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WHeritz-Mung Anzeiger für Dippoldiswalde und Ilmgegend 74. Jahrgang. Sonnabend, den 10. Oktober 1908. Nr. 117. Amlsötatt für die Königliche Amtshauptmannschafi, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mtt achtseitigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschaftlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Inserate werden mtt 15 Psg., solche aus unserer Amtshauptmannschaft m!t12Pfg.die Spaltzeil« oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. ZV Pfg. - Tabellarisch« undkomplizierteJnserate mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 30 Pfg Die ,W»Iß«ritz-Zett»»g' «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denWenden ausgegeben. ' PreisvierteljübrlichlM. 2b Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- jtalten, Postboten, sowie rnsereAusträgernehmen Bestellungen an. Hauslisten vetr. Die Hausbesitzer oder deren Stellvertreter werden hierdurch angewiesen, die ihnen behändigten Hauslisten nach dem Stande vom 12. Oktober 1908 auszufüllen und bi» IT. «Aivsv» Monsts bei der Stadtkasse persönlich oder durch zuverlässige Leute, welche etwa noch nötige Auskunft geben können, keinesfalls aber durch Kinder, wieder einzureichen. Die Versäumnis dieser Frist zieht eine Geldstrafe bis zu 50 Mark nach sich. Die Ausfüllung der Hauslisten hat genau und vollständig nach Maßgabe der auf denselben befindlichen Vorbemerkungen zu geschehen. Stadtrat Dippoldiswalde, am 9. Oktober 1908. Rotz- und Viehmarkt in Dippoldiswalde. Der diesjährige Herbstoiehmarkt findet am ^LdrMLrKt8M0NtL8»> övll 12. VKtodvr ö. I, vormittags, auf hiesigem Obortorplatr statt. Stättegeld wird lliedt erhoben. Dhipoldiswalde, am 1. Oktober 1908. Der Stadtrat. Holzversteigerung. Nassauer Staatsforstrevier. Gasthof zu Bienenmühle. 2V. Oktober 1908, vorm. 9 Ahr: 21 h. u. 25941 w. Klötzer, 60 w. Derb- u. 230 w. Reisstangen, 89 rm w. ungesp. Nutzscheite, 23 rm w. Schleif knüppel. Nachm. 2 Ahr: 243 rm h. u. w. Brennscheite, 170 rm h. u. w. Brenn knüppel, 103 rm h. u. w. Zacken, 50 rm h. u. w. Äste, 702 rm h. u. w. Brennreistg, 6 rm w. Stöcke. Kahlschläge in Abt. 14. 62. 79. Durchforstungs- u. Einzelhölzer in Abt. 3—6. 9—11. 15. 19. 20. 26. 29. 31. 32. 36—43. 45. 47-55. 57—64. 66. 67. 79. 80 u. 89. Kgl. Forstrevierverwaltung Nassau zu Bienenmühle. Kgl. Forstrentamt Frauenstein. Sonnabend, den 10. Oktober ds. I»., mittags 12 Ahr, sollen in Großölsa 12 kasr loäorvo rranonstislsl anä 1 Llolckorsodrtuck öffentlich gegen Barzahlung meistbietend versteigert werden. Versammlungsort der Bieter: Büttners Gasthof. Dippoldiswalde, den 7. Oktober 1908. (). 543/08. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgericht». Montag, den 12. Oktober ds. 3s., mittag» 12 Ahr, soll in Schlottwltz ein snslvbvnelv Asr-loGGvIn (ca. I Scheffel Land) öffentlich gegen Barzahlung versteigert werden. Sammelort der Bieter: Kettners Gasthof daselbst. Dippoldiswalde, am 7. Oktober 1908. <). 545/08. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgericht». Die Lösung des bosnischen Problems. Fast gleichzeitig mit der überraschenden Erklärung Bulgariens zum unabhängigen Königreiche ist ein anderes wichtiges Ereignis eingetreten, die Annexion Bosniens und der Herzegowina durch Oesterreich-Ungarn. Der innere Zusammenhang zwischen beiden Vorgängen ist unverkenn bar, es kann jetzt keinem Zweifel mehr unterliegen, datz bereits bei dem Besuche, welchen der nunmehrige König Ferdinand l. kürzlich dem Kaiser Franz Josef in Buda pest abjtattete, die Unabhängigkeiiserklärung Bulgariens und die Annexion Bosniens und der Herzegowina ver einbart worden sind. Zu welchen Folgen nun ersteres Ereignis führen wird, das läßt sich augenblicklich aller dings noch nicht bestimmt beurteilen, doch scheint zunächst die akute Gefahr eines Krieges zwischen Bulgarien und der Türkei nicht zu bestehen. Dagegen darf wohl schon jetzt die Ansicht ausgesprochen werden, datz die Angliede rung Bosniens und der Herzegowina an das habsburgische Doppelreich ohne besondere politische Erschütterungen sich vollziehen wird, weil der ganze Vorgang eigentlich nur die formelle Sanktion längst bestehender Tatsachen be deutet. Denn in Wirklichkeit waren die bisherigen okku pierten Provinzen schon ebenso österreichisch ungarische Ge bietsteile, wie etwa z. B. Steiermark oder Siebenbürgen, die Verwaltung war von A bis Z durchaus österreichisch- ungarisch, die eingeborene Bevölkerung hatte sich mit der Herrschaft des Doppelaares, die ihr im Vergleich zu dem früheren türkischen Schlendrian ungemeine Vorteile nament lich auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiete brachte, im allgemeinen recht zufrieden gezeigt, und auch der Sultan, der ehemalige Souverän der beiden Länder, hatte sich stillschweigend mit der faktischen Besitzergreifung Bosniens und oer Herzegowina durch Oesterreich-Ungarn abgefunden. So besiegelt denn die durch kaiserliche Hand schreiben an den Minister des Äußern o. Aehrenthal, an den Reichsfinanzminister Baron Burian und an die beiden Ministerpräsidenten verkündete Ausdehnung der Souveränität des Kaisers Franz Josef auf Bosnien und die Herzego wina und Einführung der habsburgischen Erbfolgeordnung in beiden Ländern nur die Zugehörigkeit derselben zu der übrigen österreichisch-ungarischen Monarchie. Zugleich macht der Schritt des österreichischen Kaisers dem vom staatsrechtlichen Standpunkte aus ganz haltlosen Zustande ein Ende, in welchem sich Bosnien und die Herzegowina seit ihrer Besetzung durch die Oesterreicher vor 30 Jahren seitdem befanden, sie sind eben jetzt in vollem Umfange österreichisch-ungarische Provinzen geworden. Niemand wird behaupten können, daß Oesterreich-Ungarn jetzt die okkupierten Provinzen ohne Berechtigung auch formell annektiert. Man weiß ja, was Oesterreich-Ungarn für sie im Laufe von 30 Jahren getan, zu welcher vielver sprechenden Blüte der Entwickelung das Regime des habs burgischen Doppelaars die unter dem ehemaligen türkischen Regime so verwahrlosten Länder gebracht, und welche großen Opfer an Geld und Menschenleben Oesterreich- Ungarns die Okkupation zu ihrem Beginne gekostet hat. Mit vollem Recht darf darum die Proklamation, die Kaiser Franz Josef gleichzeitig an da« bosnisch-herzegowinische Volk gerichtet hat, auf die Segnungen Hinweisen, welche die Herrschaft Oesterreich-Ungarn» für Bosnien und die Herzegowina auf den verschiedensten Gebieten zeitigte, und wenn die Proklamation am Schlüsse die Hoffnung aus- spricht, daß sich die Bosniaken und Herzegowzen des in sie gesetzten Vertrauens durch Anhänglichkeit und Treue an den Kaiser und sein Haus würdig erweisen würden, so darf man gewiß erwarten, daß sich diese Erwartung erfüllen wird. Uebcr die Stellungnahme der einzelnen Signatarmächte des Berliner Vertrages zu der Annexion Bosniens und der Herzegowina ist noch nichts bestimmtes bekannt; jedenfalls würde sich aber Oesterreich-Ungarn in seinen gefaßten Entschlüssen durch etwaige diplomatische Proteste nicht beeinflussen lassen; auch eine europäische Konferenz, wie sie russischerseits angeregt wird, könnte an den Dingen nichts mehr ändern. Was die Türkei anbe langt, so erhält sie für den definitiven Verzicht auf Bos nien und die Herzegowina ein wertvolles Aequioalent durch die Zurückziehung der österreichisch-ungarischen Truppen aus dem Sandschak Novibazar, mit welcher Kompensation die Pforte wohl zufrieden sein darf. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Unter Bezugnahme auf die vor einiger Zeit ergangene Aufforderung des hiesigen Stadt rats wollen wir nicht unterlassen, auch an dieser Stelle noch besonders darauf hinzuweisen, daß Einwohner, die das Bürgerrecht noch nicht erworben haben, die Voraus setzungen für die Erlangung aber erfüllen, sich ungesäumt im Rathaus, Zimmer Nr. 8, l. Obergeschoß, melden müssen, wenn sie an dm diesjährigen Stadtoerordneten-Ergänzungs- wahlen teilnehmen wollen. — Tausende junger Leute treffen in diesen Tagen zu ihren Regimentern ein, zu denen sie im Frühjahr ausge hoben wurden Mit recht gemischten Gefühlen nehmen sie Abschied vom Vater, der vielleicht einst selbst des Königs Rock getragen hat oder gar bei Wörth und Sedan im Felde stand, von der treusorgenden Mutter, die ihrem „Jungen" noch ein Paar heimlich beiseite gelegte Silber linge mit auf den Weg gibt, und von der Jugendgeliebten, die beklommenen Herzens an den Spruch denken mag: „Andere Städtchen, andere Mädchen!" Und „vom Mädchen reißt sich stolz der Knabe". Ein wonniges, nur leise vom beginnenden Heimweh abgetöntes Empfinden schwellt ihm die Brust. Schon summen ihm Soldatenlieder durch den Kops, er sieht sich bereits in der schmucken Uniform. Das läßt das Herz höher schlagen und gibt dem Auge einen freudigen Glanz. Ist auch der Abschied etwas schwe,, er weiß, die Gedanken derer, die ihm nahestehen in Verwand schaft und Freundschaft, werden auch während der Sol datenjahre bei ihm weilen, und draußen in der ihm heute noch unbekannten Welt wird er sicher auch gleichgesinnte Seelen, gute Freunde und getreue Kameraden finden. Er wird nicht nur körperlich, sondern auch geistig reifen. Und diese Gefühle, diese Gedanken helfen ihm über den letzten Trennungsschmerz hinweg. — Die ersten Wochen des Dienstes sind hart und haben, das wird jeder wissen, der das stolze Ehrenkleid des Soldaten getragen hat, mit dem oft zitierten „Zuckerlecken" wenig Aehnlichkeit. Gar bänglich wird's dem Neueingetroffenen da zumute und gern würde er seine sieben Sachen wieder packen und heimkehren zu Mutters wohlgefüllten Fleischtöpfen. Wer indes «in rechter Kerl ist, wird bald die Wehleidigkeit abschütteln, sich in das Unvermeidliche fügen und sich als Teil eines großen Ganzen fühlen. Ist dann die Dienstzeit zu Ende, winkt dem jungen Krieger der Reservistenstock, dann wird er sich, wie unzählige andere, sagen, daß trotz aller Schwierigkeit die Soldatenzeit doch die schönste Zeit des Lebens war. Ein vor kurzem heimgekehrter Reservist der I05er in Straßburg, die bekanntlich sehr schweren Dienst haben, antwortete auf die Frage, wie es ihm im Dienst gefallen habe: „Wenn's vorbei ist, war's schön!" — Der kleine Befähigungsnachweis ist am 1. Ott. in Kraft getreten. Die den praktischen Handwerker am meisten angehenden neuesten Bestimmungen ersieht man aus folgenden, einem Merkblatt entnommenen Anweisungen: Wer darf sich vom 1. Oktober ab Meister nennen? 1. Wer vor dem 1. Oktober 1877 geboren ist und am 1. Oktober 1901 selbstständig ein Handwerk ausübte und das Recht, Lehrlinge anzuleiten, besaß, der darf sich Meister nennen. 2. Wer nach dem 1. Oktober 1877 geboren ist, muß die Meisterprüfung gemacht haben, will er sich Meister nennen. Er kann es dann, auch wenn er nicht selbstständig ist. 3. Zur Meisterprüfung zugelassen wird „in der Regel" nur, wer eine Gesellenprüfung bestanden hat. In geeigneten Fällen sind Ausnahmen gestattet, namentlich für den, der bereits geraume Zeit hindurch als selbstständiger Handwerker oder Werkmeister tätig gewesen ist. Wer darf vom 1. Oktober 1908 ab Lehrlinge anleiten? Wer vor dem 1. Oktober 1879 geboren ist und am I. Oktober 1903 schon Lehrlinge anletten durfte, der erhält auf Antrag auch weiter das Recht dazu. 2. Wer in der Zeit vom 1. Ott. 1879 bis 1. Oktober 1884 geboren ist und am I. Ott. 1908 das Recht zur Anleitung von Lehrlingen besaß, kann es von der unteren Verwaltungsbehörde auch weiter verliehen bekommen. 3. Wer nach dem I. Oktober 1884 geboren ist, muß die Meisterprüfung gemacht haben, ehe er Lehrlinge anleiten darf. Wer durste bisher Lehrlinge anleiten? I. Wer vor dem ersten April 1884 geboren war, durste mit 24 Jahren Lehrlinge anleiten, wenn er entweder zwei Jahre gelernt hatte (Gesellenprüfung war nicht nötig) oder fünf Jahre hindurch persönlich das Hand- werk selbstständig ausgeübt hatte. 2. Wer nach dem 1. Oktober 1884 geboren ist, muß Meister sein. — Der Pompadour. Der Pompadour ist wieder Mode geworden, nachdem er jahrelang verbannt war. Man verspottete ihn und verlachte die Dame, die solch einen Pompadour mit sich führte. Jetzt ist er wieder zu Ehren gekommen. Man wollte vorher nichts wissen von ihm, da die damals modernen faltenreichen Kleider Ge legenheit zu vielen Taschen boten. Als dann ein anderer Geschmack aufkam, als man verlangte, daß die Kleider „sitzen" sollten, da brachte man die Taschen an allen mög lichen und unmöglichen Stellen des Kleides an. Die Folge war, daß keine Dame ihre Tasche fand, wenn sie nach ihrem Taschentuch oder nach ihrer Börse suchte. Das konnte nicht so weiter gehen, und man holte den viel be leidigten Pompadour wieder hervor. Ls ist nicht mehr der alte gute Pompadour von ehedem, der das Entzücken der Kinder bildete, die wußten, daß er in seinen Falten allerlei schöne Sachen zu verbergen pflegte. Nein, der Pompadour ist modern geworden. Er präsentiert sich in ganz neuer Ausstattung mit vielen Taschen und Täschchen. Mit Bändern und Schleifen ist er reich gestickt, und oft