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dieselbe überschreitet, scheint mir für Bauzwecke weniger geeignet, als das weichere Flufs- eisen; nur dieses bietet bei der mannigfachen Verarbeitung, welcher Bauwerkeisen unterzogen wird, die erforderliche Sicherheit gegen das Auftreten gefährlicher Spannungszustände.“ Und Director Knaudt-Essen schreibt 1893:* „Bei dem grofsen Einflufs aber, den englische Ansichten und Vorschriften in Schiffs angelegenheiten auf der ganzen Welt haben, waren unsere Walzwerke oft gezwungen, hartes Material zu liefern, trotzdem sie die Ueberzeugung hatten, dafs die weichen Kessel platten viel zweckentsprechender seien. Unsere deutschen Eisenhüttenleute haben aber nie die Hoffnung aufgegeben, dafs ihre Ansicht, die weichsten Bleche seien die besten, doch im Laufe der Zeit sich als richtig herausstellen würde.“ Leider sind diese Erwartungen noch nicht vollständig eingetroffen, insofern es die Bedingungen der Klassifications-Gesellschaften anbelangt. Als Unikum von vorgeschriebenen Bedingungen sind die am 3. Mai 1900 im „Iron Age“ veröffentlichten, welche für die Lieferung des Materials der „New-East-River Bridge, New York“ bestimmt sind, zu betrachten. „Aller Stahl mufs im sauer zugestellten Martinofen hergestellt werden. Der Einsatz im Martinofen soll nur aus Roheisen bestehen, oder aus Roheisen und Schrott, welch letzterer vom sauren Martinofen herrührt. Wenn der Einsatz aus Roheisen und Schrott besteht, darf letzterer 25 °/o nicht überschreiten. Weder Schrott noch Roheisen dürfen mehr als 0,1 °/o Phosphor und mehr als 0,05 °/o Silicium enthalten. Die Entkohlung darf nicht weiter als auf 0,1 °/o gebracht werden. Die Rückkohlung darf nur mittels Zusatz von Ferromangan oder Spiegeleisen geschehen. Die Elasticitätsgrenze darf nicht weniger als 1/2 der absoluten Festigkeit betragen. Die Blöcke müssen von unten gegossen werden, dürfen jeder nicht mehr als 2500 kg wiegen, und es müssen mindestens sechs Blöcke in einer Gruppe gegossen werden. (Es würde meiner Ansicht nach vollständiger sein, auch die Art der Kohle, Materialien für die Ausfütterung, die Construction des Ofenherdes, die Anordnung der Verbrennungsschlitze von Luft und Gas und die Gröfse der Kammern u. s. w. vorzuschreiben!) Das Endergebnifs soll nicht mehr als 0,07 °/o Phosphor, 0,40 °/o Mangan, 0,10 °/o Silicium und 0,02 °/o Kupfer enthalten. (Vorgeschriebene Biegeproben sind aus den Mittheilungen nicht ersichtlich.) Die physikalischen Proben sollen 42,2 bis 47,8 kg Festigkeit, 22 °/o Dehnung auf 203 mm Länge und 44 °/o Contraction haben.“ Dabei ist zu berücksichtigen, dafs in den Vereinigten Staaten im Jahre 1899 nur 29,4°/o der gesammten Herdflufseisen-Erzeugung aus saurem Material bestand.** M. H.! Dei’ Beamte, welcher diese Bedingungen aufgestellt hat, will gewifs „Steelworks Manager“ werden, und wenn sich in Amerika Werke finden, welche diese Bedingungen nicht nur annehmen, sondern auch erfüllen, so scheint drüben allerdings die Conjunctur herunterzugehen. Leider habe ich noch eine unangenehme Aufgabe zu erfüllen. Hr. Ritter und Oberingenieur von Dormus sagt wörtlich:*** „Deutschland verdankt die glänzende Stellung seiner Eisenindustrie zum grofsen Theile der Erfindung des Thomasprocesses, und wenn in diesem Lande über die Producte dieses Verfahrens nachsichtiger geurtheilt wird, so ist dieses bis zu einem gewissen Grade begreiflich.“ Seine unrichtigen Aeufserungen über hüttentechnische Vorgänge mufs man der Unkenntnifs des Genannten zu gute halten, aber vorstehende Aeufserung begreift eine schwere Anschuldigung in sich, und ich glaube in Ihrer Aller Sinne zu handeln, wenn ich dieselbe an dieser Stelle auf das energischste zurückweise! Alle bedeutenden deutschen Eisenbrücken der letzten 5 Jahre sind aus basischem Flufs- eisen hergestellt und zwar meistens aus Thomasmetall, welches den bekannten Abnahmebedingungen unterworfen wurde. Diese letzte Mittheilung verdanke ich dem Geheimen Hofrath, Herrn Professor Mehrtens. Zu Vorstehendem füge ich noch hinzu, was eine der bedeutendsten deutschen Brücken bauanstalten, welche selbst kein Flufseisen herstellt, auf die Frage, ob sich Unzuträglichkeiten in Bezug auf die Qualität von basischem Thomas- oder Martin-Flufseisen herausgestellt hätten, antwortet: „Wir verwenden für Constructionszwecke nur basisches Thomas- und Martin-Flufseisen, das fast ohne jede Ausnahme in recht gleichmäfsiger und guter Qualität geliefert wird. Wenn in einzelnen seltenen Fällen Unzuträglichkeiten beobachtet werden, so sind dieselben fast ebenso oft die Folge von unsachgemäfser Bearbeitung und Behandlung, wie ungenügender Qualität.“ Schliefsen, m. H., möchte ich mit den Worten des Herrn Professor Oswald Flamm: „Ohne Ueberhebung dürfen wir aussprechen, dafs die Fabricate unserer deutschen Eisen- und Stahl industrie heutzutage weitaus zu den besten und solidesten gehören.“ 1 Wer unsere deutschen Eisen hüttenleute kennt, weifs, dafs ein derartiges Lob nicht etwa einen Stillstand hervorrufen wird, * „Stahl und Eisen“ 1893 8. 501. ** „Iron Age“ Nr. 16, April 19, 1900. *** „Zeitschrift des Oesterr. Ingenieur- und Architekten-Vereins“ 1899 Nr. 47 S. 658. + „Stahl und Eisen" 1900 Nr. 9 8. 463.