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Dresdner Journal : 21.04.1875
- Erscheinungsdatum
- 1875-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187504213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18750421
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18750421
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1875
-
Monat
1875-04
- Tag 1875-04-21
-
Monat
1875-04
-
Jahr
1875
- Titel
- Dresdner Journal : 21.04.1875
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1875 MSV Mittwoch, len 21 Axttl Dres-mrIMmal I»»sr»t«»p7st»«r Verantwortlicher Redactcur: Hofrath I. G. Hartmann in Dresden. — Feuilleton. Nedisirt »o» Otto »aus». Eine verunglückte Luftschifffahrt. Ueber die in unserem gestrigen Blatte kurz erwähnte letzte Fahrt des „Zentth", welche Crocö-Spinelli und Ai»«k«l»«», mit L»«ucku»« ä» So»»- mol xv«»ai ea» a« A»lE«»t«» Tngkggeschichte. * Berlin, 19. April. Wie die „N. Pr. Ztg." heute berichtet, stände die Rückkehr Sr. Majestät des Kaisers von Wiesbaden nach Berlin bereits am 2. Mai zu erwarten, auch würde die Ankuuft Sr. Maje stät des Kaisers von Russland nicht am 10. son dern am 9. Mai von St. Petersburg in Berlin er folgen. — Fürst Bismarck ist seit gestern von einem leichten Unwohlsein befallen worden, das ihn auch be hinderte, in der heutigen Sitzung des Abgeordneten hauses zu erscheinen (vgl. unten den Sitzungsbericht). Die „D. R.-Z." bemerkt hierüber: Ernster Natur scheint das Unwohlsein nicht zu sein, und wenn die Aerzte dem Reichskanzler riechen, sich heute von den parlamentarischen Verhandlungen fern zu halten, so Amtlicher Theil. Dresden, 20. April. Ihre Majestäten der König und die Königin haben heute Allerhöchstihre Villa zu Strehlen bezogen. Dresden, 19. April. Mit allerhöchster Geneh migung ist dem ersten Oberlehrer an der Thomasschule zu Leipzig, vr. pi>. Franz Emil Jungmann der Titel „Professor" verliehen worden. l>r*»<lovr /o»riuU»i «druck— : L-S"' » ».: La«««««»» <s Ko-i«-, >«rU» I«rU>: L L >»«»«»: L Seölott«, F K<K«c»; vö«»iüt»: Fr. Rr»»kt»n r».: L ». F. 6. //«-rma»» »od» Nundk, vürll«»: /»« -D , L»m»ov': O »mt»: //«xu, F 0« , //«»öe F H»., Luudv,: F HN«»i Ä/ k-tVokt S«r»»»r»d«r» TH»lLl. ä— t)r«ä»»r siW»»»z,, lichen Beziehungen möglich, welche zwischen dem Pro- ducenten und seiner Arbeit das unentbehrliche Lebens band bilden müssen. Der Einzelne, auch der begabteste, könnte cs nicht erreichen, diese Versunkenheit durch ein edleres Streben in den Augen der Menge zu entwerthen. Aber immer hin wirkt das gute Beispiel für die Gebildeteren im Pu- blicum anregend und giebt Hoffnung auf eine Erhebung allgemeiner literarischer Principien. Und so haben wir allen Grund, Leistungen mit Freude entgegenzunehmen, bet deren Production das nothwendige geistige Verhält- niß zwischen dem Schriftsteller und seinem literarischen Stoff mit Ernst und innerer Weihe gewahrt ist. Alle Diejenigen — und ihre Zahl ist klein —, welche auf diesem gediegenen Wege ihre beste Kraft auf- bieten, haben sich dem schärfsten Rigorismus gegenüber das Grundrecht zum Produciren erworben, ein Recht, das nicht, wie man voreilig annimmt, vom angestamm ten Talent, sondern vielmehr von der ästhetischen Ent wicklung und gewissenhaften Verwerthung desselben ab hängt. Wo für diese der reine Wille spricht, findet der edel Strebende zum literarischen Ausleben seines Indi viduums und seiner Lebenserkenntnisse für sein Irren, wie für sein Gelingen ein unbestreitbares Feld. In dieser Bethätigung der wachen Arbeit, bei der der Autor sich selbst und seine literarischen Tendenzen hütet, berührt eine Edition „Neue Novellen" von Adolph Stern (Leipzig, Verlag von I. I. Weber) den denken den Leser angenehm und als eine willkommene Meh rung zweckklarrr Bestrebungen. (Fortsetzung folgt.) Literarische Revue. Wenn uns aufrichtiges Ringen ein lesenswerthrs Bnch entgegenbrtngt, mindert es die herbe Aufgabe, zu gleich auf den Schatten hinzuweisen, der das betreffende literarische Gebiet so unangenehm verdunkelt. In der modernen Novellenliteratur tritt uns, mit Ausnahme weniger schaffenden aber nicht immer der stärksten Kräfte von Beruf, die trübe Gesammterscheinung ent gegen, das innerliche Bedürfniß des Dichtens von Seiten der Schriftsteller überschätzt oder mindestens mit dem Ehrgeiz des Producirrns, mit der praktischen Berufs- betriebsamkeit verwechselt zu sehen. Dies führt zu einem zu cmsigen, zu ost wiederholten, zu vielfach variirten Ausbeuten der wirklichen Lebenserfahrungen, dieses Er zes, aus welchem daS Metall der Dichtung ausgrbracht werden soll. Durch jenes Wühlen unnützer Schachte wird viel armes, ja taubes Gestein mit desto reicherer Selbsttäuschung zu Tage gefördert und es erklärt sich daraus leicht, weshalb in unserer poetischen Production, und ganz besonders in der zumeist gepflegten und zu meist beliebten, der Novelle, die hoffnungweckenden, ta lentvollen Anläufe, die talentvollen Fortbrstrebungen unverhältnißmäßig überragen. Man schafft auf das Conto alter Erinnerungen hin immer weiter und wartet nicht, bis neue realistische Eindrücke und individuelle Wandlungen durch das Leben selbst den Schatz der Beobachtungen, der genossenen Freuden, der erlittenen Schmerzen zu einer dichterisch brauchbaren Summe bereichert haben. So kommt der wirklich Befähigte sehr ost in den Fall, sich durch meist deS Oberhauses beantwortete der StaatSsecretär deS Aeußern, Earl Derby, eine Anfrage deS Earl Russell wegen deS deutsch-belgischen Notenwechsels, Earl Derby erklärte, die bezüglichen Vorstellung.« trügen einen freundschaftlichen Charakter. An England sei betreffs dieses Streitpunktes keinerlei Aufforderung ergangen. Sich über den Gegenstand jetzt zu äußern, wäre voreilig, weil man in England nur unvollkom mene Kenntniß von den einschlägigen Thatsachcn habe; aber er glaube, daß die öffentliche Meinung Europas über die vermeintliche Bedeutung des Zwischenfalls über Gebühr erregt sei, und sehe nach der gegenwärtigen Information dem weiteren Ergebnis; ohne jede Beun ruhigung entgegen. Die Regierung lege Werth auf den Frieden und auf die Unabhängigkeit Belgiens; er schätze sich glücklich, daß weder das Eine, noch bas Andere ge fährdet erscheine. Auf eine Anfrage des Lord Strathrdeu in Be treff der Verträge Oesterreichs mit den Donau fürstenthümern erklärt Earl Derby, Oesterreich habe die Absicht einer Verletzung der bestehenden Verträge niemals zumelassen und hie zwingende Gewalt seiner Verpflichtungen gegen d»c Pforte ssetS anerkannt Die Differenz bestehe lediglich in einer verschiedenen Interpretation der VertraaS- besiimmungen Er (Derb^ sehe nirgends die Ge fahr einer Störung deS Friedens oder ernstlicher Verwickelungen. Im Unterhause beantwortete der Premier Dis raeli eine Interpellation O' Reilly s, ob es wahr sei, daß deutscher SeitS im Januar 1874 an Eng- land di? Aufforderung gerichtet wurde, die deut schen Vorstellungen an Belgien wegen der ultra montanen Agitation zu unterstützen s Disraeli erklärte: Der deutsche Reichskanzler war im Januar 1874 gezwungen, wegen dcr Conspiration zwischen den nach Belgien geflüchteten Jesuiten und den deutschcn Katholiken gewisse Vorstellungen an Bel gien zu richten, und deutete dem britischen Botschafter in Berlin an, England möge diese Vorstellungen unter stützen. Bei einer späteren Unterredung mit dem deut schen Botschafter in London drückte nur Earl Gran ville den Wunsch aus, es möge kein Differenzpunkt zwischen Deutschland und Belgien existiren. Belgien sei bezüglich seiner auswärtigen Beziehungen stets vorsichtig und bestrebt gewesen, seinen Nachbarn keinen gerechten Grund zur Klage zu geben; er (Granville) hoffe, Deutschland werde den Verhältnissen eines durchweg katholischen Landes Rechnung tragen. Neuerlich und dem jetzigen englischen Cabinet habe Deutschland nie mals einen ähnlichen Wunsch geäußert. London, Dienstag, 20 April- (Tel. d. Dresdn. Journ.) Sämmtlichc Morgcnblätter besprechen die gestrige Interpellation über den deutsch-belgischen Notenwechsel und erklären, daß die Situation keinerlei Anlaß zu Befürchtungen darbiete. unbewußte, immer abgeschwächtere Reproduktionen seines eigenen Ich zu überleben, ehe er als Mensch zu leben ordentlich angefangen. Und hier ist der Punkt, wo viele wahrhaft Befähigte fast ganz zu demselben Resultate ge langen, welches einer Unzahl von Romanschriftstellenr ebenso genügt, wie ihren trivialen Freunden im Publicum. Sie nennen es dichten, wenn sie mit scheinbarer Wärme von historischen Thaten, menschlichen Zuständen, Hcrzens- confiicten und gesellschaftlichen Problemen erzählen, für die sich ihre Seele in der Wirklichkeit niemals eine Mi nute lang interessirt hat, für deren störende Existenz sie in ihrem behaglichen Materialismus nur eine Theil- nahme beim Publicum voraussetzen und bei der Be handlung dieser Dinge, vom Metier und der Eitelkeit gestachelt, in keiner verdienstvolleren Weise wach und munter bleiben, als der Falke, den man durch Schau keln in seinem Ringe nicht einschlafen läßt. Und sie werden dabei auch wirklich schwindlich, dienstfertig stumpf- stnnia und äußerst zahm wie ein Falke, denn wenn sie der Jägermeister, ihr famoser Buchhändler, aus dem Käfig holt und ihnen die Narrenkappe von dcn Augen nimmt, so stoßen sie auf jede literarische Beute, die ihnen in Lust und Wasser, Feld und Wald gezeigt wird. Auf diese Weise werden gewöhnlich, mit Respekt zu sagen, die großen kulturgeschichtlichen und biographi schen Romane und die zahllosen Novellen geschrieben, welche als Novitäten die Leihbibliotheken bevölkern hel fen. Neun Zehntheile davon stellen mit Leidenschaft dar, was den Verfassern stets gleichgiltig war und sein wird. Dieser Jndifferentismus, diese Verkommenheit span nungsloser Production, seelenarmer Mechanik sind nicht die Folgen der Vielschrrtberri, sondern im Gegentheil, die Vielschrrtberri wird erst durch das Nichtvorhanden- srin oder unsittliche Aufgeben jener psychischen und Herz- Nichtamtlicher Tlml. Telegraphische Nachrichten. München, DienStag, 2V. April, Morgens. (Tel. d. Drrsdn. Journ.) In einer gestrigen Ver sammlung deS Vereins der ReichSfreundr gab der Präsident der Kammer der Abgeordneten, Frhr. v. Stauffenberg, eine Ueberficht über die Thätig- krit deS Reichstags und erörterte die kirchliche, so wie die Militärfrage. Frhr. v. Stauffenberg erklärte eine Verminderung der Militärlast und ein Nachgrben der Regierung im Kirchenstreite für unmöglich und verlas schließlich eine von sämmtlichen liberalen Abgeordneten unterzeichnete Ansprache an die Wähler, welche die freisinnigen und reichstreuen Männer auffordert, ihre ganze Kraft ein zusetzen im Kampfe gegen die Feinde des Reiches und des Staates, mögen sie für ihre Bestrebungen die Re ligion mißbrauchen, oder die Grundlagen der bürger lichen Ordnung und Sitte durch die That untergraben. Wien. Montag, 1S. April, AbendS (Corr.- Bur.) Ueber die Reise Sr. Majestät des Kaiser in da- Innere von Dalmatien sind folgende Mel dungen eingegangen: In Sin j bildete den Glanzpunkt der Festlichkeiten das historische Preisturnier, welches, zum Andenken an dcn von den Milizen dcr Eingeborenen gegen die be lagernden Türken im Jahre 1715 erfochtenen Sieg ge stiftet, unter ungeheurem Andrange vor dem Kaiser auf- gcführt wurde. 24 den besseren Ständen angehörige Wettreiter, in historischen Trachten gekleidet, führten auf silberdrapinen Pferden mit Eleganz und Bravour das aus Ringstechen bestehende Spiel auf. Nach der Pro- clamirung des Sieges hielt der Feldmrister, Gutsbe sitzer Tripals, eine patriotische Anrede an die Sinjaner und den Kaiser, worin er die historische Bedeutung des Festes darlegte, sowie die unbegrenzte Treue und Anhänglichkeit des Volkes an das Kaiserhaus betonte. Sr. Majestät dankte gerührt. Hierauf fand ein Na- tioualtanz vor der Residenz Statt, welchem der Kaiser von den Fenstern zuschaute. Nach dem Diner besichtigte der Kaiser die glänzende Illumination und daS Feuer werk. Heute Vormittag 10 Uhr traf der Kaiser, welcher von früh 3 bis 5 Uhr gearbeitet und sodann Sinj ver lassen hatte, in Dernis ein. Die Dörfer, die der kai serliche Zug passirtc, errichteten Triumphbögen, die Land leute eilten überall Don der Arbeit herbei und bereiteten dem Kaiser stürmische Ovationen. Bei zwei prachtvoll decorirten Triumphbögen wurde dcr Kaiser von den Ingenieuren und Arbeitern der hier begonnenen Eisen- bahn begrüßt und nahm die Pläne entgegen. Rom, Montag, 19. April, AbendS. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der päpstliche NuntiuS Simeoni ist mit Gefolge heute nach Madrid abgereist. Im Senate wurde einePetition deS Patriarchen von Venedig wegen der Militärpflicht der Geist- lichen au die Commission überwiesen. London, Montag, 19. April, RachtS. (Tel. des Dresdn. Journ.) In der heutigen Sitzung handelte es sich namentlich darum, den Fürsten vor derjenigen Aufregung zu bewahren, welche em derartiger Wortkampf immer in Gefolge hat, und dadurch möglichst eint Verschlimmerung zu verhüten. Wie wir übrigens hören, beabsichtigt der Reichskanzler sich noch im Laufe dieser Woche nach seiner lauenburgischcn Besitzung zu begeben, um dort einige Tage zu verweilen, dann zu- rückzukchren und sich von hier aus nach Varzin zu be geben. — Nach der „N.-Z." bestätigt es sich in vollstem Umfange, daß Oesterreich und Rußland die Vor stellungen der deutschen Regierung in Brüssel unter stützt Haden. Nach verbürgten Mittheilungen aus hie- sigen diplomatischen Kreisen ist der österreichische Ge sandte in Brüssel schon vor 10 Tagen angewiesen wor den, dem belgischen Cabinet mündlich zu eröffnen, daß Oesterreich die Vorstellungen der deutschen Note vom 3. Februar als vollständig begründet erachte und dcr belgischen Regierung nur dcn freundschaftlichen Rath erhellen könne, den deutschen Wünschen so weit als irgend thunlich entgegenzukommen. Rußland soll in gleicher Weise nur noch in dringlicherer Form die deutsche Nott bei dem belgischen Cabinet unterstützt haben. — Die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschast des Kammer gerichts, betreffend die Massenverbreitung der vom Abg. Wendt im Abgeordnetenhaus«: verlesenen Encyklika durch die „Germania", gelaugte am 16. d. M. beim Obertribunal zur Verhandlung. Bekannt lich hatte die Rathskammer des hiesigen Stadtgerichts die vom Staatsanwalt wegen dieser Verbreitung bean tragte Untersuchung abgelehnt. Diesem Beschlusse hat sich das Kammergericht und, wie die „N. A. Z." heute berichtet, nunmehr auch das Obertribunal augeschlossen, indem dasselbe durch seinen Beschluß die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschast zurückwies. — Die „Köln. Ztg." bringt eine Analyse der zwei ten Note vom 1b. April d. I., welche Graf Perpon- cher im Auftrage der deutschen Regierung geschrie ben und am 16. April Abends dem belgischen Mi nister der auswärtigen Angelegenheiten mitgetheilt hat. Die deutsche Regierung drückt zuerst ihr Bedauern über die in der belgischen Antwort vom Februar enthaltene Ab lehnung aus Belgien sei allerdings am besten im Stande, die parlamentarischen Schwierigkeiten zu schätzen, welche sich der Verwirklichung der angeregten nothwcndigen Abhilfe ent- gegcnsttUen. Belgien sei aber auch gewisi überzeugt, daß es sich in erster Linie darum handle, dcr sachlichen Notbwcndig- keit jener Abhilfe gerecht zu werden, während die Prüfung der Schwierigkeiten, die bei der Ausführung in Frage kommen, erst in zweiter Linie stehe. Die Erörterung der Frage, wie die völkerrechtliche Aufgabe jedes Staates zu lösen fei, die An gehörigen der Nachbarstaaten vor Störungen des inner» Frie dens von seinem Gebiete an? zü^sksskktzrn und die Beeinträch tigung der nationalen Beziehungen fernzuhalten, interessirt nicht nur Belgien, sondern gleichmäßig alle Staaten, die sich die Pflege des allgemeinen Friedens und guter nachbarlicher Beziehungen zur Aufgabe stellen. Jede Zeit hat diese Frage nach dcn obwaltenden Bedürfnissen und vorhandenen Möglich keiten zur Abwehr fremder Einwirkung auf die Sicherheit des Staates zu beantworten gehabt. Die gegenwärtige Zeit ist nicht mehr danach angethan, wie früher, die Einzelsouveränetät den internationalen Verpflichtungen gegenüber ausschließlich festzuhalten. Hier wird auf die Verwebung und empfindliche Wechselwirkung der Verkehrsmittel, die daraus erwachsene Solidarität der Interessen, sowie die in demselben Verhält nisse vermehrten ActionSmittel der dem gegenseitigen Frieden feindlichen Elemente hingewiesen. Das Alles sn in einem Maße der Fall, wie es noch vor einem Menschenalter nicht vorhergesehen werden konnte. Die Note folgert daraus, daß kein Staat von der Rückwirkung derartiger Störungen deS regelmäßigen Verhältnisse- frei bleiben könne Wenn der Ver wirklichung der Abwehr mannichsache Hindernisse entgegen stehen, so werde ein freundlicher Meinungsaustausch die Auf- gäbe erleichtern, wie dies schon jetzt durch di« öffentliche Dis- cussion, welche durch die bisherige Erörterung hervorgerufen sei, in erfreulicher Weise geschehen. In Deutschland sei da durch selbst die Aufmerksamkeit der ReichSbebördcn auf die in Deutschland bestehende, den belgischen Zuständen analoge Lücke der Gesetzgebung, bezüglich des Schutzes anderer Staaten ge- gen Unternehmungen deutscher Unterthanen, gelenkt worden. Bisher wären keine Reklamationen fremder Regierungen gegen solche feindliche Unternehmungen erfolgt, weil eine Einmischung deutscher Unterthanen nicht stattgefunden hat. Der Reichs kanzler habe dennoch keine Zeit verloren, die Reichsbebörden zu der Erwägung aufzusordcrn, durch welche gesetzliche Bestim mungen fick ver Schutz des Auslandes und des inner» Frie- dcns dcr Nachbarstaaten gegen eventuelle Störungen durch die Ldc>»»e«»1«»r«1„ I» UM»«« . ReichSgesetzgebung sicher stellen laste. Welche Ausnahme dies selten ver gesetzgebenden Factoren des Reiches finden werde, läßt sich allerdings noch nicht übersehen Die Note drückt alS- dann den Wunsch aus, daß Belgien diesem Beispiele solgen und dadurch einen neuen Beweis von dem seinerseits wieder holt hervorgehodenen Werth geben möge, welchen eS den guten Beziehungen zum deutschen Reich« brimeste. Mißlinge der Versuch, so werde doch die öffentliche Anschauung geklärt und ein Einvernehmen aller gleichmäßig interessirten Staaten her deigeführt werden Die Note tritt dann in dem schon von dcm belgischen Minister des Auswärtigen mitgetheil ten Wortlaute den in der Presse anfactretenen Entstellungen, als habe eS die deutsche Regierung auf die Freiheit dcr belgi schen Presse abgesehen, nachdrücklich entgcgeu Es sollte keine Einmischung in die iunern Verhältnisse Belgiens stattfinden, sondern fremde Einmischung in Deutschlands innere Verhält nisse ebaewehrt werden. Zum Schluß wiederholt die Note, welche Verpflichtungen namentlich für Belgien aus seiner Neutralität zumal gegenüber den Garantiemächten erwachsen, und macht zum Beweile der friedlichen und freundnachbarlichen Absichten Deutschlands darauf aufmerksam, daß der Gedanken austausch unter der deutscherseits gewährten Mitwistenschast der Mächte stattgefunden habe Weiter enthält die „K.Z." nachstehendes Telegramm ans Berlin: Es scheint richtig, daß auch die neue deutsche Note an Belgien denselben Regierungen, wie die frühere, mitgetheilt werden soll, falls dies noch nicht geschehen ist. In politischen Kreisen befestigt sich die Annahme, daß der Reichskanzler, wie das auch aus dem Inhalt dcr neuern Note hervorgeht, ein Einvernehmen aller be theiligten Staaten über die zur Sprache gebrachten Fra gen herbeiführen möchte. I-. Berlin, 19. April. In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses, welcher am Ministertische die Staatsminister Camphausen, Leonhardt, Or. Falk, l)r. Friedenthal und Oi. Achenbach beiwohnten, stand auf dcr Tagesordnung die dritte Bcrathung des Gesetzes, betreffend die Aufhebung der Artikel 15, !6 und 18 der Verfassungsurkunde. Die Genrraldiscussion eröffnet Abg >>-. Windthorst (Mepven): Sowohl dem Inhalte als der Tendenz nach sei die Vorlage, welche heute das HauS beschäftige, «ine so wichtige uud ernste, wie eine ähnliche dem selben noch nicht voraelcgt worden sei- Er fürchte, der kurze Satz, aus dem dies Gesetz ruhe, werde verhänanißvoll werden, sowohl für den preußischen Staat als auch für Deutschland. Er bedaure zunächst die Uebereilung, mit der die Vorlage hier im Hause behandelt worden sei, deren zweite Lesung sich ja nur auf eine Abstimmung beschränkt habe. Dies glaube er klar mache» zu müssen, damit man ersehen könne, wie leicht jetzt Verfaffungsbestimmungcn wiegen. In der ganzen Ver fastung seien di« drri obigen Paragraphen sicher mit die wich tigsten. und es werde einst cineZeit kommen, wo man sie wie der aufnehnitn werde. Diese Bestimmung«» bildeten nach dcr Resormatiou cineu Abschluß dcr Kämpfe in Dcuischland. Jetzt wolle mau also die Garantie, welche man für die freie Bewe aung jeder ReligiooSgesellschast in Deutschland geschaffen, be seitigen, otz»e «ich nur «»»»deuten, waS an deren Stelle treten solle. Im Zerstören scheine man geschickter zu sein, als im Ausbauen. Hätte die Regierung bei der Vorlegung dieses Ge setzes ein klares, festes Programm gezeigt, so würde vielleicht leicht darüber zu dlscutiren sein, statt besten habe die Regie rung gar nichts gethan, denn die Aeußerungen der einzelnen Minister möchten ganz interessant sein, hätten jedoch gar keine Bedeutung. ÜebriaenS glaube er nicht, daß die Existenz aller ReligionSgesellschasteo in Deutschland aus Artikel lü beruhe, ihr garantirteS Recht könne man ihnen auch durch Beseitigung dieser Verfaffungsbestimmungen nicht nehmen. Dennoch bleibe es cin trauriges Ereiamß, daß man sie beseitigen und so gegen den bestehende» RechtSzustand anstürmen wolle Es würden dadurch alle Gemüther, die überhaupt noch ein Interesse an der Kirche habe», in Unruhe versetzt. Redner wendet sich hierauf gegen die früheren Ausführungen des Ministerpräsidenten, dessen Nichtanwesenheit er bedauert. Nach den früheren Erklärungen des Herrn Fürsten Bismarck und den jetzigen Aeußerungen desselben im Herreuhause wie hier über daS Vaticanum möchte er annehmen, daß dieser das selbe gar nickt gelesen, jedenfalls, daß er eS nicht verstanden habe. Die Bedeutung deS Valicanum legt nun der Führer des CentrumS eingehend dar. Der Papst sei ein sündiger Mensch wie wir und unfehlbar nur in Sachen des Glaubens und der Sitte, welche er er vatkoäi-» durch göttlichen Beistand verkünde. Gott brauche ihn als sein Organ, um uns durch ihn seinen Willen zu verkünden. Was die consessionelle Par tei betreffe, so habe diese gerade damals bestanden, als die fraglichen Artikel gemacht seien, und sie sei dann wieder er standen. als sie durch daS Wetterleuchten, welches dcr PelitionS- bericht des Abg. Gneist über den Klostersturm hervorrief, er kannten, daß ecu Gewitter im Anzuge sei. Auch sei die Par tei des Centrums keine consessionelle, sondern sie habe dcn Zweck, die unveräußerlichen Rechte beider Kirchen zu vertreten, und schließe darum eine Reihe von wackeren protestantischen Sivel das Leben kostete, liegt jetzt ein ausführlicherer Bericht vor, welchen Tissandier, der überlebende Luft schiffer, an die Pariser LustjchifffahrtsgesrUschaft gesandt hat. Derselbe ist aus Ciron (Indre) vom 16. April datirt und lautet: „Ein officielles Telegramm hat Ihnen Kenntniß von dem schrecklichen Unglück gegeben, welches Sivel und Crocö-Spinelli betroffen hat. Die Erstickung ergriff sie in den hohen Luftrrgionen, welche wir erreicht hatten. Ich werde Ihnen mittheilen, was ich von diesem Drama wissen kann, denn zwei Stunden hindurch befand ich mich in einem Zustande vollständiger Bewußtlosigkeit. Das Aussteigen aus dcr Gasanstalt von Billette ging gut von Statten. Um 1 Uhr Nachmittags waren wir schon mehr als 5000 Meter (Druck 400) hoch. Wir hatten die Luft in Pottascheschläuche eingelassen, unsere Pulsschläge gezählt, die innere Temperatur dcs Ballons gemessen, die mehr als 20 Grad betrug, während die äußere Lust weniger als 5 Grad erwies. Sivel hatte die Gonkel geschichtet, Crocö sich seines S^ectroskops bedient. Wir waren Alle sehr vergnügt. Sivel wars Ballast aus; wir stiegen auf, indem wir Sauerstoff einathmeten, der eine treffliche Wirkung l crvordringt. Um 1 Uhr 20 Min gab das Barometer 320 M. an; wir befanden uns in einer Höhe von 7000 Meter, die Temperatur betrug weniger als lO Grad. Sivel und Crocö sind bleich; ich fühle mich schwach, ich athmc Sauerstoff rin, was mich rin wenig auffrischt. Wir strigen immer fort. „Wir haben viel Ballast; soll ich wrlchen herunterwrrfen?" fragte Sivel. Ich antwortete ihm: „Thun Sie, was Sie wollen!" Er wendet sich zu Crocö und stellt die nämliche Frage an ihn. Crocö winkte srhr energisch Ja mit dem Kopfe. Wir hatten in der Gondel fünf Säcke Sand (jeder derselben im Gewicht von 50 Pfd.); zum wenigsten vier hingen an
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