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838 Stahl und Eisen. Eisen und Wasserstoff. 15. August 1900. scissen messen die Zeit-, die Ordinaten die Tem peraturunterschiede zwischen der Eisenprobe selbst und einem unter den gleichen Verhältnissen ab- kühlenden Platinkörper. Durch die bei gewissen Temperaturpunkten freiwerdende Wärme wird die Abkühlung der Eisenprobe gegenüber der des Platinkörpers verzögert. An einigen Punkten treten diese Wärmeentwicklungen plötzlich und in erheblichem Umfange ein. Von diesen Punkten sind A bei 1130°, der Ba 11 sehe Punkt, Är A bei 895°, Ar2 bei 766° auch an anderen nicht mit Wasserstoff gesättigten Eisensorten bekannt. Als kennzeichnend jedoch für das vorliegende Eisen, und als zum erstenmal im Eisen beob achtete Haltepunkte fallen die beiden Wärme- entwiclungen bei 487 und 261 0 C. auf. Figur 1 zeigt diese Punkte, nachdem das Eisen bereits dreimal zuvor auf 1300° in der Luftleere erhitzt war. Nach noch öfterem Erhitzen der Probe bis zu gleicher Temperatur in der Luftleere wurden beide Haltepunkte immer weniger deutlich, bis sie zuletzt nahezu verschwanden. Wurde das Eisen danach mit Wasserstoff dadurch wieder geladen, dafs man es als negative Elektrode in I verdünnte Säure einhing, so nahm die Wärme entwicklung bei 487° C. nahezu ihre frühere Stärke wieder an, diejenige bei 261° dagegen nicht. Uebrigens stellte Roberts-Austen aufser- dem noch fest, dafs auch die bekannten Wärme entwicklungen bei Ari, Ar2, Ar 3 durch die Gegenwart von Wasserstoff beeinflufst werden müssen, da auch sie durch das wiederholte Er hitzen des kohlenstoffarmen, elektrolytisch er zeugten Eisens bis 1300° und das darauf folgende Abkühlen schwächer wurden, dagegen ihre ur sprüngliche Stärke wiedererhielten, wenn das Eisen in obiger Weise mit Wasserstoff geladen wurde. Diese Beobachtungen Roberts-Austens sind von höchstem Werth für die Kenntnifs des Eisens. Sie scheinen darauf hinzudeuten, dafs „die molecularen Aenderungen im Eisen von der Gegenwart gewisser Mengen Wasserstoff abhängig sind oder von ihr beeinflufst werden“. In der Königl. Mechanisch-Technischen Ver suchsanstalt, Charlottenburg, hatte Verfasser Gelegenheit, die recht auffälligen Einwirkungen festzustellen, welche durch Glühen von Eisen in Wasserstoff hervorgerufen werden. An den Ver suchen nach dieser Richtung hat Ingenieur Schott thätigen Antheil genommen. Zur Untersuchung gelangten folgende Ma terialien : I. Weichstes basisches Martinflufseisen in Form eines gewalzten Flacheisens vorliegend. Kohlenstoff 0,05 °/o Silicium unter 0,01 „ Mangan 0,37 „ Phosphor 0,069 „ Schwefel 0,046 „ Kupfer 0,03 „ II. Thomasflufseisen, entnommen aus dem Steg eines L Trägers. Chemische Zusammen setzung unbekannt. III. Weicher Draht aus äufserst kohlenstoff armem Flufseisen, von 3,7 mm Durchmesser. IV. Harter Flufseisendraht mit 0,37 °/o Kohlen stoff, von 3,90 mm Durchmesser. Die Materialien III und IV sind von der Westfälischen Union der Versuchsanstalt freund lichst zur Verfügung gestellt worden. Für die in Tabelle I (S. 841) zusammengestell ten Versuche wurden Biegeproben von Material I und II von den am Kopf der Tabelle gegebenen Abmessungen benutzt. Die Kanten der Biege proben wurden nicht abgerundet, um absichtlich eine ungünstigere Beanspruchung des Materials herbeizuführen. Die Erhitzung erfolgte in der Muffel, wobei sich die Proben jederzeit in aufsen und innen glasirten Porzellanröhren befanden, horizontale Linien zusammen- gefafsten Versuchen geschah die Erhitzung in Luft und Wasserstoff gleichzeitig in der Muffel, so dafs die Ver hältnisse möglichst gleich waren. Die Versuchsanord nung ist durch Schema Figur 2 angedeutet. Das Thermoelement wurde bei keinem der Versuche mit im Wasserstoff erhitzt, weil es dadurch brüchig und schadhaft wird. Es befand sich in einem besonderen Porzellanrohr. Die Tem peraturmessungen geben da her nicht vollkommen genau die Temperatur der Eisenprobe selbst, sind aber vergleichsweise brauchbar. Der Wasserstoff wurde in einem Kippschen Apparate mit Zink und ver dünnter Schwefelsäure erzeugt und durchlief zum Zweck der Reinigung der Reihe nach Wasch flaschen mit Permanganat, Wasser, Kalilauge und concentrirter Schwefelsäure. Alle übrigen Versuchs bedingungen sind aus der Tabelle ersichtlich. Tabelle II enthält Versuche, welche mit den Drähten von Material IH und IV in gleicher Weise angestellt wurden. Nach der Behandlung der Drähte in Luft bezw. Wasserstoff wurden sie der Verbiegungsprobe unterworfen. Die Zahlen der bis zum Eintritt des Bruches erforder lichen Hin- und Herbiegungen um je 90° sind in der Tabelle verzeichnet. Aus Tabelle I und II folgt: Wird Flufs eisen in Berührung mit Wasserstoff auf Temperaturen von 730 bis 1000 ° C* er- Bei den durch Figur 2. * Höhere Temperaturen konnten mit der vorläufig vorhandenen Einrichtung nicht erzielt werden. Welchen Einflufs solche höhere Wärmegrade ausüben, mufste daher zunächst unentschieden gelassen werden.