausgedrückt, indem der Unglückliche auf die Knie fällt und mit seinem Zopf (die Weiber mit aufgelöstem Haar) ein förmliches Rad schlägt. Spielt die Scene in einem Palast, so ist der Tisch mit rothcm Tuch überzogen, ist cs die Hütte eines Armen, so bleibt er blank, welcher Sccnenwechsel von dem ersten besten Kulie mit wahrhafter Nonchalance ausgeführt wird. Der Phantasie bleibt überhaupt im chinesischen Theater der größte Spielraum überlassen. Eine Stadt wird angezeigt, indem sich 3 bis 4 Kultes über einander legen; wird sie von Truppen erstürmt, so wird diese lebendige Mauer einfach umgestoßen; dreht sich der Schauspieler um, so will er anzeigen, daß er das Gesagte nicht Hötte, hält ihm ein Kulie ein Tuch vor dem Gesichte, so wird er von den Mitspielendcn nicht gesehen; schließlich ist die Bank ebenso gut Schlaf- cabinet, als Laube, Gefängniß rc. rc. Am meisten staunte ich aber über einen Schauspieler, der, bedeutend größer als die anderen, in einem undefinirbarrn Costume ge kleidet, wie verrückt auf der Bühne umher sprang. Meine kleine Nachbarin schien auf meine Frage» was der wohl verstellen mag, ganz consternirt von meiner tiefen Un wissenheit zu sem, da sie sich Hu antworten begnügte: „Von stupid, ft« belonA oftilcii", was in ein besseres Englisch und in ein hoch besseres Deutsch überietzt, so viel heißt, als: „Aber Du Dummkopf, siehst Du denn nicht, daß er ein Kind ist." Ich hätte wahrhaftig diesen ungeschlachten Bengel nicht für den zarten Sprößling einer chinesischen Mama gehalten, wenn es nicht deutlich, wie ich später erst hcrausfand, in großen Lettern auf dem Rücken desselben zu lesen gewesen wäre. Das Publicum benahm sich sehr anständig und ruhig und schien auf merksam dem Gange der Handlung zu folgen, ohne auch nur im Mindesten durch die allzuweitgchendc licontin tiwLtralio» beirrt zu werden. Die Leute haben eben viel Phantasie, rin kindlich Gemüth, ein starkes Trom melfell und wenig entwickelte Geruchsorgane. * Für die Alterthumskundc und Culturge- schichtc ist eine sehr wichtige Entvcckung gemacht worden. Seit einigen Wochen werden nämlich die bereits erwähnten, im Steinhäuser Ried cntdecktcnPfahlbautcn auf württembergische Staatskosten unter Leitung des Landes- conservators Dr. Paulus systematisch ausgcgraben, und es ist bereits ein beträchtlicher Raum sreigelcgt, so daß schon jetzt ein geuauer Einblick gestattet ist. Man er kennt sehr bestimmt die Umrisse der einzelnen Häuschen und ihre Stellung zu einander. Sämmtlichc Fußböden, aus starken, übers Kreuz gelegten Hölzern und einer Schicht von feinem, wasserdichtem Töpferlehm darüber bestehend, sind noch wohlerhalten, was rin um so größeres Interesse gewährt, weil bei fast allen bisher enuccktcn Pfahlbaustationrn nur noch die in drn Seegrund ringe-
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