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15. Februar 1898. Bericht über in- und ausländische Patente. Stahl und Eisen. 195 Nr. 18760, vom 25. August 1896. F. O’Conner Prince in London. Windkasten für Cupolöfen. Der Wind wird dem den Gupolofen rings um gebenden Windkasten tangential zugeführt, so dafs er denselben durchströmt, bis er gegen die neben dem Windeinlafs befindliche Scheidewand stöfst. Behufs Regelung der Windzufuhr befindet sich im Windkasten ein Ringschieber, durch dessen Ver stellung die radialen Winddüsen mehr oder weniger überdeckt werden können. Patentwesen. Die offenkundige Vorbenutzung einer Erfindung. Ueber diesen Gegenstand hat sich kürzlich das Reichsgericht in einem Falle zweimal geäufsert. Das Klageobject liegt zwar weitab vom Eisen hüttenwesen, — es bestand nämlich in einem Pflug, und betraf ein Gebrauchsmuster, aber kein Patent —■, trotzdem sind die Urtheile des Reichsgerichts für die gesammte Technik bemerkenswerth, weil sie sich auf jede Erfindung anwenden lassen, bei welcher die That- sache der offenkundigen Vorbenutzung sowohl nach § 1 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes als nach § 2 Abs. 1 des Patentgesetzes an gleiche Vorbedingungen geknüpft ist. Der als Gebrauchsmuster eingetragene Pflug sollte 2 Tage vor seiner Anmeldung offenkundig benutzt worden sein. Der erste Richter hatte diese Vor benutzung verneint, wonach der Fall vor das Reichs gericht kam, dessen dritter Strafsenat am 8. Juli 1897 die Klage wegen rechtsirrthümlicher Auslegung des Gesetzes an die Vorinstanz zurückverwies. In den Gründen wird hervorgehoben, dafs der Be sitzer eines Modells (d. h. des Pfluges), wenn er das gesetzliche Schutzrecht und die darin liegenden ökonomischen Vortheile erlangen will, alle diejenigen Vorkehrungen treffen mufs, die einer vor der An meldung liegenden Benutzung des Modells denCharakter der Offenkundigkeit benehmen. Das Gesetz eröffnet ihm keinen anderen Weg, seinen Schutz zu erwerben. Alle etwa mit diesen Vorkehrungen sich verbindenden Beschwerungen, Unannehmlichkeiten und Kosten mufs der Besitzer des Modells als unvermeidliche Lasten auf sich nehmen, die in den durch Erlangung des gesetzlichen Schutzrechtes verschafften Vortheilen ihre Belohnung finden. Es könne deshalb der Auf fassung nicht zugestimmt werden, dafs in den Fällen, wo nach der besonderen Beschaffenheit und der Zweck bestimmung des Modells eine der Beobachtung dritter, zur Verschwiegenheit nicht verpflichteten Personen entzogen bleibende (probeweise) Benutzung überhaupt nicht oder doch nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich sei, von der Offenkundigkeit der bereits erfolgten Benutzung ganz abgesehen werden müsse, also jedwede vor der Anmeldung geschehene — probe weise — Benutzung des Modells, gleichviel ob sie offenkundig vorgenommen worden sei oder nicht, dem Modelle den Charakter der Neuheit nicht nehme und daher der Erwerbung des gesetzlichen Schutzrechts nicht entgegenstehe. Im allgemeinen ist richtig, dafs ein Probiren, eine probeweise Benutzung eines Modells nicht als eine Benutzung im Sinne des Gesetzes anzusehen ist. Unter Benutzung versteht hier der Gesetzgeber, der unzweifelhaft dem Sprachgebrauch des Verkehrslebens hat folgen wollen, die Bethätigung desjenigen Ge brauchs, für welchen das Modell bezw. die nach dem selben hergestellten Gegenstände als den ordnungs- mäfsigen, regelrechten nach der Absicht des Ver fertigers bestimmt war, und dies setzt voraus, dafs das Modell das für diesen regelrechten Gebrauch er forderliche fertige Ganze war, welches der Verfertiger sich vorstellt und demgemäfs geschaffen hatte. Als Benutzung im Sinne des Gesetzes ist mithin nicht zu betrachten derjenige Gebrauch, der den angegebenen Erfolg nicht bezweckte, der vielmehr nur dazu dienen sollte, dem Erfinder und Verfertiger des Modells die Gewifsheit zu verschaffen, dafs seine Erfindung, sein Werk gelungen sei, also bei ordnungsmäfsigem Ge brauch dasjenige leisten werde, was er sich vor gestellt hatte und was er hatte erzielen wollen, mit anderen Worten, die noch in den Kreis der Erfindungs- und Herstellungsarbeit fallende und erst diese end gültig abschliefsende praktische Untersuchung, ob das Geschaffene das vorgestellte leistungsfähige Werk sei. An der Hand dieser Grundsätze kam das Reichs gericht, dritter Strafsenat, am 18. November 1897 zu der Feststellung, dafs es sich bei der Vorbenutzung des Pfluges, welche am 1. Tage auf dem Felde des Erfinders M., am nächsten Tage auf dem seines Nach barn H. vorgenommen wurde, lediglich um denjenigen praktischen Gebrauch gehandelt hat, der dazu dienen sollte, um dem Erfinder und Verfertiger des Modells die Gewifsheit zu verschaffen, dafs dasselbe gelungen und das seiner Vorstellung entsprechende leistungs fähige Werk sei. Hierbei sei zu beachten, dafs M. von dem Ergebnifs des Versuches am 1. Tage nicht völlig befriedigt war, dafs er sich deshalb zu einer Abänderung oder Verbesserung der kritischen Vor richtung und zu einer weiteren praktischen Erprobung dieser Verbesserung in Bezug auf ihre Leistungs fähigkeit entschlofs, dafs er bei deren Ausführung, zumal ihm eigenes Versuchsfeld nicht mehr zur Ver fügung stand, das H.’sche Rübenfeld benutzte, und dals H., wenngleich er bei diesem Versuch, und zwar zum Theil in Abwesenheit des M., selbstthätig mit wirkte, doch nur als ein Werkzeug des Erfinders fungirte. Erst mit dieser weiteren nunmehr günstig ausgefallenen Erprobung gelangte die Erfindung zum definitiven Abschlufs. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob das Versuchsfeld mit den Einblick dritter Personen in die Versuchsarbeiten und die Eigenart des Modells verhindernden Vorkehrungen versehen war, um. so weniger, als thatsächlich derartige Be obachtungen anderer als der bei diesen Arbeiten un mittelbar betheiligten Personen, das sind der Erfinder selbst und die als dessen Werkzeuge fungirenden Ge- hülfen, nicht vorgekommen sind. Eine offenkundige Vorbenutzung konnte deshalb aus diesen Umständen nicht gefolgert werden. Ebensowenig liegt ein Bedenken gegen die Neuheit vor, wenn M. nach jenen Versuchen, aber noch vor der Anmeldung nach und nach verschiedenen Landleuten Näheres über die Vor richtung und das Ergebnifs seiner Versuche mitgetheilt hat. Solche Privatmittheilungen an verschiedene Per sonen kommen einer Beschreibung in öffentlichen Druckschriften nicht gleich, um so weniger, als vor der Eintragung des Gebrauchsmusters Niemand das Modell zu sehen bekommen hat, so dafs also auch von einer als offenkundige Vorbenutzung aufzufassenden Zurschaustellung des Modells zur Zeit der Anmeldung nicht die Rede sein konnte. (Nach Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen 1897, 208 und 258).