Volltext Seite (XML)
Die Pariser Weltausstellung. IX. la. September 1900. Stahl und Eisen. 951 sogar möglich geworden ist, englische Firmen mit diesen Ausrüstungsgegenständen zu versorgen. An dieses Gebiet angrenzend ist auch die Ans stellung der Firma Holzapfel, welche sich speciell mit der Bereitung von Farbanstrichen für die Schiffsböden befafst, Anstriche, die nicht nur längere Zeit den Einwirkungen des Seewassers Widerstand leisten und die Schiffshaut vor dem Rosten schützen, sondern auch das Be wachsen der Böden mit Muscheln und anderen Seethieren verhüten und dadurch dem Schiffe seine ursprüngliche Fahrtgeschwindigkeit sichern sollen. Es sind da einige Blechplatten mit Anstrich und ohne Anstrich, welche die gleiche Zeit hindurch im Wasser gelegen haben, aus gestellt. Man sieht allerdings an diesen Platten, dafs die Holzapfelsche Composition das Bewachsen ganz bedeutend verhindert, und geht auch aus den Berichten dieser Firma über die in den letzten Jahren ausgeführten Arbeiten hervor, dafs nicht nur eine sehr grofse Zahl von Privat werften sich dieser Composition erfolgreich be dienten, sondern auch eine Reihe von Kriegs marinen. Im Juni dieses Jahres waren Fahr zeuge von einem Gesammttonnengehalt von 726 747 Grofs-Registertonnen mit Holzapfels Composition bestrichen worden. Von Schiffsmaschinen ist in dem Pavillon der Handelsschiffahrt nur sehr wenig Anerkennens- werthes ausgestellt. Brule & Co.-Paris sowie Amblard & Co. - Dieppe geben zwei in natür licher Gröfse ausgeführte, plumpe und schwere 1 Schiffsmaschinen kleinerer Dimensionen. Besser ist schon die Ausstellung der Firma Stapfer de Duclos & Co. - Marseille, die eine Dampfwinde j und einen Dampfladekrahn ausgestellt hat. Ganz besonders aber mufs die russische Ausstellung ■ der Firma Chrigton & Co.-Äbo (Finnland) | hervorgehoben werden. Diese Firma hat eine Reihe von Schiffsmaschinen modernster Con- struction, vollständig auf Säulen stehend und deshalb sehr durchsichtig und leicht gehalten, , zur Ausstellung gebracht, die bezüglich ihrer | Ausführung sein- zu rühmen sind. 1 )ie Maschinen, | deren Stärke von 230 PS bis auf 61/2 PS ab stufen, ähneln in manchen Punkten den berühmten , Säulenmaschinen unserer deutschen Firma Ger mania, wengleich sie auch deren Leichtigkeit und Leistungsfähigkeit nicht erreichen. Die Maschinen von 230 PS, 70 PS, 40 PS, 30 PS und 61/2 PS scheinen zum Verkauf ausgestellt, wenigstens sind die Preise von 7100 Fr. für die gröfste bis herunter auf 1650 Fr. für die kleinste angegeben. Von Treibapparaten hat allein Wolf-Magdeburg zwei Schlepperschrauben । mit geschmiedeten Flügeln in der deutschen Gruppe ausgestellt. Wesentlich besser sind die Schiffskessel ver treten, die von den betreffenden Firmen meistens in natürlicher Gröfse aufgestellt sind. Zunächst am Eingang hat die Firma Belleville einen Kessel für den Postdampfer „Tarn“ sowie im Modell eine Reihe von Kesselanlagen, die Handels schiffen eingebaut worden sind, dargestellt. Es mufs besonders hervorgehoben werden, dafs ge rade von dieser Firma eine grofse Zahl von Handelsschiffen, speciell der Compagnie des messageries maritimes, mit Wasserrohrkesseln versehen worden ist. Neben Belleville hat Turgan-Levallois, dann die berühmte Firma Niclausse-Paris einen Wasserrohrkessel aus gestellt. Speciell letztere Firma hat dabei die hauptsächlichsten Details dieses Kessels, die Rohre, Rohrverschlüsse u. s. w. in sehr sauberer Ausführung hinzugefügt. Neben Niclausse hat die Firma Montupet-Paris einen Wasserrohr kessel für die Lieferung von 3000 kg Dampf f. d. Stunde ebenfalls in natürlicher Gröfse auf gebaut und schliefslich in der deutschen Ab- theilung die bekannte Ratinger Firma Dürr & Co. einen ihrer Schiffskessel, Typus für Kriegsmarine, von 191,70 qm Gesammtheizfläche, 180 qm wasser- berührter Heizfläche, 5,08 qm Rostfläche und 13 Atm. Ueberdruck, welcher bei forcirtem Be trieb eine Maschinenleistung von 1000 i. PS erreicht. Das complete Gewicht dieses Kessels incl. aller groben Armatur, Mauerwerk zur Feue rung, Ummantelung, jedoch ohne feine Armatur und Wasser beträgt etwa 18 700 kg, das Gewicht des Wassers im Kessel 4300 kg, das Gesammt- gewicht demnach etwa 23 000 kg. Damit ist der wesentliche Inhalt des Pavillons der Handelsschiffahrt berührt worden, erwähnt sei nur noch, dafs sich im Parterreraum an der Längsseite dieses Pavillons eine Zusammen stellung von Rettungsapparaten für Rettung aus Seenoth befindet, die mehr oder weniger alle Concurrenten sind um den von dem Ungarn Pollok ausgesetzten Pollokpreis im Betrage von 100000 Fr. für die beste Lösung von Rettungs apparaten auf Passagierdampfern. Da zu dieser Concurrenz jeder Mann jeder Nation zugelassen wurde, so ist es selbstverständlich, dafs sich um diesen Preis eine Unmenge von Menschen beworben hat, die von irgend welchen physi kalischen Gesetzen oder von irgend welcher Mechanik keine Ahnung haben, und deshalb sind die Producte, die hier von Laien aller Art hervorgebracht worden sind, theilweise äufserst amüsant anzuschauen. Bewundern mufs man nur die Dreistigkeit, mit welcher manche Leute auf einem ihnen ganz fern liegenden, technischen Gebiete ihre Ideen und Constructionen zu Tage fördern! Dafs auch einige zweck- mäfsige Constructionen gröfserer Firmen hier vertreten sind, liegt auf der Hand, und es dürfte interessant sein abzuwarten, welches Urtheil das Preisrichtercollegium bei dieser Gruppe fällt. Pavillon der Heere und Flotten der Welt. In diesem Pavillon findet sich neben zahlreichen