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15. September 1900. Die Pariser Weltausstellung. IX. Stahl und Eisen. 953 Nickel ausgeführtes kleines Modell gleich im Entree der Gruppe ausgestellt. Leider hat aber der Aussteller es vorgezogen, das Boot zu zeigen, wie es unter Wasser schwimmt, d. h. mit vollständig dicht geschlossenen Luken und Oeffnungen, so dafs man weiter nichts als die tadellos blanke Aufsenseite erkennen kann. Sehr schön und, wie ich zu Beginn der Be schreibung schon andeutete, sehr vielversprechend ist die Ausstellung Rufslands. In geschmackvoller Weise hat Rufsland über eine Reihe von sauber ausgeführten kleineren Booten von Kriegsschiffen, einer Gig und einem torpedoarmirten Dampf beiboote in natürlicher Gröfse eine Commando- brücke gebaut und auf dieser Brücke selbst die äufserst sauber ausgeführten Modelle seiner neuesten Panzer und Kreuzer aufgestellt. Man findet hier das Linienschiff „Borodino“, welches ebenfalls die vorher berührte Aufstellung von Doppelgeschützen der Mittelartillerie in Thürmen besitzt, dann den Dreischraubenkreuzer erster Klasse „Gromoboi" und den „Bogatyr", sodann das Modell des kürzlich auf der Werft von F. Schichau abgelaufenen Kreuzers „Novik“, eines Fahrzeuges, welches bezüglich seiner ganzen Einrichtung und Construction bis jetzt vereinzelt dasteht. England ist in diesem Pavillon der Heere und Flotten der Welt eigentlich nur durch die Collectiv- ausstellung der Thames Iron Works - Blackwall bei London vertreten. Diese alte Firma giebt etwa 30 bis 40 schön ausgeführte Modelle. Es befindet sich darunter allerdings viel Historisches, so z. B. das Modell des ersten englischen Panzerschiffes, des „Warrior", dann aber auch allerneueste Bauten mit den dazu gehörigen Maschinenmodellen, so beispielsweise das Linien schiff „Albion“ und die japanischen Schilfe „Shiki- sima“ und „Fuji“. Die deutsche Ausstellung befindet sich in der ersten Etage des Gebäudes, und fällen, wenn man die Treppe hinaufsteigt, zuerst die riesen haften Scheinwerfer der berühmten Firma Schuckert & Co. in Nürnberg auf, deren gröfster einen Spiegeldurchmesser von 2 m aufweist, Und über haupt der gröfste Scheinwerfer ist, der bis jetzt gebaut wurde. Von deutschen Werften haben an dieser Stelle nur zwei ausgestellt und zwar der Vulcan - Stettin die Modelle des Chinesen panzers „Ting Yuen“ und des Torpedokreuzers „Fey Ying“ sowie die deutsche Kreuzercorvette „Irene“ und das Modell der Kaiserjacht „Hohen- zollern“. Aeufserst vortheilhaft aber ist die Firma F. Schichau auch an dieser Stelle vertreten. Es sind hier hauptsächlich jene grofsen Kriegs- und Handelsschiffe in Modellen ausgestellt, welche die Danziger Werft der Firma im Laufe der letzten zehn Jahre ausgeführt hat. Man findet hier die deutsche Kreuzercorvette „Gefion“ aus dem Jahre 1892, ein Fahrzeug, welches seinerzeit zu den schnellsten Kreuzern der deutschen Marine ge hörte, sodann die Reichspostdampfer „Prinz Regent Luitpold“ und „Prinz Heinrich“, ebenfalls aus dem Jahre 1892, den im Jahre 1894 für die Firma Albrecht & Co.-Hamburg gebauten Petro leumtransportdampfer „Czar Nicolai II.“, ein Fahrzeug, welches dadurch ein gröfseres Interesse für sich in Anspruch nimmt, weil bei ihm zum erstenmal von Schichau bei seiner 1000 Maschinenanlage das Princip der vierfachen Ex pansion durchgeführt wurde, ein System, welches sich später bei den 7000- und 9000pferdigen Anlagen der bekannten Norddeutschen Lloyd- Dampfer „Bremen“ und „Grofser Kurfürst“ wiederholt. Neben dem „Prinzregent Luitpold“ steht das Modell des Schnelldampfers „Kaiser Friedrich“. An erster Stelle aber fordern Be rücksichtigung die beiden Modelle der neuesten deutschen Linienschiffe, welche bei Schichau im Bau sind, des „Kaiser Barbarossa“, dessen Stapel lauf Anfang dieses Jahres stattfand, und dessen Indienststellung im Jahre 1901 stattfinden soll, sowie des Linienschiffes 1). Beide Panzer ver treten den in der deutschen Marine in der letzten Zeit eingeführten Typ der grofsen Schlachtschiffe. Jedes der Schiffe hat drei Schrauben, und beträgt die Maschinenanlage des ersteren 13000 i. PS, des zweiten 15000 i. PS. Aufser diesen Modellen für die Kaiserlich deutsche Marine sind noch aus gestellt die drei russischen Kreuzer „Kasarski“, „Woewoda“ und „Possadnik“ sowie die drei österreichischen Kreuzer „Blitz“, „Komet“ und „Meteor“, die allerdings älteren Datums sind, sodann ein Modell der elf im Jahre 1885 für China gebauten kleinen Torpedoboote und die im Jahre 1898 für dieselbe Regierung gebauten 35 Knoten-Torpedobootsjäger und schliefslich das Modell des bekannten Radpassagierdampfers „Na- jade“ vom Norddeutschen Lloyd, welcher die Passagierfahrten zwischen Bremerhafen und den Nordseeinseln aufrecht erhält. Die Firma F. Schichau hat infolge der stets wachsenden Anwendung des Stahlgusses im Schiffbau und Schiffsmaschinenbau in den letzten Jahren sich dazu entschlossen, eine eigene Stahlgiefserei zu bauen in derartiger Ausdehnung, dafs in der selben die allergröfsten vorkommenden Stahlgufs- stücke, Vordersteven, Hintersteven u. s. w., ge gossen, ausgeglüht und bearbeitet werden können. Diese Stahlgiefserei ist zum Theil bildlich dar gestellt und gleichzeitig durch eine Reihe von Photographien ein Theil der dort hergestellten Stahlgufsstücke dem Besucher vor Augen geführt. Man mufs aussprechen, dafs in diesem Pavillon der Heere und Flotten der Welt die Firma F. Schichau wesentlich dazu beigetragen hat, Deutschland würdig zu vertreten. Die Hauptwucht der deutschen Ausstellungen auf dem Gebiete des Schiffbaues findet sich aber in dem deutschen Schiffahrtspavillon, einem Pavillon, welcher in geschmackvoller Weise, nach