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198 Stahl und Eisen. Bericht an die am 5. l''ebr. 1900 abgelialtene Hauptversammlung etc. 15. Februar 1900. Das Waarenverzeichnifs dieses neuen Aus nahmetarifs lautet: Klasse I. Eisen und Stahl, zum Specialtarif I gehörig. Wegen einzelner weiterer ermäfsigter Gegenstände des Specialtarifs I siehe Klasse II. Klasse II. a) Eisen und Stahl, zum Specialtarif II gehörig; b) Folgende Gegenstände des Specialtarifs I: Anker, Schiffsketten, Drahtseile, Nieten, Nägel, Schrauben, Unterlagsscheiben zu Schrauben, Muttern; c) Roheisen, zum Specialtarif III gehörig. Die Berechnung der Frachtsätze findet auf folgender Grundlage statt: a) in Klasse I (Eisen und Stahl des Special tarifs I) nach einem durchzurechnenden Streckensatze von 2,8 8 f. d. tkm auf Ent fernungen von 101 bis 200 km und von 2,2 © f. d. tkm auf Entfernungen über 200 km zuzüglich einer Abfertigungsgebühr von 12 8 für 100 kg. Die sich hiernach ergebenden Frachtsätze für 101 und 201 km werden auf kürzere Entfernungen vorgetragen. b) In Klasse II (Eisen und Stahl des Special tarifs II u. s. w.) nach einem durchzurech nenden Streckensatze von 2,2 8 auf Ent fernungen von 101 bis 200 km zuzüglich einer Abfertigungsgebühr von 12 © für 100 kg, ferner nach durchzurechnenden Streckensätzen von 1,4 © auf Entfernungen von 201 bis 400 km und von 1,2 8 auf Entfernungen über 400 km zuzüglich einer Abfertigungsgebühr von 6 © für 100 kg. Die sich hiernach ergebenden Frachtsätze für 101, 201 und 401 km werden auf kürzere Entfernungen vorgetragen. Die Ausnahmefrachtsätze, welche bei Quanti täten von mindestens 10000 kg pro Wagen, oder bei Frachtzahlung für dieses Gewicht, zur Be rechnung kommen, werden nur nachträglich auf besonderen Antrag im Rückerstattungswege ge währt. Unsere seit Jahren geführte Klage, dafs der errnäfsigte Erztarif noch immer nicht in Kraft getreten ist, mufs zu unserem Bedauern auch in diesem Jahresbericht wiederholt werden. Wir rufen in die Erinnerung zurück, dafs der Kölner Bezirkseisenbahnrath bereits am 9. October 1895 seine Zustimmung zu der Erztarifermäfsigung (Herabsetzung der Tonne für weitere Entfernungen um 1,20 46) gegeben hat. Der Ausschufs des Landeseisenbahnraths hat sich in zweimaliger Sitzung diesem Votum einstimmig angeschlossen, der Landeseisenbahnrath selbst hat dasselbe in seiner Mehrheit am 10. December 1897 befür wortet. Dabei ist auf die nationale Gefahr auf merksam gemacht worden, welche durch den Uebergang zahlreicher lothringischer Erzfelder in ausländische Flände heraufbeschworen wird. Der Minister der öffentlichen Arbeiten hat im Ab geordnetenhause am 23. März 1898 bestätigt, dafs selten eine Tariffrage so gründlich, so eingehend nach allen Richtungen studiert worden sei, wie die Frage der Ermäfsigung der Erztarife, und dafs das Ergebnifs dieser auf das rheinisch-westfälische, lothringische und luxemburgische Revier gleich- mäfsig ausgedehnten Untersuchung im wesent lichen mit den Angaben unserer Gruppe über einstimme. Endlich steht fest — und das giebt auch der Finanzminister Dr. v. Miquel zu — dafs infolge Einführung dieser Frachtermäfsigung die preufsische Eisenbahnverwaltung nicht allein keinen Ausfall zu befürchten, sondern wesentliche finanzielle Vortheile zu erwarten haben werde. Die Nothwendigkeit dieser Tarifermäfsigung ist so oft und so gründlich von uns dargelegt worden, dafs wir an dieser Stelle auf ihre Be gründung verzichten können. Nur gegen die Meinung, dafs die augenblicklichen Verhältnisse der guten Gonjunctur die Einführung der Er mäfsigung überflüssig machen, — ein hoher Be amter des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten hat geschmackvollerweise den Wunsch nach „Ermäfsigungen der Güterfrachtsätze auch im gegenwärtigen Augenblick“ als ,Begehrlichkeiten“ bezeichnet, die er in der »Ztg. des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen« „niedriger hänge“, da sie „doch ein bezeichnender Beweis dafür seien, welche Ansprüche gewisse industrielle Kreise immer noch an den Staatssäckel machen“ —, soll hier Einspruch erhoben werden. Gerade die gute Gon junctur drängt zur Einführung des aus nationalen Gründen nothwendigen ermäfsigten Erztarifs. Den günstigen Zeiten werden gemäfs den Gesetzen des Auf- und Absteigens der wirthschaftlichen Fluth- welle ungünstigere folgen, deren unheilvollen Ein- flufs man gerade durch die rechtzeitige Einführung der Frachtermäfsigung nicht unwesentlich zu mildern in der Lage ist. Somit dürfte sich die letztere, wenn man sie nicht länger hinausschiebt, als eine vorbeugende Mafsregel im besten Sinne des Wortes erweisen. Schiebt man sie aber hinaus, wie soll es dann bei niedergehender Gonjunctur den deutschen Werken möglich sein, einem amerikanischen Wett bewerb erfolgreich entgegenzutreten, wenn sie dem Ausland mit ihren Erzbezügen zu hohen Preisen verpflichtet sind? — Neben allgemeinen Gesichts punkten, die für die Gesammtheit der deutschen Eisenindustrie in Betracht kommen, sprechen gerade die jetzigen Gonjuncturverhältnisse und der Wunsch, sie stabil zu erhalten, für die sofortige Einführung der Frachtermäfsigung; denn es wird den Verbänden die von denselben geübte und gerade vom Minister der öffentlichen Arbeiten wiederholt im Parlament anerkannte Mafshaltung in den Preisen, deren Durchführung bei der gegen wärtigen starken Nachfrage heute schon sehr