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15. Februar 1898. Der Ausstand der Maschinenbauarbeiter in England. Stahl und Eisen. 189 Statistik, welche das Reichsversicherungsamt über die Unfallursachen auf das Jahr 1897 in die Wege geleitet hat, darüber genügende Aufklärung geben. Man mufs sich vorläufig damit begnügen, dafs die schweren Unfälle nachgelassen haben. Natür lich ist es im Interesse der Arbeitgeber wie der Arbeiter dringend zu wünschen, dafs das An wachsen der Unfallzahlen endlich nachläfst, auf keinen Fall sollte man jedoch, wie das von manchen Kreisen aus thatsächlich geschieht, die Thätigkeit der Unfallverhütung als zwecklos hinstellen und so das Uebel bedeutend verschlimmern. Im Gegen theil müfste man daran denken, die Unfallverhütung noch bedeutend auszudehnen. Was für die Allge meinheit zutrifft, ist auch für die Eisen- und Stahl industrie zu beobachten gewesen. Wenigstens in den 90er Jahren hat sich die Zahl der schweren Unfälle bei den Eisen- und Stahl-Berufsgenossen schaften vermindert. Im Jahre 1891 waren bei sämmtlichen acht in Betracht kommenden Berufsgenossenschaften noch 520 Unfälle zu ver zeichnen, die den Tod oder dauernde völlige Er werbsunfähigkeit im Gefolge hatten, im Jahre 1896 dagegen nur 440. Gerade bei diesen schweren Un fällen zeigt sich die Wirkung der Unfallverhütung in klarster Weise. Sie sind hauptsächlich für die einzelnen Jahre vergleichsfähig, während bei den leichteren Unfällen immer in Betracht gezogen werden mufs, dafs sie in den letzten Jahren in weit gröfserem Umfange zur Anmeldung gekommen sind als früher. Jedenfalls geht auch aus den Zahlen für die Unfallverhütung ebenso wie aus den oben an geführten hervor, dafs die Eisen- und Stahlindustrie in der Unfallversicherung des deutschen Gewerbes eine bedeutende Stellung einzunehmen gewust hat, und dafs sie, wenn im allgemeinen die berufsgenossenschaftliche Thätigkeit anerkennend erwähnt wird, dabei nicht den letzten Platz einzunehmen braucht. II. Krause. Der Ausstand der Maschinellbauarbeiter in England. Am 31. Januar d. J. hat ein Arbeiterausstand sein Ende erreicht, der sowohl hinsichtlich seiner principiellen Bedeutung als auch bezüglich der Verluste, welche er verursacht hat, zu den be- merkenswerthesten Ausständen am Ende dieses Jahr hunderts gehört. Was die Verluste der Arbeitgeber betrifft, so werden dieselben kaum zu berechnen sein. Die Beträge aber, welche der Ausstand den Arbeitern gekostet hat, werden in englischen Blättern ziemlich genau angegeben. Danach waren zu Beginn des Ausstandes im ganzen 740000 £ (fast 15 Millionen Mark) verfügbar, und von diesem Betrage ist nicht viel übrig geblieben; denn wöchentlich sind im Durchschnitt 24 000 £ (fast 1/2 Million Mark) an Streikunterstützungen ausgezahlt worden. Hierzu tritt noch der Verlust an Löhnen, der sich auf etwa 2,4 Millionen £ oder 48 Millionen Mark beziffert, so dafs der Verlust der Arbeiter auf mehr als 60 Millionen Mark ver anschlagt wird.* Von anderer Seite wird der Kostenbeitrag der Arbeiter an nicht verdientem i Lohn, an ausgezahlter Ausstandslöhnung und an aufgezehrten Ersparnissen auf 4 680 000 £ = 93 600 000 •6 berechnet. ** Der Generalsecretär des Vereins der Kesselschmiede, Knigh, schätzt den Verlust, den sein Verein durch den Ausstand erlitten hat, auf 150000 £ (3 Millionen Mark). Was die principielle Seite der Angelegenheit anbelangt, so machte über dieselbe 14 Tage vor * „The Engineer“ 21. Januar Seite 61. ** „Daily News“ vom 5. Februar. Ausgang des Ausstandes Herr Landtagsabgeordneter H. A. Bueck in der Vorstandssitzung des „Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller“ die nach folgenden Bemerkenswerthen Darlegungen. „Von höchster Bedeutung ist der Streik der Maschinenbauer in England, und zwar um des willen, weil es sich bei demselben nicht sowohl um eine Besserung der Lage der Arbeiter handelt, sondern weil er in dem vollen Sinne des Wortes ein Kampf um die Macht ist. Freilich sind die Lohnverhältnisse nicht unberührt, sie bilden sogar den Ausgangspunkt des Streiks, da von den Ar beitern die Einführung des achtstündigen Arbeits tages an Stelle des bisherigen neunstündigen ver langt wurde. In der Hauptsache wird der Kampf aber geführt um die Frage, wer in der Werk statt Herr sein soll, der Arbeitgeber oder der Arbeiter. Nach den schweren Kämpfen der 1880er und Anfang der 1890er Jahre war eine Zeit ver- hältnifsmäfsiger Ruhe eingetreten; als aber gegen Ende des Jahres 1895 das Geschäft in den Ma schinenfabriken wieder lebhafter zu gehen begann, traten die Arbeiter auch sofort wieder mit Lohn forderungen hervor. Diese wurden gutwillig zu gestanden von den Fabriken an der Nordostküste, am Clyde und in Belfast erst nach längeren Arbeits einstellungen. Die Arbeiter traten jedoch mit immer neuen Lohnforderungen hervor, und die Lage der Unternehmer gestaltete sich um so schwieriger, da sie in ihrer Industrie mit verschiedenen Gewerkschaften zu thun hatten, beispielsweise denen der Kessel schmiede, der Eisenschmiede, der Vernieter, der IV.1s 4