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Hr. Landtagsabgeordneter Dr. Beumer: Ich möchte die Gelegenheit, dafs mein hochverehrter College Hr. Schrödter hier auch über die Wasserstrafsen gesprochen und die politischen Strömungen für die Ablehnung des Rhein-Weser-Elbe-Kanals verantwortlich gemacht hat, benutzen, um darauf hinzuweisen, dafs meiner Ansicht nach noch viel mehr als politische Strömungen und das Gompen- sationswettlaufen die Regierung selbst zu der Ablehnung beigetragen hat, denn in der Kanaldenkschrift selbst ist das Schreckgespenst der verminderten Eisenbahneinnahmen vorgeführt worden, und gerade dieses Schreckgespenst hat dazu beigetragen, dafs der Kanal gefallen ist. In der Denkschrift des preufsischen Staatsministeriums war der Einnahmeausfall, den die Eisenbahnen infolge des Kanals haben würden, auf 53 Millionen angegeben. Nun verstehe ich schon nicht, — was ich übrigens bereits an einem anderen Orte ausgeführt habe —, wie man auf diese 53 Millionen Mark rechnungs- mäfsigen Ausfalls an Nettoeinnahmen bei 67 Millionen Bruttoausfall überhaupt gekommen ist. In der Kanalcommission des Abgeordnetenhauses ist dann schliefslich von der Regierung gesagt worden, dieser Verlust sei ein „rein rechnungsmäfsiger“ und werde voraussichtlich gar nicht eintreten (Heiterkeit). Als diese Erklärung abgegeben wurde, da war es für den Kanal zu spät; da waren in weiten Kreisen diese 53 Millionen — und zwar nicht nur „rechnungsmäfsig“ — auf viele Millionen mehr angewachsen, und der fortgesetzte Hinweis auf diesen Ausfall in den Eisenbahneinnahmen hat mit dazu beigetragen, den Kanal zu Fall zu bringen. Wenn man fragt: woher ist diese Ziffer in. die Denkschrift hineingekommen? so wird man, wie ich glaube, das Ministerium der öffentlichen Arbeiten dafür kaum verantwortlich machen können. Ich glaube vielmehr, dafs diese berühmten oder berüch tigten 53 Millionen irgendwo anders ihre Quelle haben — wahrscheinlich im Finanzministerium (der Vorsitzende: „Nein“). Der Herr Vorsitzende meint „Nein“, dann mufs wohl irgend ein Dritter dafür verantwortlich sein; aber liege nun die Verantwortung wo sie wolle, in der Sache glaube ich, dafs gerade das Umgekehrte eines Ausfalls in den Eisenbahneinnahmen eintreten wird. Wir haben dafür das Beispiel des Mains, bei dem die Eisenbahneinnahmen nach der Kanalisirung gewachsen sind. Bei der ganzen Berechnung aber darf vor allem nicht vergessen werden, dafs, wenn man im Ruhr revier keine Wasserstrafsen zur Bewältigung des Verkehrs zu Hülfe nimmt, der Betriebscoefficient der Eisenbahnen ein ungeheuer viel gröfserer werden und der Ueberschufs der Einnahme kleiner werden wird. Die neue Kanalvorlage, m. H., wird dem Gompensationswettlauf wohl etwas Abbruch thun, weil in derselben auch andere Provinzen berücksichtigt werden. Wir unsererseits haben gar nichts dawider einzuwenden, da wir auf dem Standpunkte stehen, dafs, je mehr Verkehrswege aus geführt werden, desto mehr die wirthschaftlichen Verhältnisse unseres Vaterlandes blühen und gedeihen (Beifall). Lassen Sie mich deshalb dem Wunsche Ausdruck geben, dafs die neue Vorlage möglichst einstimmige Annahme im Landtage finden möge. (Lebhafte Zustimmung.) Vorsitzender: Es hat sich keiner weiter zum Wort gemeldet, ich schliefse die Discussion. Dafs ich den Wünschen, die zum Ausdruck gekommen sind für das Zustandekommen des Mittelland kanals, auch meinerseits durchaus zustimme, glaube ich nicht erst erklären zu brauchen, ich habe nur den letzten Aeufserungen des Herrn Dr. Beumer gegenüber festzustellen, dafs nach meiner Kenntnifs die ominösen 53 Millionen Frachtausfall im Eisenbahnministerium ermittelt und auch von dort aus in die Denkschrift gekommen sind. Ich kann sogar mittheilen, dafs man im Finanz ministerium diesen Ermittelungen keinen Werth beilegt, von der Ueberzeugung ausgehend, dafs man unmöglich Frachtausfälle ziffermäfsig feststellen kann, welche nach 10 Jahren eventuell eintreten können. Herr Macco hat den Wunsch ausgesprochen, dafs seitens des Vereins die Frachtverhältnisse für die verschiedenen Betriebsmaterialien zusammengestellt werden sollten. Ich nehme von dieser Anregung dankend Kenntnifs und hoffe, dafs meine Gollegen im Vorstande dieser Anregung entsprechen werden. Bevor wir in der Tagesordnung weiter vorgehen, glaube ich verpflichtet zu sein, dem Herrn Schrödter für seine lichtvolle, zeitraubende und ausführliche Arbeit unseren herzlichen Dank auszusprechen. (Lebhafter allseitiger Beifall.) (Schlufs folgt.)