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1. August 1900. Die Pariser Weltausstellung. VI. Stahl und Eisen. 803 Wärterpersonal sich das in die eine oder andere der eleganten Kojen herbeigeholte Frühstück würzt. Für den ernsthaften Besucher ist die sonst herr schende Ruhe willkommen, und dieser Theil der Ausstellung verdient in der That grofsen Ernst. Ermuthigt durch die Erfolge, welche mit der Ausstellung deutscher Ingenieurwerke auf der Chicagoer Ausstellung im Jahre 1893 erzielt würden waren, sind auf Veranlassung des Reichs- commissars Richter die deutschen selbständigen Ingenieure und technischen Vertreter von Staats- und städtischen Behörden zusammengetreten, sie haben durch gemeinsames Vorgehen, das in der Geschäftsleitung des Vereins deutscher In genieure seinen Mittelpunkt gefunden hat, eine Sammlung von Gesammtanlagen wie Brücken, Häfen, Kanalisations-, Elektricitäts-, Wasserwerke u. s. w. in zeichnerischen und bildlichen Darstel lungen sowie Modellen zur Anschauung gebracht, welche, wie in dem betreffenden Katalog auch aus drücklich betont ist, zwar kein vollständiges Bild der Ingrenieurthätigkeit Deutschlands bieten, aber immerhin eine so grofse Zahl von Darstellungen hervorragender Bauten, die von deutschen In genieuren im In- und Ausland errichtet worden sind, veranschaulichen, dafs sie einen bemerkens- werthen Theil der Ausstellung bilden. Der deutsche Brückenbau kann nicht würdiger als durch die grofsen Unternehmen in Ober hausen, Dortmund, Duisburg, Frankfurt a. M., Nürnberg - und Eislingen vertreten sein. Sie haben sich ein nicht zu unterschätzendes Verdienst dadurch erworben, dafs sie gemeinsam ein besonderes Werk* herausgegeben haben, in welchem ihre Bauausführungen aus den letzten Jahren in Wort und Bild, ihre Werkstatts- einrichtungen und ihre Leistungsfähigkeit durch die sachkundige Hand des Professors Mehrtens in Dresden gewürdigt sind. Der auf seinem Gebiet als Autorität geltende Verfasser hat damit eine Arbeit geschaffen, die für die Ge schichte des deutschen Brückenbaues von dauern dem Werth sein wird. Die Vereinigte Ma schinenfabrik Augsburg-Nürnberg, die auch durch ebenso vortreffliche wie grofsartige Leistungen im Maschinenbau auf der Ausstellung glänzt, erfreut uns durch ein grofses, bis auf jeden Niet exact ausgeführtes Modell der Müngstener Brücke, das dieses grofsartige Bau werk in dem Zeitpunkt darstellt, in welchem die Arbeitsstellen an dem von beiden Wider lagern aus montirten, 170 m Spannweite besitzen den Bogen sich bis etwa 50 m genähert haben, somit die geistvolle, von Baurath Ri epp el erdachte Lösung der ohne Rüstung erfolgten Bauausführung zur vollen Geltung bringt. Berechtigtes Auf sehen erregt ferner die Darstellung des von * Es erscheint in der „Zeitschrift des Vereins deut scher Ingenieure“. Vergl. auch „Stahl und Eisen“ 1900 Nr. 12 S. 670. diesem Werk in Verbindung mit Gutehoffnungs- hütte, Harkort und Union zur Ausführung über nommenen Bahnkörpers der elektrischen Schwebe bahn Barmen-Elberfeld-Vohwinkel, deren Er öffnung in Bälde bevorsteht. Die Firma stellt ferner Bilder der Brücken über den Rhein bei Worms, über die Donau bei Straubing, über die Elbe bei Harburg, die Weser bei Minden und anderer mehr aus, auch der von ihr selbst bewirkten Gründungen der Pfeiler und Wider lager. Durch zahlreiche Ausführungen der letzteren hat sich die Frankfurter Firma Philipp Holzmann & Co. berühmt gemacht; sie führt uns die zur Zeit in Kiel zur Herstellung zweier Trockendocks von je 30 m Breite, 175 m Länge und Ilm Tiefe verwandte Taucherglocke vor, welche bei einer Höhe des Arbeitsraumes von 21/2 m selbst nicht weniger als 14 m breit und 42 m lang ist und vermöge ihrer aus fünf elektrisch betriebenen Schleusen und sonstigen Hülfsmitteln bestehenden Einrichtung trotz der für eine Prefsluftgründung sehr ansehnlichen Tiefe bemerkenswerthe Leistungsfähigkeit besitzt. Auch die von derselben Gesellschaft gezeigten Ausführungen des Spreetunnels und des ersten Stückes der Untergrundbahn in Berlin, welche ebenfalls mit Prefsluft mittels eines eigenartigen Vortriebschildes durchaus im Schwimmsande zu erfolgen hatten, fallen dem Fachmann auf. Die Gutehoffnungshütte in Oberhausen bringt in hübschen Bildern von ihren neueren Eisenbauten die stolzen Rheinbrücken bei Bonn und Düssel dorf, sowie die Aare-Brücke bei Bern, Harkort- Duisburg den Rothesand-Leuchtthurm in der Weser, die Wormser Eisenbahnbrücke und einige im über seeischen Ausland ausgeführte Gelenkbrücken zur Schau. Letztere sind nach eigener Bauart der Ingenieure Seifert und Backhaus so eingerichtet, dafs an Ort und Stelle kein Niet geschlagen zu werden braucht, sondern die Zusammensetzung der Theile durch ungeübte Eingeborene erfolgen kann. Die Union, Dortmund, zeigt die Kölner Bahnhofs halle, zahlreiche neuere Brücken, darunter die im Bau begriffene Elbebrücke bei Magdeburg, und ihre neuen Werkstätten, die Maschinenfabrik Efslingen zwei Brücken am Bodensee. Von Haniel & Lueg in Düsseldorf in Verbindung mit dem preufsischen Eisenbahn ministerium rühren die theils im Erdgeschofs, theils oben aufgestellten Modelle und Zeichnungen des ebenso kühn und originell erdachten wie glücklich ausgeführten Henrichenburger Hebe werks her, dieses einzig in seiner Art dastehen den Bauwerkes, das berechtigtes Aufsehen in der technischen Welt gemacht hat und der ausführenden Firma zum hohen Ruhme gereicht; aufserdem zeigt sie noch ihre Leistungsfähigkeit in der Anlage von Pumpwerken der verschiedensten Art. J. Pohlig in Köln-Zollstock erbringt durch seine Pläne und Modelle den Nachweis über die