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aus Anlafs und in Verfolg der Inbetriebsetzung zweier neuen Versuchsstrecken (D und E) in Angriff genommen wurden. Beide Versuchsstrecken waren mit dem eisernen Querschwellenoberbau des Schienenprofils IX und mit Thomas- und Martin schienen belegt; Laschen und Schwellen bestanden aus Thomaseisen. Die Schienen der Versuchsreihe I waren von den Werken unter Kenntnifs des Ver wendungszweckes geliefert, also wohl mit besonderer Sorgfalt hergestellt; ihre Zugfestigkeit (OB) lag zwischen 5700 und 7200 kg/qem ; die Thomas schienen erforderten 5 bis 9 Schläge, die Martin schienen 5 Schläge zur Erzielung einer Durch biegung von 110 mm. Das Material von zehn Schmelzungen war mit Silicium und Kohlenstoff (in Tabelle 1 Spalte 1 doppelt unterstrichen) und von neun Schmelzungen nur mit Kohlenstoff (in Tabelle 1 Spalte 1 einfach unterstrichen) gedichtet. Das Material für die Versuchsreihe II waren 10 Thomasschienen vom Profil IX, die ausgewechselt wurden, weil sich ihre Köpfe in kurzer Zeit breit gefahren hatten; sie waren in 1892 bis 1894 erzeugt und gehörten der zweiten Auswechselungs periode an. Die Schienen der ersten Periode hatten sich an den Enden von 58 bis 78 mm, d. h. um 34 %, verbreitert, während die der zweiten sich nur bis zu 69 mm, d. h. um 19 %, verbreiterten. Die gröfste Verbreiterung befand sich bei stark beschädigten Schienen über dem ersten Lashen- loche, also 50 mm vom Schienenende; bei den anderen Schienen lag sie zwischen Ende und erstem Laschenloch. Die Verbreiterung war an beiden Enden verschieden; im Doppelgeleise hatte das aufnehmende Ende die gröfsere Verbreiterung; augenscheinlich zu kurz abgeschnittene Schienen wurden von der Prüfung ausgeschlossen. Das Material erwies sich in fünf Zerreifsproben als nicht bedingungsmäfsig; es hatte weniger als 5000kglqem Festigkeit; zwei Proben hatten knapp 5000 und zwei 5200 kg/qem. D:s Material für Versuchsreihe III bestand aus: a) 12 Stahlschienen, Profil II a und IX (vergl. Figur c und d Tafel VII) verschiedenen Ursprungs und einer Stahlkopfschiene Profil II b; alle Schienen hatten sich gut bewährt, b) 6 Stahlkopfschienen Profil I seit 22 Jahren in aufgelassenen Versuchs strecken gelegen, c) Stahlschienen eines Werkes, in 1890/91 erzeugt, die im Betriebe brachen; die Brüche hatten sich stark gemehrt. Bruch- und Aetzprobe einer solchen Schiene sind in Abbild. 1 Figur a und b abgebildet; mit den gebrochenen Schienen konnten nur Schlag- und Biegeproben ausgeführt werden, die Hohlräume in den Köpfen machten die Herstellung von Rundstäben zu Zug versuchen unmöglich. Die Abbildungen von den Aetzproben anderer Schienen sind auf Tafel VII unter den Bezifferungen nach Tabelle 1 gegeben. Von jeder Schmelzung wurde je eine Schiene an einem 1,3 m langen Stück unter dem Schlag werk, an einem 1,2 m langem Stück auf Biegung und an einem Rundstabe aus dem Kopf auf Zugfestigkeit geprüft. Die Zug- und Biegeproben wurden auf einer 100-t-PohImeyer-Maschine mit Schreibapparat ausgeführt.* Bei der Schlagprobe wurde mit einem Schlage von 3000 mkg auf den Kopf begonnen und mit Schlägen von 1200 mkg fortgefahren, bis die Durchbiegung 110 mm betrug. Bei den Zugversuchen wurde die Streck grenze (Gs) ** aus dem Knickpunkt des Schaubildes, oder aus dem Stehenbleiben des Kraftanzeigers der Probirmaschine bestimmt. Aus den von der Maschine aufgezeichneten Schaulinien wurde der Beginn der Abweichung von der geraden Linie als Proportionalitätsgrenze (o P )*** entnommen. Bei der Ausführung der Biegeversuche wurde besonderer Werth auf die Feststellung der Last gelegt, die die erste bleibende Durchbiegung erzeugt. Dabei wurden die bleibenden Biegungen mit Hülfe eines Lineals und mit acht Papierstreifen von 0,05 bis 0,4 mm Dicke und mit keilförmig gefeilten, von 0,4 bis 2 mm Dicke anwachsenden Blechen gemessen. Verfasser giebt eine ausführ liche Beschreibung dieses recht umständlichen, sehr unsicheren und im Grunde genommen auch sonst unpraktischen und mühsamen Mefsverfahrens, das er einführte, um die Fehler zu vermeiden, die bei Anwendung eines Tasters am Schienenfufs, durch Abspringen der Walzhaut entstehen könnten.! Ich kann hier auf Einzelheiten nicht eingehen und die Fehlerquellen dieses Mefsverfahrens nicht er örtern, darf aber eine Bemerkung des Verfassers * „Stahl und Eisen“ 1881 S. 236 und Martens: „Handbuch der Materialienkunde“ S. 404, Berlin 1898, Verlag von Julius Springer. ** Es ist sehr bedauerlich, dafs die Begriffe Ela- sticitätsgrenze (E-Grenze) und Streckgrenze (S-Grenze) immer noch nicht klar auseinander gehalten werden. Auch der Verfasser braucht statt der klar und zu treffend von ihm umschriebenen Streckgrenze den Ausdruck Elasticitätsgrenze. Vergl. Martens: „Ma terialienkunde“ S. 23. *** Auch der von dem Verfasser als Proportionali tätsgrenze (P-Grenze) bezeichnete Punkt entspricht nicht vollkommen dem, was sonst als P-Grenze gilt. Durch solche mifsbräuchliche Benutzung der Begriffe wird leicht Verwirrung erzeugt, was sorgfältig vermieden werden sollte. Die P-Grenze läfst sich der gebräuch lichen Umschreibung gemäfs mit einiger Sicherheit nur mit Feinmefsinstrumenten, nicht aber in der vom Verfasser benutzten Art am Schaubilde bestimmen. Diese Art der Bestimmung ist höchst unzuverlässig, denn die von der Maschine verzeichneten Schaulinien können viele Nebenumstände beeinflussen, die mit den Materialeigenschaften gar nichts zu thun haben. Mit der Deutung der Selbstaufschreibungen von Ma schinen kann man aus diesen Gründen nicht vorsichtig genug sein, und man wird auch für die praktische Beurtheilung des Materials nach der vom Verfasser bestimmten P-Grenze grofse Vorsicht walten lassen müssen. Vergl. Martens: „Materialienkunde“ Abs. 37 bis 41, 709 und 710. t Bei einer thatsächlichen bleibenden Durch biegung von einigen Zehntelmillimetern dürfte der Zünder noch nicht abspringen.