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Die Pariser Weltausstellung. VII. 850 Stahl und Eisen. 15. August 1900. märkischen Sensen- und Messerschmieden, die Metallverarbeitung durch Nickelgeschirre von Krupp u. a. repräsentirt. Einzig in ihrer Art dastehend ist die Ausstellung von Roh- und Sintermagnesit und Fabricaten verschiedener Art aus diesem Material wie Ziegel, Düsen und dergl., welche die durch die Coblenzer Firma Karl Später begründeten und zur Blüthe gebrachten Veitscher Magnesitwerke veranstaltet. Sie zeigt nicht nur die Fabricate, sondern in lehr reicher Weise auch die Anwendungsart in ba sischen Zustellungen von Martinöfen, Hochofen gestellen, Converterböden u. a. mehr. Hier ist wirkliche „Priorität zuzusprechen“. Wenden wir uns nunmehr unserm deutschen Vaterlande zu, so ist zu bemerken, dafs unsere Eisenhüttenindustrie gar nicht und unser Berg bau, abgesehen von einigen Erzstufen, nur durch eine Sammelausstellung der Bernsteinindustrie vertreten ist, welche auf Anordnung des preufsi- schen Handelsministeriums ausgeführt ist. Sie zeigt von diesem dem Osten unseres Vaterlandes eigenthümlichen Mineral zahlreiche wunderschöne Rohproben, sowie auch in einer Reihe von Kästen diejenigen Gegenstände, insbesondere Schmuck- waaren, zu welchen es verarbeitet wird. Das zugehörige Maschinenwesen ist in erster Reihe durch zwei elektrisch betriebene schnell laufende Pumpen vertreten, welche zufälligerweise beide für dieselbe Leistung von etwa 1 bis 11/2 cbm Wasser bei 200 bis 300 Umdrehungen auf 260 m Druckhöhe gebaut sind. Die eine rührt von der Allgemeinen Elektricitäts-Gesell schaft in Berlin, die andere von der Firma Ehrhardt & Sehmer in Schleifmühle bei Saarbrücken her. Letztere arbeitet in Ver bindung mit einer Lahmeyersehen Dynamo maschine und hat unzweifelhaft den Vorzug gröfserer Einfachheit, namentlich hinsichtlich der Steuerung; sie ist ebenso wie die von derselben Firma herrührende Drillings-Reversirmaschine für Walzwerke und die dampfhydraulische Schmiede presse von der Kalker Werkzeugmaschinenfabrik in Nr. 11 dieser Zeitschrift beschrieben. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Aus stellung von Rudolf Chillingworth in Nürnberg, welcher geprefste, gezogene und gestanzte Eisentheile für Dampf-, Wasser- und Gasleitungen, für Fahrräder, für Wagenbau u. s. w., sowie geprefste Riemenscheiben ausstellt; der Aussteller ist der Erfinder des sogenannten Querrohrzug-Verfahrens, vermittelst dessen er in mehreren Phasen aus einem glatten Rohr die complicirtesten mehrtheiligen Verbindungsstücke herstellt; neuerdings hat er es verstanden, die Formgebung durch inneren Druck mittels einer hineingeprefsten Flüssigkeit zu erzielen. Der von der Firma Julius Pintsch in Berlin hergestellte grofse geschweifste schmied- eiserne Gaskessel, welcher bei 20 m Länge und 1,8 m äufserem Durchmesser einen Inhalt von etwa 52 cbm bei 10 Atmosphären Druck hat, gehört auch in diese Abtheilung, ist aber am linken Ufer der Seine, unfern der Jenabrücke, ausgestellt. In der oberen Galerie hat in einer geschmack vollen Vitrine der Verband deutscher Draht stiftfabricanten eine Sammelausstellung der Draht-Stifte und -Nägel aller Art ausgestellt, welche in den Betrieben der verbundenen 85 Special werke des Deutschen Reichs hergestellt werden und naturgemäfs ein imposantes Bild von der Leistungsfähigkeit dieses vaterländischen Industrie zweiges geben. Ebenso haben sich die hauptsäch lichen Blattmetall-, Bronzefarben- und leonische Gold- und Silberdraht- und Lamettafabriken Nürnbergs zu einer glitzernden Ausstellung vereinigt, während mehrere Aachener Firmen ihre Nadelerzeugnisse aller Art, R. & H. Forster in Hagen ihre Aexte, Beile, Hämmer u. s. w. in grofsen Wandschränken zeigen. Wenn die deutsche Kleineisen- und Bearbeitungsindustrie auch nur durch einige Aussteller vertreten ist, so kann man über ihre gewaltige Ueberlegenheit über die französische nicht im Zweifel sein, obwohl sie durch verschiedene recht gute Einzelaus stellungen würdig vertreten ist. Namentlich sei die Ausstellung von Gouvy Freres erwähnt, welche Schaufeln, Pflüge, Aexte, Messer u. s. w. umfafst. Unter den Baubeschlagtheilen sind auch bemerkenswerthe Ausstellungen; ebenso fallen farbenreiche Emaillegeschirre von Odelaine- Paris auf. Wir kehren nochmals zur deutschen Ausstellung zurück, um die Ausstellung der Producte der chemischen Thermo-Industrie zu Essen a. d. Ruhr näherer Betrachtung zu unterziehen. Die Gesellschaft ist vor drei Jahren zur Ausbeutung der Erfindung von Dr. Hans Goldschmidt gegründet, welche die Erreichung hoher Temperaturen bezw. die Ausnützung der bei Verbrennung des Aluminiums entstehenden Hitze bezweckt. Das früher in dieser Zeit schrift mehrfach vom Erfinder selbst beschriebene Verfahren beruht darauf, dafs bei Entzündung eines Gemisches aus einem Metalloxyd und Aluminiumpulver eine Umsetzung erfolgt in Aluminiumoxyd und das Metall, dessen Oxyd verwandt wurde. Da bei der Umsetzung Tem peraturen von schätzungsweise 3000 0 C. entstehen, so ist das Verfahren nicht nur zur Herstellung von sonst schwer reducirbaren Metallen, sondern auch zu Zwecken anderer Art, z.B. zum Schweifsen metallener Gegenstände geeignet. Der Erfinder hat mit bestem Erfolg auf gröfseren Strecken Eisenbahngeleise die einzelnen Schienen zu einem unzertrennbaren Ganzen verbunden, er hat auch mit bestem Erfolg damit Stahlformgüsse aus- gebessert. Der Aussteller, welcher einer der wenigen ist, die eine wirkliche Neuheit vor- | bringen, zeigt uns sowohl fertige Proben von geschweifsten Schienen und Röhren, als auch