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214 Stahl und Eisen. Aus der Giefserei. 1. März 1898. 26047 Pfd., der gescheuerten nur 25 861 Pfd., also 0,7 v. H. weniger. Man gelangt dadurch zu der Schlufsfolgerung, dafs eine Zunahme der Zug festigkeit des Gufseisens durch Erschütterungen nicht eintritt. Die von Outerbridge geäufserle Vermuthung, dafs schlechte Gufsbeschaffenheit der von Harrison geprüften Stäbe der Grund des ab weichenden Verhaltens sei, ist um so weniger wahrscheinlich, da Harrison bei Versuchen auf Biegungsfestigkeit durchweg eine Steigerung der Festigkeit als Folge stattgehabter Erschütterungen beobachtete, also zu dem nämlichen Ergebnifs wie Outerbridge gelangte.* Ueber Roheisenmasseln für die Giefserei. Bekanntlich giefst man die für die Giefserei be stimmten Roheisenmasseln fast niemals in eisernen Formen (Coquillen), sondern in Sandformen, welche für jeden Guts erneuert werden müssen. Den Ausschlag für die Wahl dieses Verfahrens giebt vornehmlich die Beeinflussung, welche das Bruch- j aussehen des Roheisens bei der rascheren Ab kühlung in eisernen Formen und der langsameren Abkühlung in Sandformen erleidet. In den eisernen Formen wird niemals ein sehr grobkörniges Roh eisen erfolgen; mitunter wird es sogar einen weifsen Saum erhalten. In Sandformen kann auch ein Roheisen, welches nicht mehr als 1 % Silicium enthält, eine sehr grobe Bruchfläche mit tiefgrauer Farbe erhalten, wenn es reich an Kohlen stoff, arm an Mangan ist und der langsamen Abkühlung, z. B. unter einer Schlackendecke, unter zogen wird. Vor 25 Jahren aber benutzte man wohl allgemein das Bruchaussehen des Giefserei- roheisens als Merkmal zur Beurtheilung der Güte; je grobkörniger und dunkler gefärbt es war, desto besser wurde es bezahlt. Trotz Allem, was in- j zwischen gegen diese Beurtheilungsweise geredet und geschrieben wurde, ist sie noch heute in vielen Eisengiefsereien für die Wahl des Roheisens mafs- gebend. Noch vor nicht langer Zeit wurde mir erzählt, dafs einem neu eingetretenen technischen Betriebsleiter einer grofsen Giefserei, als er den Wunsch aussprach, die chemische Zusammen setzung der ihm zur Verfügung stehenden Roh eisensorten kennen zu lernen, um darnach die Zusammensetzung der Beschickung für die Cupol- Öfen zu regeln, erwidert worden sei: „Das über lassen Sie nur dem Giefsermeister ; der sieht schon an der Bruchfläche, ob das Roheisen gut oder schlecht ist.“ Dafs die Brauchbarkeit eines zum Umschmelzen bestimmten Giefsereiroheisens durch das Giefsen * Der Fall, dafs unter äufseren Einwirkungen | zwar die Biegungsfestigkeit, nicht aber die Zugfestig keit Aenderungen erfährt, steht nicht vereinzelt da. | Beim Beizen schmiedbaren Eisens mit schwachen i Säuren kann die Biegungsfestigkeit starke Einbufse erleiden, die Zugfestigkeit aber nicht. („Stahl und I Eisen“ 1889 S. 754.) der Masseln in eisernen statt in Sandformen ebenso wenig eine Schädigung erfahren kann, als der Charakter des Eisenhüttenmannes sich verschlechtert, wenn dieser aus dem Salonfrack in die Arbeits joppe schlüpft, ist jedem Einsichtigen bekannt; ein Giefsermeister der alten Schule aber wird darauf schwören, dafs das in Coquillen gegossene Eisen schlechter sei als das in Sandformen ge gossene, auch wenn er ganz genau weifs, dafs das ursprüngliche Material ganz das nämliche war. Einen neuen Ansturm gegen diese Vorurtheile, welche wohl geeignet sind, einem Hochofenbetriebs leiter Aergernisse zu bereiten, unternahm kürzlich der auch in „Stahl und Eisen“ schon öfter ge nannte Amerikaner Thos. W. West auf der Ver sammlung der Western Foundrymen’s Association zu Cincinnati am 19. October!v. J.* Er schlug vor, inskünftige die Roheisenmasseln nicht mehr in Sandformen, sondern nur noch in Coquillen zu giefsen. Um zunächst den Beweis zu erbringen, dafs dadurch keineswegs eine Verschlechterung des Materials bewirkt werde, wie alte Giefsereileute glauben, wurden zunächst Probestücke desselben Roheisens, welche theils in der einen, theils in der andern Weise gegossen waren, wiederholt umgeschmolzen, worauf man ihre chemische Zu sammensetzung verglich. Von einem näheren Ein gehen auf diese Versuche kann hier abgesehen werden, da das Ergebnifs — die Uebereinstimmung in beiden Fällen, nur durch Zufälligkeiten beim Umschmelzen hier oder da in geringem Mafse gestört — jedem Eisenhüttenmann als selbstver ständlich erscheinen wird. Als Vortheile des Gusses in Coquillen führt West vornehmlich folgende an: Die Masseln sind frei von anhaftendem Sande. Sie geben beim Umschmelzen weniger Verlust, da der Giefser beim Ankauf der im Sande gegossenen Masseln thatsächlich eine gewisse Menge Sand statt Eisen erhält, und sie bedürfen eines geringeren Kalksteinzuschlags. Sie sind wegen ihrer gröfseren Sprödigkeit leichter zu zerkleinern, als die im Sande gegossenen. Sie sind leichter als diese schmelzbar. Diese Thatsache ist unbestreitbar und den Betriebsleuten wohl bekannt, welche Gelegenheit haften, Coquillen- masseln neben Sandmasseln derselben Zusammen setzung zu verarbeiten. ** Auch die Erklärung dafür liegt nicht fern. Der Graphit des Roheisens geht beim Schmelzen erst in Lösung, wenn die Hauptmasse, also das Eisen, mit welchem Kohlen stoff, Silicium und andere Körper bereits chemisch vereint (legirt oder gelöst) sind, flüssig zu werden beginnt. Unmittelbar vermag also der Graplit- gehalt des Eisens seine Schmelztemperatur nicht zu beeinflussen. Je höher aber der Graphitgehalt * „The Iron Trade Review“, Band 30, S. 30. ** In meiner „Eisenhüttenkunde“, 2. Auflage, S.329, erwähnt.