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1862 ausführen liefs. Dieser Telegraph bildet im Anschlufs an das europäische Telegraphennetz eine durch Kleinasien und Persien bis Bender- Buscher (Buschir) am Arabischen Meerbusen laufende Ueberlandslinie, an die sich ein Kabel bis Karratschi (Kurraschee), dem westlichsten Hafen orte Indiens, anschliefst. Diese Linie arbeitet in folge der vielen Störungen auf persischem Gebiete sehr unbefriedigend und kommt heute für den Verkehr kaum noch in Betracht. Dieser Mifserfolg veranlafste Werner Siemens mit Hülfe der Siemensschen Firmen in Berlin, London und Petersburg, seinen kühnen Plan einer indo-europäischen Linie auszuführen, die von Eng land über Emden, Berlin, Warschau, Kiew, Odessa, Kertsch, von dort zum Theil unterseeisch an der kaukasischen Küste nach Suchum-Kale, Tiflis, Teheran und gleichfalls nach Buschir geht. Diese leistungsfähige Ueberlandslinie steht noch heute mit Benutzung des indischen Telegraphennetzes mit dem französischen Netz in Indo-China und dem von Birma in Verbindung, an deren Linien das Telegraphennetz Chinas angeschlossen ist, so dafs auf diesem Wege ein telegraphischer Verkehr zwischen Berlin und Peking ermöglicht sein würde, wenn die Linie in ihrem östlichen Theile nicht so viel an Unterbrechungen litte. Diese und das häufige Umtelegraphiren bringen die Depeschen erst nach langen Verzögerungen selten anders als verstümmelt ans Ziel, aus welchem Grunde diese Linie für den Verkehr mit Ostasien wenig in Betracht kommt, den die- sichrere unterseeische Verbindung besorgt. Der erste Versuch, den telegraphischen Ver kehr von Europa nach Indien im wesentlichen auf unterseeischem Wege zu vermitteln, fällt be reits in das Jahr 1859. Aber das durch das Rothe und Arabische Meer nach Kurraschee ge legte Kabel versagte schon nach wenigen Tagen. Die im Jahre 1872 aus der Verschmelzung mehrerer Telegraphengesellschaften hervorgegan gene vielgenannte Eastern Telegraph Company baute die Verbindung von England nach Gibraltar, an welche sich drei Linien über Malta nach Alexandria und Suez anschliefsen. Von hier liegen vier Kabel nach Aden, dem wichtigsten Tele graphenknotenpunkt Englands aufserhalb Europas; drei dieser Kabel sind nach Bombay weiter ge führt. Hier schliefsen sich die Indien durch ziehenden Telegraphenlinien einer Anzahl Gesell schaften an, die von der Eastern Telegraph Com pany so abhängig sind, dafs sie sich von dieser meist nur durch die Firma unterscheiden. An das indische Landtelegraphennetz schliefst sich in Madras ein weitverzweigtes Netz von Seekabeln nach Australien und Ostasien an. Eine Doppel kabellinie führt von Madras über Penang nach Singapore, das die Engländer in wenigen Jahr zehnten , seiner günstigen geographischen Lage wegen, zu einem wichtigen Knotenpunkte für Tele graphie und Schiffahrt erhoben haben. Von hier zweigen aufser zahlreichen Kabeln nach den ost indischen Inseln und Australien auch zwei Kabel nordwärts nach Hongkong ab. Das eine derselben läuft auf seinem Wege in den französischen Hafen Saigon ein und steht so mit den Indochina, Siam und Birma durchziehenden Telegraphenlinien in Verbindung. Das andere, erst 1894 verlegte Kabel geht, fremdes Gebiet meidend, über Labuan in Britisch - Borneo nach Hongkong, wo die Gesell schaft ihre Kabel über die chinesischen Vertrags häfen Futschou und Schanghai, sowie nach Haiphong, dem Hafen des französischen Tonking, und nach den Philippinen verzweigt. In dieses, die östliche Halbkugel der Erde um spannende Kabelnetz von ungeheurer Ausdehnung hat sich jedoch die Grofse Nordische Telegraphen gesellschaft (Store Nordisk Telegraph Selskab) in Kopenhagen eingedrängt und das englische Kabel monopol durchlöchert. Im Jahre 1869 gegründet, machte sie es sich zur nächsten Aufgabe, ihr Heimathland mit den Nachbarländern telegraphisch zu verbinden. Aber schon in den Jahren 1870 bis 1871 baute sie mit Hülfe der russischen Re gierung die Ueberlandlinie durch Sibirien nach Wladiwostok als Vorläuferin der sibirischen Eisen bahn und verband den Endpunkt derselben durch ein Kabel mit Nagasaki und diesen japanischen Hafen mit Schanghai und Hongkong. Im Laufe der Jahre hat sie dieses Kabelnetz erweitert, so dafs die Gesellschaft heute über 11 Kabel in Ostasien verfügt. Sie war es, die zuerst auf chinesischem Gebiet ein Kabel landete und zwar in Schanghai. Dabei stiefs man auf grofse Schwierig keiten, weil die abergläubischen Chinesen in dem Telegraphen eine Gefahr für ihr Land erblickten. Man brachte deshalb im Jahre 1871 das Kabel ende heimlich des Nachts an Land und hielt die Landungsstelle sorgfältig verborgen, bis die Chi nesen sich beruhigt und von der Unschädlichkeit des Telegraphen sich überzeugt hatten. Dasselbe Ver fahren beobachtete man zwei Jahre später in Amoy und erst 1875 wurde die rechtliche Genehmigung für die Kabellandungen erwirkt. Bald jedoch über zeugten sich die Chinesen von der grofsen Nütz lichkeit der Telegraphen, wozu 1881 der sogenannte Kuldscha-Conflict mit Rufsland Veranlassung gab. Man erkannte seine Vortheile für die schnelle Uebermittelung von Nachrichten über politische und andere Vorgänge in den fernen Provinzen des weiten Reichs oder im Auslande, und Li- Hung-Tschang war es, der den Bann durchbrach, indem er die Grofse Nordische Telegraphengesell schaft beauftragte, Schanghai mit Tientsin tele graphisch zu verbinden. Indessen das Volk erblickte in den Stangen und Drähten der Leitung eine Störung der Todtenruhe und Aufreizung der bösen Geister, stahl deshalb Stangen und Draht, zumal erstere in dem holzarmen Lande und nicht minder der Eisendraht für alle möglichen Zwecke nützlich