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38 Stahl und Eisen. Zuschriften an die Redaction. 1. Januar 1900. auch die Unterscheidung zwischen „Homogeneisen" und „Krystalleisen“ unberechtigt, da der Ferrit und der Cementit (also das Homogeneisen) wirklich krystallisirte Körper sind,* während der Perlit (also das Krystalleisen) ein inniges Gemenge zweier verschiedener Gefügetheile darstellt. Es dürfte jetzt wohl an der Zeit sein, Ausdrücke zu ver meiden, die geeignet sind, in die metallographische Terminologie wieder die Verwirrung hinein zutragen, die vor den sorgfältigen Arbeiten Osmonds herrschte. Durch Osmond sind zum erstenmal die einzelnen Gefügebestandtheile des Eisens so definirt, sind ihre Kennzeichen so fest gelegt worden, dafs Mifsverständnisse zu vermeiden sind. Man wird daher recht daran thun, die von diesem um die Entwicklung der Metallographie so hochverdienten Forscher angenommenen Be nennungen so lange zu benutzen, als man sach liche Einwände dagegen nicht erheben kann. Es wäre im Interesse der Metallographie tief zu bedauern, wenn ihre erfreuliche Weiterentwicklung erst noch durch einen Kampf um Worte, um Benennungen verzögert würde. Die „neue Art der Behandlung von Eisen schliffen zur Erkennung der Mikrostructur", die der Verfasser veröffentlicht, ist dem nicht neu, der die, allerdings etwas unbequem umfangreiche metallographische Literatur verfolgt hat. So sagt z. B. A. Martens**: „Meine Aetzungen habe ich mit sehr vielen Reagentien vorgenommen, welche zum Theil farbige Ueberzüge lieferten, zum Theil die Gefügetheilchen mit Gold-, Kupfer- u. s. w. Niederschlägen versahen.“ Auch in den von A. Martens 1884 herausgegebenen Erläuterungen zu den in der Sammlung der König!. Bergakademie zu Berlin befindlichen 120 Schliffen ist eine Ver goldung bei einem Giefsereiroheisen (Nr. 36) be schrieben, welche auf dem weichen Gefügetheil bronzefarbenen, auf dem härteren purpurfarbenen Ueberzug erzeugte. Demnach wird der Verfasser das Ueberziehen mit Nickel wohl nicht als etwas Neues hinzustellen vermögen. Uebrigens wird man die umständliche galvanische Vernickelung, wenn sie weiter nichts gestattet, als die einzelnen Gefügeelemente des Roheisens zu unterscheiden, kaum als einen Fortsehrittansehen können, nament lich wenn sie dies nicht in vollkommenerer Weise bewirkt, als aus Figur 6 des Verfassers hervorgeht, in welcher ich weiter nichts wie ein nicht ge lungenes Negativ zu Figur 5 erkennen kann. Die Unterscheidung der einzelnen Gefügetheile wird sehr scharf durch Reliefpoliren, Aetzpoliren oder Aetzen mit Salzsäure in Alkohol u. s. w. ermöglicht, jedenfalls, wie ein Vergleich der Figuren 11, 12, 7, 19, 20 auf Tafel XVI des Jahrgangs 1899 mit den * Vergl. E. Heyn: Mikroskopische Unter suchungen an tief geätzten Eisenschliffen. „Mitth. Königl. Techn. Vers.-Anst.“ 1898. ** „Stahl und Eisen“ 1889 S. 268. Figuren 1 bis 6 des Verfassers des obengenannten Aufsatzes zeigt, in erheblich vollkommenerer Weise, als durch Vernickelung. Die Art des Haftens fremder Metallüberzüge hat ein anderes Verwendungsfeld, als das vom Ver fasser angegebene. Die von Osmond gegebenen Kennzeichen der Gefügeelemente Ferrit, Perlit, Cementit beziehen sich nur auf Kohlenstoffeisen- legirungen. Durch Hinzutritt erheblicher Mengen j fremder Körper zu diesen Legirungen, wie es namentlich bei Roheisensorten der Fall ist, treten vielfach Aenderungen in diesen Kennzeichen her vor, die sich namentlich bei der Behandlung mit Kupferammonchlorid und beim Ueberziehen mit fremden Metallniederschlägen bemerkbar machen, da durch den Hinzutritt fremder Legirungs- bestandtheile zu den reinen Gefügeelementen Ferrit, Perlit und Cementit, weniger ihr äufseres Aussehen, als ihre Stellung in der elektrischen Spannungsreihe verändert wird. Der aus einer und derselben Lösung erzeugte Metall niederschlag haftet auf den Gefügeelementen je nach ihrer Zu- j sammensetzung verschieden stark, so dafs man eine Art mikrochemische Reaction erhält, die unter , Umständen Aufschlüsse liefern kann. Freilich sind auch hier vielerlei Schwierig keiten zu überwinden, da nicht nur die Stellung des betreffenden Gefügetheils in der elektrischen Spannungsreihe, sondern auch die Gegenwart anderer Gefügetheile noch einen wesentlichen Ein- Hufs darauf ausübt, mit welcher Schnelligkeit und welchem Haftvermögen der Metallbeschlag sicli i auf den einzelnen Gefügetheilen absetzt. So ver halten sich z. B Roheisensorten mit sehr geringen Mengen fremder Bestandtheile aufser Kohlenstoff und Eisen gegen eine Lösung von Kupferammon chlorid 1:10 verschieden, je nachdem ob Graphit zugegen ist oder nicht. Im ersteren Falle bleibt ' das Kupfer sowohl auf dem Perlit, wie nament lich auf dem Cementit festhaften, während es sich im letzteren Falle äufserst leicht abwischen läfst, । worauf das Gefüge sehr scharf hervortritt. Die in Figuren 1 bis 3 des Verfassers ab gebildeten Schliffe kann ich nicht als „reliefpolirte" Schliffflächen anerkennen. Sie zeigen nur die Eigen- , thümlichkeit, dafs der Graphit durch das Schleifen | an einigen Stellen herausgerissen ist, so dafs dort Vertiefungen entstanden sind. Charlottenburg, den 10. December 1899. E. Heyn, Ingenieur. * * * An die Redaction der Zeitschrift „Stahl und Eisen“. Auf die Auslassungen des Hrn. E. Heyn ist kurz Folgendes zu erwidern: Die Behauptung, dafs „es auf den ersten Blick möglich sei, Holzkohlen- und Koksroheisen unter dem Mikroskop voneinander zu unterscheiden“ ist schon früher an der Hand einwandfreier Unter-