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1. Januar 1898. Gütertransportnofh. Stahl und Eisen. 35 kehrsentwicklung Schritt gehalten, wie sie sich seitdem vollzogen hat. Der Kohlenverkehr nämlich hat sich vom Jahre 1885 bis 1893 um 33,69 % gehoben; seine Steigerung neuerdings bis zum Jahre 1896 ist eine noch viel bedeutendere, wie Sie dies in Fig. 5 sehen. Auf einen gemeinsamen Nullpunkt bezogen, können Sie danach vergleichen, wie die Geleisentwicklung von dem Kohlenverkehr sich hat überholen lassen. Allerdings wissen wir, dafs neuerdings zur Anlage von Sammelbahnhöfen und dergleichen an der gegenwärtigen Peripherie des Bezirks ganz bedeutende Aufwendungen zur Vermehrung der Geleise gemacht worden sind, aber andererseits, m. H., hat der Kohlenbergbau auch nicht stillgestanden, um jene Entwicklung abzuwarten, er ist vielmehr, wie Sie sehen, in einem wiederholten und raschen Ansteigen begriffen. Auch die Entwicklung der nächsten Jahre wird vermuthlich einen Stillstand nicht bringen. Jeder Verkehrsweg, m. H., hat nun aber sein Maximum, über das hinaus der Verkehr eben nur mühsam bewältigt werden kann. Für wie viele Jahrzehnte glaubte man die Berliner Stadtbahn ausreichend für die prompte Erledigung selbst rasch anwachsenden Verkehrs und wie arg hat sie in den letzten Jahren versagt und zu lebhaften Klagen über die dort herrschenden Zustände be rechtigten Anlafs gegeben 1 Ebenso sind die Pferde bahnen in Berlin durch das wachsende Verkehrs- bedürfnifs über das Maximum hinaus angespannt und müssen an eine ausreichende Ergänzung denken. All’ die Ihnen vorgeführten Momente führen in ihrem Zusammenhang es herbei, dafs der Wagen umschlag ein aufserordentlich hoher ist. Nach einer Zahl, die der Centralinstanz entstammt, ist derselbe nämlich 41/2 Tage. Diese Zahl mufs um so mehr Bedenken erregen, als, wie Sie ja alle wissen, auf den Bergwerken die Beladung und andererseits bei den Grofsconsumenten die Ent ladung sich auf das schnellste vollzieht. Ebenso sind in den Rheinhäfen, wohin täglich mehr als 2000 Doppelwagen versandt werden, die vollkom mensten Entladevorrichtungen vorhanden. Nach zuverlässigen Aufstellungen sind von unserer Ruhrkohle im Jahre 1896 in den Verkaufs bezirken Düsseldorf, Elberfeld, Bochum, Witten, Essen, Emmerich mehr als 7 Millionen Tonnen geblieben. Die Zahl von weiteren 8 Millionen blieb in dem Umkreise von 200 km, während etwa 51/2 Millionen Tonnen zu den Häfen gehen. Sie sehen daraus, dafs der Wagenumschlag gegen über diesen nahen Absatzgebieten ein überaus langsamer ist und seine Verbesserung und Be schleunigung eben nur in der organischen Ver besserung des gesammten Verkehrswesens gesucht werden kann. Der Wagenmangel ist, wie gesagt, die Erscheinungsform der Verkehrscalamität, ihre Ursache liegt tiefer: sie liegt einmal in der mangeln den Geleisentwicklung, vor allem aber in der Auf fassung der Staatseisenbahnverwaltung gegenüber den Forderungen der Verkehrsentwicklung. Die Ihnen vorgebrachten Thatsachen werden zur Genüge beleuchtet haben, dafs die Staatseisen bahn den Zusagen bei der Aufnahme des Systems nicht entsprochen hat. Die Staatsbahn hat gegen über den naturgemäfs fortschreitenden Ansprüchen des Verkehrs versagt und führt in jedem Herbst zu Erscheinungen von wachsender Schwere, welche als eine theilweise Lähmung des wirthschaftlichen Lebens bezeichnet werden müssen. Nur Eines ist ihr unbestritten: die Steigerung ihrer Rente, die, wie Ihnen nachgewiesen, im Jahre 1895/96 6,76 % betragen hat. (Hört, hört!) Aber der Grundfehler, m. H., ist das Verkehrs monopol, das der Staatsbahn seinerzeit verliehen worden ist. In diesen Fig. 6 Geleisentwicklung im Ruhrbezirk (G. E.). 50 km = 1 mm. Eisenbahnkohlenverkehr im Ruhrbezirk (E. K. V.). 200000 t = 1 mm. Monopolfehler wird jedes so gestellte Unternehmen verfallen. Die Hoffnungen aus dem Jahresbericht des Bergbaulichen Vereins vom Jahre 1882 auf einen Wandel des Systems durch den Staatsbetrieb sind gründlich enttäuscht worden; sie wären es noch mehr, wenn wir nicht in unserem Be zirke hier ganz besonders mit der angespanntesten Thätigkeit der einzelnen Dienststellen rechnen dürf ten und deren ständiger Bemühungen uns ver sichert halten könnten, dafs sie mit vollem • Ver- ständnifs für die Bedürf nisse des Verkehrs alles thun, um die ans Licht tretenden Schäden zu mindern und, wenn an gängig, zu beseitigen. Aber jedes Monopol ist allzu verführerisch für den Inhaber und wird stets ähnliche Mängel zeitigen. Die Durchbrechung dieses Eisenbahn verkehrs-Monopols ist nur möglich durch Verkehrs wege, welche sich in völliger Unabhängigkeit von den Eisenbahnen halten können. Die wohl ge legentlich angeregte Verpachtung der Staatseisen bahnen erscheint nach Lage unserer Verhältnisse von vornherein ungangbar. Es bleibt also, m. H., nichts weiter übrig, als dieses Monopol durch einen, davon unabhängigen Verkehrsweg zu brechen. Gewifs wird man dem jetzt zusammen tretenden Landtage zur Behebung der zu Tage getretenen Mängel und der durch sie bewirkten schweren Schädigungen, Zusagen für die Verbesserung der Verkehrsmittel sowohl, wie der Geleisanlagen machen, aber, m. H., das Monopol mit seinen Gonsequenzen ist damit nicht beseitigt und kann so nicht beseitigt werden.