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15. August 1900. Eisen und Wasserstoff. Stahl und Eisen. 839 hitz t und abgeschreckt, so ist es erheblich spröder, als wenn die dem Abschrecken vorausgehende Erhitzung in Luft erfolgt. Langsame Abkühlung im Wasserstoff, sowie Abschrecken nach Erhitzung in diesem Gas bei Temperaturen unterhalb 730° C. bringt keine Wirkung hervor, die mit den angewendeten Mitteln festgestellt werden könnte. Es ist dies eine Erscheinung, die sich praktisch recht unangenehm fühlbar machen kann, z. B. bei Ausführung der sogenannten Härtebiegeprobe. Wird die Erhitzung in einer undichten Muffel mit Leuchtgasheizung vorgenommen, so ist die zu erhitzende Probe in Berührung mit unver branntem Leuchtgas, welches beträchtliche Mengen Wasserstoff enthält. Nach dem Abschrecken wird sich dann die oben angegebene Wirkung einstellen, d. h. ein an und für sich vorzügliches Material wird recht schlechte Biegeproben liefern, wenn die Erhitzung in der betr. Muffel erfolgte, dagegen befriedigende Ergebnisse zeigen, wenn die Erhitzung im Schmiedefeuer vorgenommen wurde. Da Wasserstoff' erwiesenermafsen in jedem Flufseisen in kleinen Mengen vorhanden ist, giebt obige Erscheinung zu denken, inwieweit die Ein wirkung dieses Gases auch bei normaler Erhitzung auf die Festigkeitseigenschaften des abgeschreckten Materials Einflufs ausübt. Eine dahingehende Vermuthung hat A. Wahl berg* kürzlich ausgesprochen, indem er sagt: „Ich habe selbst Gelegenheit gehabt, ein bei zu heifsem Gange erblasenes und vergossenes Flufs eisen mit einem über das gewöhnliche Mals hinausgehenden Siliciumgehalt zu vergleichen mit einem solchen, das bei normaler Temperatur erblasen und vergossen wurde, aber durch Zusatz von Siliciumeisen am Ende des Blasens einen ebenso hohen Siliumgehalt erhalten hatte, wie das erstere. Es hat sich dabei ohne Ausnahme herausgestellt, dafs das erstere, besonders beim Härten, spröde ist, während das letztere zu Beanstandungen keinen Anlafs giebt, sondern sich in jeder Hinsicht gut verhält. Diese Be obachtungen, die unter verschiedenen Umständen im Verlaufe mehrerer Jahre gemacht wurden, liefsen mich die Möglichkeit vermuthen, dafs der schlechte Huf des Siliciums möglicherweise in vielen Fällen darauf zurückzuführen ist, dafs das Flufseisen beim Frischen zu hohe Temperatur bekommen und infolgedessen einen gröfseren Gehalt an legirten Gasen aufgenommen hat, als sonst.“ Die Vermutung erhält durch die jetzigen Versuche eine Stütze. Weitere Versuche ergaben, dafs ein im Wasserstoff erhitztes und durch darauffolgendes * A. Wahlberg: „Jernkont. Annaler" 1900. 1. Om kisels inverkan pa stals hällfastighetsegenskaper. Abschrecken spröde gemachtes Flufseisen nach dem Wiedererhitzen auf Rothgluth in Stickstoff oder Luft und nach erneutem Abschrecken in Bezug auf Zähigkeit gegenüber dem in Luft erhitzten und abgeschreckten Eisen keinen Unterschied mehr zeigt. . Durch Glühen bei Rothgluth in Stickstoff oder Luft wird die Wirkung des Wasserstoffs beseitigt. Es genügen aber bereits erheblich niedrigere Wärmegrade, um diese Wirkung ganz oder theilweise zu beheben, wie aus der Zusammenstellung in den Tabellen HI bis V hervorgeht. So vermochte (siehe Tabelle III) ein Erhitzen der durch Wasserstoff spröde ge machten Biegeproben von Material I in kochen dem Wasser bereits eine merkbare Verbesserung zu bewirken. Bei den Drähten III und IV (Tabelle IV und V) ist diese Einwirkung weniger ausgesprochen. Erhitzung der spröde gemachten Proben auf 200 bis 250 0 C. hingegen genügte bei den kohlenstoffarmen Materialien vollkommen, um jede Wirkung des Wasserstoffs zu beseitigen. Bei dem kohlenstoffreicheren Draht IV ist hierbei zwar eine bedeutende Verringerung der Sprödig keit erzielt, aber, wie namentlich Tabelle V anzeigt, noch nicht der Grad von Zähigkeit erreicht, den eine nach der Erhitzung in Luft unter ganz gleichen Umständen abgeschreckte Probe durch Anlassen auf eine Temperatur von 220 0 erlangt. Das Güteverhältnifs ist hierbei immer noch wie 2:5. Es scheint mithin, als ob durch den höheren Kohlen stoffgehalt die Wirkung des Wasserstoffs in den abgeschreckten Proben beim Wieder erhitzen in Luft hartnäckiger zurückbehalten wird, als bei kohlenstoff ärmerem Material. Selbst ein längeres Liegen der nach dem Erhitzen in Wasserstoff abgeschreckten Biege proben des Materials I an der Luft bei gewöhn licher Zimmertemperatur scheint eine Ver minderung der Sprödigkeit im Gefolge zu haben. Von vier Proben, welche bei 810° im Wasser stoff erhitzt und dann abgeschreckt wurden, rifs die eine, welche sofort gebogen wurde, bei einem Biegewinkel von 160 0 tief ein (S. Tab. III Versuch 64). Die drei anderen dagegen, welche erst nach 14 Tagen der Biegeprobe unterworfen wurden, liefsen sich rifsfrei vollkommen zu sammenbiegen. — Andererseits zeigte Draht aus Material III nach dem Glühen im Wasser stoffstrom und darauffolgendem Abschrecken nach 14 Tagen noch keinerlei Verminderung der Sprödigkeit. Die Versuche über die Einwirkung längerer Zeiten sind noch nicht abgeschlossen. Läfst man über eine Flufseisenprobe bei beispielsweise 820 0 C. Wasserstoff gehen und ersetzt darauf unter sonst gleich bleibenden Verhältnissen den Wasserstoff durch Stickstoff, so bleibt