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32 Stahl und Eisen. Die Uehlingsche Gielsmaschine. 1. Januar 1900. auf eine Höhe, die genügt, um das Eisen über eine verstellbare Rutsche in Eisenbahnwagen gleiten zu lassen. Die Masseln, welche auf dem Wege vom Giefsbande zum Eisenbahnwagen 5 bis 7 Minuten unter Wasser wandern, gelangen voll kommen abgekühlt auf denselben an. Das Wesentliche der Giefsmaschine besteht in der automatischen Auskleidung der Goquillen mit zweckentsprechendem Material. Kalkmilch hat bis jetzt am meisten Anwendung gefunden, obgleich Lehm oder Thon, sowie feine Flugasche, mit Wasser zur gehörigen Consistenz angerührt, sich auch gut eignen würden. Die Auskleidemasse befindet sich in einem unter dem Giefsbande an geordneten Behälter und wird vermittelst auf einer Welle sitzenden Platinen oder durch Luft- oder Dampfstrahl fortwährend umgerührt. Das Aus kleiden der Goquillen geschieht auf sehr einfache und vollkommene Weise vermittelst Dampf- oder Luftstrahl, welcher die Auskleidemasse durch zweck entsprechende Rohre hebt und in zerstäubter Form gegen die Innenseite der Goquillen schleudert. Das überschüssige Material fällt wieder in den Behälter zurück. Das Auskleiden geschieht, während die Goquillen vom Entleerungs- zum Füllungspunkt zurückwandern, und zwar etwa auf halbem Weg, so dafs dieselben den gröfsten Theil der von dem heifsen Eisen empfangenen Hitze verloren haben, wenn sie bespritzt werden, aber noch genügend warm sind, um die Auskleidung vollkommen zu trocknen, ehe sie den Füllungspunkt wieder erreichen. Der Kalkverbrauch beträgt etwas weniger als 2 kg a. d. Tonne Eisen und die Goquillen halten 3000 bis 4000 Füllungen aus. Wenn dieselben aus Stahlgufs hergestellt werden, was hier zu Lande wohl das Zweckmäfsigste sein dürfte, so dürfte sich eine drei- bis vierfache Lebensdauer ergeben. Eine Coquille fafst 60 bis 70 kg Eisen und bildet eine Zwillingsmassel von je 30 bis 35 kg. Bei normalem Giefsen werden auf einem Bande 15 Goquillen in der Minute gefüllt, somit können 900 bis 1050 kg in der Minute gegossen werden, im Maximum also rund 1000 kg in der Minute. Eine 20 t fassende Pfanne wird also mit Anfang- und Endperiode etwa 25 Minuten in Anspruch nehmen, so dafs mit einer einfachen Maschine in 24 Stunden im Maximum 1000 t bewältigt werden könnten, wenn das Eisen so schnell herbei geschafft würde, als es die Maschine aufzunehmen imstande ist. Eine doppelte Maschine könnte, wenn vollbedient, natürlich das Doppelte leisten. Im täglichen Betrieb werden jedoch die oben als Maximum angegebenen Ziffern nicht erreicht, weil das Eisen nicht so prompt herbeigeschafft werden kann. 600 t für eine einfache und 1000 bis 1200 t für eine doppelte Maschine sind als gute Leistungen zu betrachten, obgleich über die Maschine zu Duquesne nicht selten über 1600 t in 24 Stunden gegossen worden sind. Die Ma schine erfordert im normalen Betrieb etwa 5 P. S. für jedes Band. Da der Betrieb ein sehr unterbrochene!’ ist, so eignet sich elektrischer Antrieb am besten, und empfiehlt es sich, für jedes Band einen besonderen Motor anzuordnen. Zur Bedienung der Maschine sind drei Mann und ein Junge nöthig. Da beim Abstechen des Eisens in Pfannen, anstatt es in die Giefsbetten zu leiten, an jedem Ofen pro Schicht ein Mann weniger benöthigt wird, so kann sich die Bedienung der Maschine aus diesen rekrutiren. In Amerika, wo | die Arbeitslöhne natürlich viel höher sind als hier zu Lande, beläuft sich die mit der Giefsmaschine erzielte | Ersparnifs auf durchschnittlich 10 Gents f. d. Tonne. Es dürften sich aber auch hier in Deutschland ganz ansehnliche Ersparnisse damit erzielen lassen. Die Eisenträger fallen ganz weg, und da die Be dienung der Maschine von den Arbeitern besorgt wird, die infolge des Giefsens in Pfannen, anstatt in Giefsbetten, aus der Giefshalle entnommen werden können, so werden die Löhne der Eisenträger ganz erspart. Mit den Eisenträgern werden aber nicht ' nur die Unannehmlichkeiten, die man mit diesen Arbeitern hat, sondern auch die vielen anderen Schwierigkeiten, die dem alten System anhaften, beseitigt. Die Giefsmaschine geht nicht auf die Kirmes und macht keinen blauen Montag. Das Ab stechen der Hochöfen kann immer zur richtigen Zeit stattfinden. Der Wind braucht nicht abgestellt zu werden, weil etwa die Oefen und auch die Giefshalle von Eisen ganz voll — und die Eisenträger womöglich noch voller sind. Solche Betriebsunterbrechungen bedingen aber immer erhöhte Selbstkosten und können unter Umständen sogar sehr theuer werden. Die Maschine liefert ein gleichförmiges und sauberes Product, welches auch chemisch besser ist, als das direct vom Ofen in Betten vergossene Eisen, da in der Pfanne eine erhebliche Ent schwefelung stattfindet, namentlich bei mangan haltigen Eisensorten. Das Maschineneisen eignet sich seiner Sauber keit wegen ganz besonders für den basischen Herd, hat aber auch vor dem gewöhnlichen, ( besonders dem im Sand gegossenen Roheisen im Cupolofen bedeutende Vorzüge. Es bedarf weniger Zuschlag, erspart Brennmaterial und kommt sauberer und heifser herunter als das in Sand gegossene Eisen. Dies ist namentlich für Giefsereien von Wichtigkeit. In Anbetracht der vielen Vortheile, welche die Giefsmaschine bietet, sowie der wachsenden Schwierigkeiten, die durch dieselbe beseitigt werden, kann es nur eine Frage der Zeit sein, dafs dieselbe allgemeine Verwendung finden wird. M. HH.! Ich danke Ihnen für Ihre gütige Aufmerksamkeit und gestatte mir, Ihnen zum Schlufs noch die Maschine bildlich vorzuführen und verschiedene Anlagen kurz zu erläutern.* * Die Beschreibung der Abbildungen 4 bis 7 nebst Discussion des Vortrags folgt in nächster Nummer von „Stahl und Eisen“. Die Red.