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15. Februar 1900. Bericht an die am 5. Febr. 1900 abgehaltene Hauptversammlung etc. Stahl und Eisen. 197 die Handelskammer in Duisburg, und wenn von dort aus Gegenbestrebungen laut geworden sind, so haben dieselben nur eine unwesentliche Be deutung gegenüber der Thatsache, dafs die Grofs- rhedereien, welche zusammen 51 Schleppdampfer mit über 29 600 P. S. und 255 Schleppkähne mit über 214-OOOt = 4 280 000 Gtr. Tragkraft besitzen, auf das wärmste und dringendste die unveränderte Annahme der Kanalvorlage empfohlen haben. Ferner ist noch der Anschauung ent- gegenzutretep, als habe der Stadtkreis Essen । und seine Umgebung gar kein Interesse mehr an j dem Kanal, seitdem die Staatsregierung die Süd- ' emscherlinie habe fallen und an deren Stelle die Emscherthallinie treten lassen. Wie falsch diese Anschauung ist, hat bereits die dem Abgeordneten hause zugegangene Eingabe des , Vereins zur Er- j bauung eines Kanals von Herne zum Rhein“ ; gezeigt, die namens des Vereins Oberbürgermeister I Zweigert-Essen an das Haus gerichtet hat, und in welcher die früheren Interessenten der Süd- emscherlinie die Regierungsvorlage aut das wärmste befürworten und deren Annahme im Interesse der Verkehrsentwicklung des ganzen Landes wünschen. Dieser Verein hat mit Recht die Ansicht vertreten, dafs der Kanal nicht an Jedermanns Thür un mittelbar vorbeifliefsen kann und doch geeignet j ist, der Entwicklung des ganzen Landes zu nützen. | Im übrigen wird auch der Nutzen nicht unter- j schätzt werden dürfen, den die Emscherthallinie immerhin für die Stadt Essen und ihr Gebiet haben wird. Die Differenzfracht Essen-Emscher- ; thalkanal und Essen-Südemscher wird nicht mehr ' als 0,50 •6 für die Tonne betragen, da auch die im Gebiete der Südemscher belegenen Werke j nicht ohne jede Fracht an den Südemscherkanal hätten gelangen können. Gegenüber dieser Diffe renzfracht bietet der Emscherthalkanal für Trans porte von Essen, die auf den offenen Rhein übergehen, immerhin nicht zu unterschätzende Vortheile. Für Transporte, die von Essen nach dem Osten gehen, beträgt aber der infolge des Kanals bedingte Vortheil der Kohlenfracht Essen - Magdeburg 2,99 -JI für die Tonne und Essen - Berlin 3,11 •6 für die Tonne, wobei die eben erwähnte Differenzfracht von 0,50 46 vorweg in Abzug gebracht ist. Aber ganz ab gesehen hiervon haben sich die Südemscher- interessenten, die ja zweifellos lieber die frühere Linie IV ausgebaut gesehen hätten, auf den höheren Standpunkt gestellt, der die allgemeine Hebung des ganzen Landes von dem Ausbau des Kanals erwartet. Deutschland bedarf eines leistungsfähigen Wasserstrafsennetzes, wenn es dem ausländischen Wettbewerb gewachsen bleiben soll. Die Wasser- strafsen heben den Reichthum des Landes, von dem der Staatsschatz unter tausend ver- | schiedenen Formen Gewinn zieht, und der reich- j liehen Ersatz für die Kosten der ersten Anlage I wie der Unterhaltung bringen mufs, ganz abgesehen davon, dafs in dem Falle des Rhein-Weser-Elbe kanals der Staat für diese Kosten durch die aufserordentlich bedeutenden Garantieleistungen der Interessenten gesichert wäre. So schaffen die Wasserstrafsen neuen Verkehr, gleichzeitig bringen sie grofse Frachtmassen in Bewegung, wozu die Eisenbahnen allein ohnmächtig gewesen wären, ihnen einen Antheil am Nutzen wieder zuführend. Dadurch haben sie eine Bedeutung erster Ordnung in dem industriellen Kampfe ge wonnen, der sich zwischen den Völkern der Welt entsponnen hat, und sind eins der wirksamsten Mittel im internationalen Wettbewerb. Mit Recht hält denn auch die Staatsregierung laut der Thronrede vor wie nach an der Ueber- zeugung fest, dafs die Herstellung eines Schiff fahrtskanals vom Rhein bis zur Elbe zur theil weisen Entlastung der Staatseisenbahnen wie zur Hebung des binnenländischen Verkehrs nothwendig ist. Sie wird daher die vorjährige Gesetzes vorlage, erweitert durch Vorschläge für die be sonders dringliche Herstellung anderer Schiffahrts verbindungen und Verbesserungen natürlicher Flufsläufe, im Interesse des Verkehrs wie namentlich der Landesmelioration wiederum dem Landtage vorlegen. Als solche Projecte kommen in erster Linie in Betracht: die Herstellung eines Grofs- schiffahrtsweges zwischen Stettin und Berlin, die Beschaffung ausreichender Vorfluth im Oderbruche, die Verbesserung der Verhältnisse an der unteren Oder sowie an der Spree und der Havel, die weitere Ausbildung der Wasserstrafsen zwischen Oder und Weichsel und die Herstellung des Masurischen Seekanals. Wir können nur hoffen und wünschen, dafs diese Vorlage zur Annahme gelangt; denn gerade diese Wasserstrafsenpolitik ist in hohem Grade geeignet, Deutschlands Reichthum zu vermehren und es in die Lage zu versetzen, dauernd auch für die Kriegsflotte vermehrte Mittel in dem, wie I oben nachgewiesen, dringend nothwendigen Um- | fange bereit zu stellen. Auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens haben wir die Mittheilung der Eisenbahndirection Altona vom 1. Februar 1899 mit Freude begrüfst, i nach welcher vom genannten Tage ab — zur Er- . leichterung des Bezuges aus dem Inlande im ! Gruppen- und Wechselverkehr der preufsisch- | hessischen Staatseisenbahnen, sowie im Binnen verkehr der Reichseisenbahnen, und im Wechsel- । verkehr der preufsisch-hessischen Staatseisenbahnen ' mit den Reichseisenbahnen — versuchsweise und widerruflich ein besonders ermäfsigter Aus nahmetarif für Eisen und Stahl zum Bau, zu:- Ausbesserung und zur Ausrüstung von See- und Flufsschiffen im Versand nach binnen ländischen Stationen, an denen sich Schiffswerften für den Bau u. s. w. von See- und Flufsschiffen befinden, zur Einführung gelangte.