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15. März 1898. Verstaatlichung der Iteichsbank ? Stahl und Eisen. 287 ermitteln lassen; es war das eine sehr umständ liche Ermittlung. Andere Zahlen standen einst weilen nicht zu Gebote während des Jahres. Die Lombarddarlehen der Landwirthe sind nicht sehr erheblich, nämlich 23 Millionen. Am stärksten sind sie ertheilt in Sachsen und Thüringen, wo sie 10 % ausmachen. Viel gröfsere Zahlen weist der Wechselverkehr auf. Allerdings, directe Wechsel von Landwirthen sind nicht so viel genommen, aus den vorher ent wickelten Gründen, weil eben aus landwirthschaft- liehen Kreisen Wechsel schwer entstehen; diese ziehen eben nicht für die Waaren, die sie ver kaufen, auf ihre Abnehmer. Es sind aber immer hin 23,8 Millionen Mark gewesen. Aufserdem sind mit der Unterschrift von Landwirthen, land- wirthschaftlichen Betrieben und ländlichen Ge nossenschaften genommen vom 1. April 1893 bis 1. April 1894- 216 Millionen Mark. In solchen Fällen mag den Landwirthen gar nicht häufig zum Bewufstsein gekommen sein, dafs die Beichsbank es eigentlich ist, die solche Wechsel nimmt; er würde aber von seinem Bankier und Händler den betreffenden Credit gar nicht bekommen haben, wenn diese nicht gewufst hätten, dafs die Reichsbank mit der Unterschrift des für zahlungsfähig gehaltenen Landwirths den Wechsel abnehmen würde. Solche Wechsel werden meistens in der Stadt bei dem ersten Nehmer domicilirt und dort' von diesem eingelöst; der Schuldner erfährt alsdann gar nicht, dafs der Wechsel sich im Besitz der Reichsbank befunden hat. Im ganzen sind demnach in dem Rechnungsjahr angekauft 240 Millionen, und davon fallen 157 815 000, also 66 % , auf die sechs östlichen preufsischen Provinzen, die ja hauptsächlich Landwirthschaft treiben. Bei einzelnen Bankanstalten erreichen ganz oder bei nahe die discontirten Beträge des landwirthschaft- liehen Berufs die Hälfte der überhaupt discontirten Wechsel, z. B. in Köslin 50 %, Insterburg 47 %, Stolp 44 %. Meine Herren, diese Zahlen fallen um so mehr ins Gewicht, als der Credit der Land wirthe ein local begrenzter ist; er kann nur von seinen nächsten Nachbarn beurtheilt werden, und deshalb sind die Wechsel der Landwirthe nur Platzwechsel, während die Hauptrolle bei der Reichsbank die Versandwechsel spielen. Dann kommt noch ein Gesichtspunkt zur Geltung. Nach der Berufszählung vom Jahre 1882 hatten wir im ganzen 4 851000 selbständige handel- und gewerbthätige Bevölkerung. Davon entfällt nur ein kleiner Theil auf die gröfseren landwirthschaftlichen Betriebe; es sind etwa nur 122 105 Personen solche Landwirthe, die einen Besitz von mehr als 100 ha haben. Nun kann man einem Landwirth, der weniger als 100 ha hat, wohl kaum wünschen, dafs er in Wechsel verkehr kommt. Es giebt ja Landwirthe, die der Ansicht sind, dafs dem Landwirth überhaupt aus gedehnter Personalcredit nicht zu wünschen sei; z. B. von Hrn. von Puttkammer-Plauth ist das ausgesprochen bei der Agrar-Enquete, und auch von anderen Herren, die mir im Augenblick nicht im Gedächtnifs sind. Wir haben den Landwirthen ferner auch noch dadurch einen Dienst erwiesen, dafs wir ihnen behülflich gewesen sind bei der Convertirung von hochverzinslichen Hypotheken in Pfandbriefhypo theken oder von hochverzinslichen Pfandbrief hypotheken in solche mit geringerer Verzinsung. In dieser Beziehung hat in der Provinz Schlesien bei 4 Bankanstalten in den Jahren 1885 bis 1894 ein Umschlag stattgefunden von 101 Millionen Mark. Auch jetzt schwebt noch eine Krise von solchen Geschäften im Betrage von 1 442 800 6. Nach dem, was ich gesagt habe, mufs ich allerdings dem Herrn Vorredner darin beistimmen, dafs andere Institute besser geeignet wären als die Reichsbank, gerade den Landwirthen mit Credit zu Hülfe zu kommen. Wir sind aber auf diesem Weg auch schon weit vorgeschritten. Schon mein Amtsvorgänger hat dazu ermuthigt, sich zu Ge nossenschaften zusammen zu schliefsen, um bei der Reichsbank creditfähig zu werden. Die Bank anstalten haben sich den Creditgesuchen land- wirthschaftlicher Genossenschaften gegenüber stets entgegenkommend verhalten. Eine weitere Vervollkommnung der Organisation liegt alsdann darin, dafs diese kleineren Genossen schaften wieder Centralkassen bilden. Eine solche Centralstelle, der ein weiterer Bezirk untersteht, ist ja noch besser geeignet, mit der Reichsbank zu verkehren, als kleinere ländliche Genossen schaften, deren Thätigkeit schwer zu verfolgen ist. Meine Herren, gestatten Sie mir zunächst, die Mitgliederzahl anzuführen. Die Genossenschaften, die mit der Reichsbank in Verbindung stehen, hatten am 31. Mai 1894 502 451 Mitglieder; die ländlichen Genossenschaften hatten 127 229 Mit glieder. Dazu müssen wir aber noch 30 % der anderen rechnen; denn nach dem Jahresbericht, den die Schulze-Delitzschschen Genossenschaften für 1893 herausgegeben haben, gehören zu diesen Mitgliedern etwa 31% selbständig Landwirthschaft treibende Landwirthe, eine recht ansehnliche Ziffer. Nun sind an sämmtliche Genossenschaften Credite in dem Jahre vom 1. April 1893 bis dahin 1894 gewährt 123000 622 •6 in Wechseln und im Lombardverkehr 28 095 600 • , zusammen 151717716 •6. Darin fallen auf ländliche Ge nossenschaften an Wechseln 45 240 639 6, im Lombardverkehr 14 824 200 •6, in Summa 60 064 659 gewifs eine beträchtliche Summe. Das ist der Credit, den wir an landwirthschaft- liehe Genossenschaften und procentual an andere Genossenschaften gegeben haben, soweit sie den landwirthschaftlichen ebenfalls zuzurechnen sind. Auch hier fallen auf die östlichen Provinzen bei weitem die stärksten Credite; es fallen nämlich auf die östlichen Provinzen mehr als 24 Millionen,