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Geh. Commerzienrath 0, Lu eg-Oberhausen wies alsdann auf die Bestrebungen hin, welche bereits seit dem Jahre 1885 infolge einer ersten Anregung der Coblenzer Handelskammer durch die Eisenindustrie vom Niederrhein behufs Schiffbarmachung der Mosel im Gange sind. Er betonte, dafs, wenn in den letzten Jahren ein gewisses Stillschweigen eingetreten sei, dies nicht darauf zurückzuführen sei, dafs das Bedürfnifs nach Ausbau dieser hochwichtigen Wasserstrafse zur Verbindung des grofsen lothringischen Erzfeldes mit dem Ruhrkohlenbecken weniger nothwendig sei, als früher, sondern dafs aus Rücksicht auf die anderen grofsen Kanalvorlagen man den Plan zurückgestellt habe, um nicht mit zu vielen Projecten auf einmal zu kommen. Treffend bemerkte er zu der von dem Regierungsvertreter Illing aufgeworfenen V erpflichtungs- frage, dafs, wenn auch eine formale Verpflichtung der Regierung nicht vorhanden sei, doch eine moralische Verpflichtung zum weiteren Ausbau der unter fran zösischer Herrschaft begonnenen Kanalisirung der oberen Mosel nicht abgestritten werden könne. Er brachte alsdann folgende Resolution ein, die von der Versammlung einstimmig angenommen wurde: „Die heute im Stadthause zu Metz tagende Versammlung von Vertretern der städtischen Ver waltungen, Handelskammern, Landwirthschaft und Industrie aus dem Reichsland, der Rheinprovinz und dem Ruhrrevier erklärt, dafs die Schiffbarmachung ~ der Mosel und der Saar, deren Durchführung bereits müssen, im Procefswege dazu gezwungen, kraft jenes Beschlusses der gemischten Liquidationscommission vom 6.,'8. September 1873, welcher folgendermafsen lautete: „lesengagements souscrits pardivers industriels du dit emprunt conservant tonte leur force et valeur le Gouvernement allemand reconnait que la France a seul le droit au bnfice de ces garanties, meme ä l’egard des industriels domicilies dans les territoires ceds" ? und gemäfs welchem also Frankreich das Recht erhielt, diese Garantiegelder vonden Interessenten, selbst denjenigen auf nunmehr deutschem Boden, ein zuziehen? Und wir sollten kein Recht haben, die Fortsetzung dieser Arbeiten heute wie damals zu verlangen, und nur zu Gunsten Frankreichs soll der Art. 14 des Friedensvertrages stipulirt worden sein, an welches wir uns also mit den Bitten um Intervention wenden müfsten Da lohnt es wohl der Mühe, die Antwort, welche die Präfectur von Deutsch-Lothringen in Metz am 22. März 1871 den Interessenten auf ihre Eingabe wegen Erlasses der Zinsgarantie ertheilte, derartigen Anschauungen gegenüber zu stellen; sie lautete nämlich dahin : „dafs auf den Antrag diesseits nicht eingegangen werden kann, da durch den Friedensvertrag die Vollen dung der Moselkanalisation festgesetzt ist und zwar nicht Idols im Interesse von Deutschland und seinen neuen Gebietstheilen Deutsch - Lothringen und Elsafs, sondern auch von Frankreich. Es müssen demgemäfs auch diejenigen Mittel erhalten bleiben, aus welchen die Vollendung des Baues erfolgen soll,“ und ferner: „Endlich ist zu erwägen, dafs neue Communications- wege und namentlich Wasserwege für billigen Transport von abzuführenden Gegenständen oder Anfuhr von Rohmaterial zur Fabrication stets von so bedeutendem Einflufs sind, dafs der Beitrag in Frage sehr bedeutend dadurch aufgewogen wird.“ Dafs diese Ansichten eines jedenfalls klar- und weitblickenden Mannes auch heute noch auf der Präfectur in Metz getheilt werden, haben uns die warmen Worte des Herrn Bezirks präsidenten gelegentlich des Moselkanallandtags be wiesen. Wenn seine Rede auch nur persönliche Ge fühle ausdrückte, so ging sie doch weit über das kühle Wohlwollen hinaus, welches unseren Bestrebungen von anderer Seite entgegengebracht wird.“ Seit Jahren von grofsen Interessentenkreisen an gestrebt wird, nothwendiger als je zuvor ist, da es gilt, durch das zu schaffende Verkehrsmittel die weitere Entwicklung der durch dasselbe berührten grofsen und bevölkerten Landestheile zum Segen des gesammten Vaterlandes wesentlich zu fördern und insbesondere unser heimisches Gewerbe fähig zu machen, dem Wettbewerb des Auslandes, der täglich an Schärfe zunimmt, entgegenzutreten. Die Versammlung erinnert ferner daran, dafs durch die Ausführung der Kanalstrecke Metz-Dieden- hofen eine dem Reichslande bereits vor seinem Uebergang in den Reichsbesitz gegebene Zusage endlich eingelöst wird.“ Hierauf schritt man zur Bildung des Verbandes, dessen § 1 als Zweck des Verbandes die Durchführung der Kanalisirung der Mosel und der Saar bezeichnet; der zweite Paragraph besagt: Als Mitglieder können dem Verbände beitreten: 1. Die Vereine für Kanalisirung von Mosel und Saar, sowie Vereine, welche ähnliche Bestrebungen verfolgen. 2. Gemeinden. 3. Handelskammern und wirthschaft- liehe Vereine. 4. Aktiengesellschaften, Genossen schaften, Gewerkschaften und sonstige juristische Per sonen. 5. Einzelne Personen und Handelsfirmen, über deren Aufnahme der Vorstand entscheidet. Die übrigen Paragraphen beschäftigen sich mit der Organisation, den Versammlungen u. s. w. In den Vorstand wurden durch Zuruf die nach stehenden Herren gewählt: Bürgermeister Freiherr von Kramer, Beigeordneter Lallement und General vertreter Trappe von Metz, Dr. von Hani el von Lan- donvillers, Geh. Commerzienrath Spaeter von Coblenz, Geh. Commerzienrath Michels von Köln, Geh. Com merzienrath Lueg von Oberhausen, Commerzienrath Carl Röchling von Saarbrücken, Commerzienrath Servaes von Ruhrort, Commerzienrath Varain, Präsi dent der Handelskammer zu Trier, und Geh. Finanz- rath Generaldirector Jencke aus Essen. Als erster zu unternehmender Schritt wurde die Absendung einer Immediateingabe an Se. Majestät den Kaiser sowie von Gesuchen an Se. Durchlaucht den kaiserlichen Statthalter von Elsafs-Lothringen und an das preufsische Staatsministerium beschlossen und die Abfassung dieser Schriftstücke dem Vorstande über lassen. Bevor die Versammlung geschlossen wurde, sprach Geh. Commerzienrath Spaeter dem Vorsitzenden für die umsichtige Leitung der Verhandlungen wärmsten Dank aus, dem sich die Versammlung durch drei maliges Einstimmen in ein auf Freiherrn von Kramer ausgebrachtes Hoch freudig anschlofs. Nach Schlufs der Verhandlungen erfolgte ein Festmahl im grofsen Saale des Stadthauses, welches bei bedeutungsvollen Reden einen fröhlichen Verlauf nahm. Lebhafter Zustimmung begegnete der Vor schlag, an Se. Majestät den Kaiser ein Huldigungs telegramm zu richten, dem ein Begrüfsungstelegramm an den kaiserlichen Statthalter bald folgte. Das erstere lautete: „200 im Stadthause zu Metz versammelte Vertreter von Städten, Gemeinden, Handelskammern, Industrie, Landwirthschaft und Schiffahrt, zur Förderung der Kanalisirung der Mosel und Saar vereinigt, bitten Ew. kaiserliche und königliche Majestät, den mächtigen Förderer des Baues von Wasserstrafsen, ihren unter- thänigsten Huldigungsgrufs allergnädigst entgegen zunehmen.“ Auf die an den kaiserlichen Statthalter in Langenburg gesandte Begrüfsungsdepesche ging am gleichen Abend bereits folgende Antwort des Fürsten- Statthalters ein: „Den zu so bedeutungsvoller Be- rathung zahlreich Versammelten danke ich herzlichst für freundliche Begrüfsung. Sehr hoffe ich, dafs der Zweck der Zusammenkunft in Erfüllung gehen möge, und werde ich die auf Durchführung der Kanali sirung gerichteten Bemühungen möglichst unterstützen. Hohenlohe.“