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844 Stahl und Eisen. Die Pariser Weltausstellung. VII. 15. August 1900. Vermuthungen von Holborn und Wien aufUeber- gang von Silicium aus den Porzellangefäfsen in das Platin. Ein ähnlicher Fall konnte hier beim Eisen eintreten. Es wurden deshalb einige Ver- | suche in Eisenröhren unter völligem Ausschlufs von Porzellan und Glas angestellt, welche die gleichen Ergebnisse lieferten, wie die in Porzellan- röhren ausgeführten. Es bleibt meines Erachtens somit nichts anderes übrig, als dem Wasserstoff selbst die böse Rolle zuzuschreiben. Ich möchte folgenden Erklärungsversuch für die beschriebene Einwirkung des Wasserstoffs machen. Bei Temperaturen von 730 bis 1000° wird vom Eisen Wasserstoff in geringen Mengen absorbirt. Unterhalb dieser Temperaturen sinkt die Absorptionsfähigkeit, infolgedessen wird bei langsamer Abkühlung des Eisens in Wasserstoff nichts von diesem Gas zurückbehalten, es tritt mit sinkender Temperatur wieder aus. Wird dagegen das Eisen, nachdem es bei obigen Tem- | peraturen Wasserstoff absorbirt hat, plötzlich abgeschreckt, so kann der Wasserstoff nicht so schnell entweichen, er wird mechanisch fest gehalten, befindet sich aber in einem labilen Gleichgewichtszustand, der bereits durch schwaches Erhitzen gestört wird, wobei ein Austreten des Wasserstoffs erfolgt. Die Absorption des Wasser stoffs bei Rothgluth erfolgt von der Oberfläche her, wie durch die Versuche gezeigt wird, bei denen durch Wegnahme der wasserstoffreicheren Oberflächenschicht die Sprödigkeit verringert wurde. Für Absorption spricht auch der Ver such, bei.welchem zunächst bei 820° eine Eisen ¬ probe 1/2 Stunde in Wasserstoff erhitzt wurde, worauf unter sonst gleichen Verhältnissen der Wasserstoff durch Stickstoff ersetzt und die Probe | abgeschreckt wurde. Die nicht eintretende Wasser stoffwirkung bei der Biegeprobe spricht für ein Austreiben des Wasserstoffs durch den Stickstoff; es erfolgt also der Eintritt und der Austritt des Wasserstoffs bei der gleichen Temperatur. Der Vorgang spielt sich in der Richtung von aufsen nach dem Eisen zu ab, wenn die das Probestück umgebende Atmosphäre genügend Wasserstoff enthält, dafs dessen Partialdruck die Wasserstoff- molecüle in das Eisen hineintreibt. Der Vorgang geht in umgekehrter Richtung vor sich, wenn durch Verschwinden des Wasserstoffs und Ersatz desselben durch Stickstoff der Partialdruck des Wasserstoffs in der das Probestück umgebenden Atmosphäre null geworden ist; alsdann tritt Wasserstoff aus dem Eisen aus. Durch die Versuche v. St. Claire Deville und Troost* sowie Grahams (1866) ist es bekannt, dafs Wasserstoff durch glühendes Eisen diffundiren kann. Vielleicht erleichtern die zwischen 700 und 1000 0 im Eisen eintretenden molecularen Umwandlungen den Durchgang des Wasserstoffs durch das Eisen. Durch Abschrecken einer solchen mit durchdiffundirendem Wasserstoff ge sättigten Eisenprobe kann der Wasserstoff in labilem Zustande festgehalten werden. Möglicher weise erklärt sich so die äufserst geringe Menge des schädlichen Wasserstoffs. * C. R. 57. 956. — 59. 102 . . 1863 — 64. Die Pariser Weltausstellung. VII. -------- Bergbau und Eisenhüttenwesen. Bergbau und Eisenhüttenwesen, welche zur Gruppe XI mit den Klassen Nr. 63 Bergbau, 64 Grofseisen- und 65 Kleineisenindustrie ver einigt sind, haben zum Theil auf dem Trocadero, zum Theil in der am Eiffelthurm und der Avenue de la Bourdonnais gelegenen Ecke des Haupt gebäudes auf dem Marsfelde Platz gefunden; die nach der ursprünglichen Absicht als zugehörig anzusehenden Gegenstände sind indessen auf dem ganzen Gelände einschliefslich Vincennes zerstreut. Es fällt hier wiederholt die Erscheinung auf, dafs die Gruppeneintheilung der Jahrhundert- Ausstellung als gänzlich verfehlt anzusehen ist oder wenn man will, dafs ihre Durchführung gescheitert ist. Wir begegnen ein und derselben Maschinengattung des Bergbaues oben auf dem Trocadero wie in der Bergbaugruppe und der Maschinenausstellung auf dem Marsfelde; durch Zufall stofsen wir morgen wiederum auf den selben Typ in der Wildnifs der Ausstellung von Vincennes. Die ungeheuere Fülle des Ausstellungs materials ist offenbar seiner Vertheilung nach einheitlichen Gesichtspunkten hinderlich gewesen, und es ist schliefslich nicht nur jedem Lande, sondern sozusagen jedem Aussteller überlassen geblieben, dort Unterkunft zu suchen und zu finden, wo er sich am besten geborgen glaubte. Daher ist das Durcheinander, mit dem jede gröfsere Ausstellung zu kämpfen hat, auf der diesmaligen Ausstellung gröfser als je zuvor, ein Umstand, der sich um so unangenehmer fühlbar macht, als die Verzeichnisse erst sehr spät fertig ge-