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über den Constructionen, welche heutzutage die grofsen Schiffbaufirmen in Deutschland und England anwenden, sich noch Manches sowohl in der Anordnung der Maschinen, wie der Con- struction des Schiffskörpers vorfindet, was bei uns seit einer Reihe von Jahren schon als un- zweckmäfsig beiseite gestellt worden ist. Bei spielsweise ist es heute fast allgemein üblich, die Welle der Zweischraubenschiffe bis zu ihrer Lagerung im Hintersteven gewissermafsen im Schiffskörper durchzuführen dadurch, dafs man die Schiffshaut um die seitlich liegenden Wellen herumzieht und somit am Hintersteven auf beiden Seiten eine Flosse erhält, welche nicht nur wesentlich zur guten und festen Lagerung der Welle beiträgt, sondern auch die Schiffsbewegung selbst, speciell die Stampfbewegung in See, ganz wesentlich zu reduciren geeignet ist. Es ist die Ausstellung dieser Firma deswegen genauer durchgesprochen worden, weil sie in ihrer ganzen historischen Entwicklung charak teristisch ist für die Entwicklung fast des ge- sammten Schiffbaues in Europa, und man mufs zugestehen, dafs diese Entwicklung in hübscher, übersichtlicher Weise vor Augen geführt wird. Die dritte grofse Gruppe des Schiffbaues findet sich im Pavillon der Handelsschiffahrt. Es haben hier nicht nur die verschiedenen Na tionen, sondern auch die einzelnen Firmen, so wohl Werften wie Rhedereien, mehr oder weniger gruppenweise ausgestellt. Die Union des Yachts frangais giebt eine Reihe ihrer Modelle, die in dessen wenig Bedeutendes aufweisen. Einige andere Firmen, z. B. Bessonneau-Paris und Richard- Bordeaux, stellen Schiffsmaterialien, wie Hanf trossen, Drahtseile u. s. w. aus. Sauber aus geführt und in der Construction ebenfalls von Werth sind die vielen Motorboote, Ruderboote und vollständig getakelten Segeljachten, welche in natürlicher Gröfse eine ganze Reihe von Firmen gleich beim Eingang des Pavillons zu sammengebracht haben. Ihnen schliefsen sich Ausstellungsobjecte der Socit centrale de sauve- tage des naufrages an mit ihren Rettungsbooten, Rettungsgürteln und sonstigen bei Schiffbrüchen zu verwendenden Sicherheitsgeräthen und Appa raten. Die Objecte sind theils im Modell, theils in natürlicher Gröfse vorgeführt. Sie unter scheiden sich wenig von den im allgemeinen üblichen. Von gröfserem Interesse ist die Col- lectivausstellung vom Suezkanal. Es ist hier sowohl der gesammte Lageplan des Kanals in Zeichnung und Modell wiedergegeben, als auch gleichzeitig vervollständigt durch eine grofse Anzahl sehr hübsch gelungener grofser Photo graphien aus den einzelnen Theilen und dem Leben und Treiben auf dem Kanal. Dann hat eine Anzahl von Firmen, welche Schiffe gebaut haben, die regelmäfsig diesen Kana] passiren, diese im Modell zur Ausstellung gebracht; so | die Firma Armstrong Whitworth & Company- Newcastle den Dampfer „Strombus“, die Com pagnie de Schelde ihren Dampfer „Koning Wilhelm III.“ und unsere deutsche Firma Vulcan- Stettin das sehr schön, leider aber, weil im Mafsstab 1:100, etwas klein gerathene Modell des Lloyddampfers „König Albert“. Auf der andern Seite dieser Gruppe haben Fairfield und Inglis & Co., Glasgow, die Modelle ihrer alten Schiffe „Ormuz“ und „Taroba“ ausgestellt, neben denen sicli das vorzüglich ausgeführte Modell unserer Firma F. Schichau, der „Grofse Kurfürst“, eines der allergröfsten, den Suezkanal passirenden Fahrzeuge, sehr vortheilhaft abhebt. Die Mo delle der auf dem Kanal fahrenden Schlepper, der dort arbeitenden Bagger u. s. w. vervoll ständigen diese Sonderausstellung. Aeufserst interessant und sehr hübsch arrangirt ist in diesem Pavillon der Handelsschiffahrt die historische Ausstellung der Hamburger Seewarte. Hier findet man zu beiden Seiten des durch das Gebäude führenden Mittelweges siebzehn grofse, vollständig getakelte Modelle alter Segelschiffe. Man kann sich, wenn man an diesen Vertretern einer längst verflossenen Zeit vorüberschreitet und dicht daneben die Bauten unseres Zeitalters in ihren charakteristischen Formen, in ihren Riesendimensionen stehen sieht, nicht des Ge dankens entschlagen, dafs an Stelle des mehr oder weniger Sinnigen und Poetischen, welches den technischen Constructionen älterer Jahr hunderte vielfach anhaftete, die Neuzeit mit der strengen und scharf durchgeführten Forderung höchster Zweckmäfsigkeit getreten ist und da durch fraglos unendlich viel gröfsere materielle Erfolge aufzuweisen hat, aber auch wiederum das Empfinden des Einzelnen fast ganz gestrichen und an seine Stelle das allgemein gültige, objective Naturgesetz gesetzt hat. Wie im Pavillon der Heere und Flotten der Welt ist Rufsland auch hier im Pavillon der Handelsschiffahrt in interessanter und sehr vor- theilhafter Weise vertreten. In einer Collectiv- gruppe giebt es eine Reihe sehr schön aus geführter Flufsdampfer-Modelle, sowohl Seiten- wie Hinterraddampfer, Fahrzeuge, welche haupt sächlich auf den asiatischen Flüssen, dem Amur u. s. w., fahren. Desgleichen sind einige Bagger sowie der Eisbrecher „Ledokol III.“ für den Hafen Nikolajew ausgestellt. Jedermann dürfte -es bekannt sein, dafs speciell auch auf der Wolga der Passagierverkehr wie der Gütertransport in den letzten Jahren ganz ungemein zugenommen hat. In der russischen Ausstellung finden sich demnach auch mehrere ungemein sauber aus geführte Modelle der grofsen, hölzernen Wolga dampfer, sowie eine Reihe von Schleppkähnen, vollbeladen, für den Holztransport. Auch des in jenen Gegenden viel verwendeten Naphthas zum Heizen der Schiffskessel u. s. w. ist insofern XVIII.20 2