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20. März Hr. Prof. Witz aus Lille selbst, am 21. März Hr. Ingenieur Kraft eine Reihe von Gasproben entnommen, die nach Lille gesandt und dort von Prof. Witz in seiner calorimetri- sehen Bombe auf ihren Heizwerth untersucht wurden. Zur Entnahme von Diagrammen am Gasmotor, die Hr. Ingenieur N. Frangois jr. besorgte, diente ein Crosby-Indicator, dessen Feder (1,5 mm = 1 kg/qcm) vor und nach dem Versuche auf zweierlei Art geaicht wurde: einerseits durch unmittelbare Gewichtsbelastung des Kolbens und andererseits dadurch, dafs man den Indicator an ein Dampfrohr anschlofs, in dem der Dampfdruck zwischen 0 und 15 kg/qcm Ueberdruck verändert werden konnte. Die Er mittlung des Dampfdruckes geschah dabei durch zwei Doppelcontrolmanometer und durch ein Quecksilbermanometer. Das erste Aich verfahren ergab als Federmafsstab 1 kg/qcm = 1,478 mm Schreibstiftweg, das zweite Verfahren 1 kg/qcm = 1,481 mm Schreib stiftweg. Die Ueber einstimmung ist vor züglich. Von hervorragen dem Interesse ist die Bremsvorrichtung, die die Bestimmung der Nutzarbeit des Motors gestattete, galt es doch, bis zu 670 PS, dauernd abzubremsen! Diese schwierige Aufgabe ist von den Ingenieuren der Firma Cockerill in einer erstaunlich einfachen, und, wie ich mich überzeugen konnte, ungemein sicheren Weise gelöst worden (Figur 3). Die Bremsscheibe safs auf einer besonderen Welle, die in der Fort setzung der Kurbelwelle lag und durch eine Reibungskupplung jederzeit mit dieser gekuppelt werden konnte. Ueber diese Bremsscheibe von 3 m Durchmesser war ein Bremsband gelegt, das aus drei Hanfgurten von rechteckigem Quer schnitt und 32 mm Dicke bestand und durch mehrere eiserne Bügel zusammengehalten und vor dem Abgleiten von der Bremsscheibe geschützt war. An dem auflaufenden Trum war mittels einer eisernen Stange ein Teller zur Aufnahme der scheibenförmigen, gufseisernen Bremsgewichte befestigt, auf der anderen Seite waren die Gurte durch eine kräftige Federwaage belastet. Die Bremsgewichte wurden einzeln sorgfältig gewogen, ilie Federwaage geaicht und es wurde schliefslich auch durch unmittelbare Wägung das Gewicht der Zusatzmassen auf jeder Seite der Brems scheibe ermittelt. Die beim Bremsen erzeugte Wärme führte ein Wasserstrom ab, der in den inneren Rand der Bremsscheibe bei a zutrat, infolge der Centri- fugalkraft am Umfang haften blieb und bei b (nahe an der Einführungsstelle) durch ein zweites Rohr wieder abflofs. Zu dem Zwecke hatte das Rohr b ein trichterförmiges Ende, dessen breit gezogene Mündung sich innen an die Brems scheibe anlegte. Alle 5 Minuten wurde die Belastung der Federwaage abgelesen. Da es un möglich ist, die Bremse durch rasche Wegnahme der schweren Bremsgewichte (bis zu 4 t Gesammt- gewicht) plötzlich zu entlasten, so befand sich unter dem Bremsgewichtteller ein hydraulisch betriebener Kolben, der durch einen Hebelgriff gehoben werden konnte, dadurch die Bremsgewichte abfing und somit die Bremse entlastete. Die Bremse arbeitete, wie nochmals betont werden möge, während der Versuche tadellos. Beaufsichtigt wurde sie von Hrn. Ingenieur 0. Bailly-Differdingen. Am 21. März war dann statt der Bremsarbeit die auf den Wind übertragene Arbeit der Gebläse- maschine, die indicirte Gebläsearbeit, festzustellen. Hierzu dienten zwei Thomson-Indicatoren, wobei der Federmafsstab 1 kg/qcm = 57,3 mm betrug. Ein Quecksilbermanometer, an dem alle 5 Minuten Ablesungen gemacht wurden, gestattete, die Wind pressung hinter dem Gebläse zu bestimmen. Die Temperatur der Gebläseluft vor und nach dem Gebläse wurde ebenfalls alle 5 Minuten abgelesen. Vor den Hauptversuchen wurden mehrere Tage lang Vorversuche, darunter auch ein Leer laufversuch, gemacht, um die Beobachter ein zuüben. Während der Versuche wurde der Motor von Arbeitern der Firma Cockerill unter Leitung von Hrn. Ingenieur A. Bailly bedient. 3. Die Versuchsergebnisse. A) Bremsversuch am 20. März. Die 5 Hochöfen lieferten am Morgen kohlenstoff reiches Bessemerroheisen, die Schlacke war sehr heifs und basisch. Die erzeugten Gase waren unter dem Dampfkessel und in den Cowper-Apparaten nur schwer verbrennlich. Am Nachmittag war infolge stärkeren Windes die Schlacke weniger basisch und das Gas etwas besser. Die mafsgebenden Versuche wurden Nach mittags von 1 bis 6 Uhr gemacht. Gegen 3 Uhr mufste allerdings der Betrieb auf kurze Zeit unterbrochen werden, da sich in dem Kühler vor dem Motorenhaus an einem Wechselventil eine Schraube gelöst hatte, so dafs dieses Ventil auf seinen Sitz fiel und den Gaszuflufs zum Motor absperrte. Nach Behebung dieses Uebelstandes, der mit dem Motor nichts zu thun hatte, kam der Motor sofort wieder in tadellosen Betrieb und bald in den Beharrungszustand; die Versuche wurden dann fortgesetzt. 5 Glockenversuche über den Gasverbrauch wurden bei rund 575 PS, Bremsbelastung und 94 Min.-Umdr. gemacht, ein Glocken versuch bei der gröfsten Belastung, die 670 PS beträgt, und bei 93 Min.-Umdr. Ihre Ergebnisse sind in der Tabelle I zusammengestellt.